Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
variieren
< lat. variareu. a. ›verändern‹, ›veränderlich sein‹, »unter Einfluß von« (W.L244 Wolfgang Pfeifer) franz. varier (zu lat. varius u. a. ›mannigfaltig‹);1.1 transitiv ›abwandelnein verbum flectiren vnnd variren(Anfang des 16. Jahrhunderts; L081 FWb), dann bald erweitert, v. a. im künstlerischen Bereich, S.L261 Simon Rot 1571: Varirn, Verandern/ anders machen/ mit farben abtheylen; Er legte ein anmuthiges Thema zu Grunde und variirte solches auf die mannigfaltigste Weise (Goethe; L151 Josef Kehrein); seit Mitte des 16. Jahrhunderts (1550 Schöpper; L081 FWb)
1.2 intransitiv ›sich ändern, unterschiedlich verhalten, wechseln, abweichend verfahrendoch variiret auch dieser weidmännische Terminus (1746; L081 FWb), aber es [alles Menschliche] variiert auf das vielfältigste(Hagelstange; L337 WdG).
Varietät (1548; L081 FWb) < lat. varietas u. a. ›Buntheit, Abwechslung‹; zunächst
1.1Mannigfaltigkeit, Vielfalt‹, [es gibt] eine varietät des styli (1726; ebenda), heute eher selten; seit spätem 18. Jahrhundert fachsprachlich
1.2 in der ⇓ "S038" Biologie ›Abart, Spielartdass die Hausthiere… mehr Varietäten… zeigen, als alle übrigen Thiergattungen(Humboldt; ebenda); seit dem 20. Jahrhundert fachsprachlich
1.3 in der ⇓ "S208" Linguistik: »die Gesamtheit der Varianten, die für eine Region, Gruppe oder Situation typisch sind« (L191 2LGL, 358), also Oberbegriff für Mundart, Soziolekt usw.; dafür auch älteres Sprachvarietät (1870 Curtius; L397 ZfG1991,560), hierfür in der sowjetischen Linguistik sprachliche Existenzform;
Variation < lat. variatio, Genitiv variationis ›Verschiedenheit, Veränderung‹; zunächst (1581 Fischart; L081 FWb)
1.1Abwandlung‹ im stilistischen, rhetorischen und grammatischen Bereich; dann erweitert zu
1.2Verwandlung, Veränderung‹ in der ⇓ "S141" Musik (1619; ebenda) und im späten 18. Jahrhundert
1.3 auf »unterschiedliche Bereiche« (ebenda) ausgedehnt, v. a. Variation eines Themas; dann im 19. Jahrhundert (1841; ebenda)
1.4"S130" mathematischer und
1.5 biologischer Fachausdruck;
variabel < franz. variable ›veränderlich, unbeständig‹ (nach lat. variabilis); zunächst
1.1wankelmütig, launenhaft‹ (von Menschen) (1616; L081 FWb), die variable Liebe (1642 Rist; ebenda); dann auch
1.2unbeständig, wechselhaft‹ (vom Wind) immer variable Winde (1645; ebenda); die heutige Bedeutung seit Mitte des 19. Jahrhunderts (W.L244 Wolfgang Pfeifer)
2veränderlich, wechselnd‹ auch ›schwankend, fluktuierendvariable Notierung (1933; L081 FWb), auch variable Kosten, davon die substantivische Ableitung
Variabilität (Oertel 1831), v. a. fachsprachlich Variabilität aller organischen Formen (1866 Haeckel; L081 FWb);
Variable (L111 Johann Christian August Heyse 1922) ›veränderlicher Wert, veränderliche Größe‹, speziell fachsprachlich in ⇓ "S130" Mathematik, Logik, Wissenschaftstheorie (Gegensatz Konstante);
Variante < franz. variante (nach lat. Partizip Präsens varians, Genitiv variantis zu lat. variare); ⇓ "S208" seit Mitte des 18. Jahrhunderts
1.1abweichende Lesart‹ (1772; L081 FWb) die Varianten der Handschriften des Plautus (1796; ebenda); verallgemeinert
1.2Abart, SpielartDiese Variante der Revolution (Gentz; L266 Daniel Sanders FWb); dann im 20. Jahrhundert fachsprachlich in
1.3 Biologie welche Erblinien und welche daraus erzielbaren Varianten (1954; L081 FWb) und
1.4 Linguistik, hier einerseits als fakultative phonetische Varianten eines einzigen Phonems (Trubetzkoy; L189 Theodor Lewandowski s. v. fakultative Variante), andererseits »sprachliche Eigenheiten, die für Sprecher bestimmter Regionen, für bestimmte Gruppen oder Gesprächssituationen typisch sind« (K.H.Bausch in L191 2LGL,358);
Varieté nach franz. Théâtre des Variétés Name eines Pariser Theaters (franz. variété ›Vielfalt‹), zunächst im Plural Variétés (1815; L081 FWb) und in der Zusammensetzung Variététheater, dann der rückgebildete Singular Varieté im späten 19. Jahrhundert (L081 FWb) ›Unterhaltungsbühne mit Programm im bunten Wechsel‹.
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