Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
umgehen
ahd. umbigan, umbigangan;1 feste Zusammensetzung
1.1um etwas herumgehen‹: eine Stadt, eine Feldflur umgehen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Reise in die Schweiz, 8.8.97); selten von etwas, das nicht eigentlich in Bewegung ist: umgeht das Wogengefilde den Rebenhügel (Schiller);
1.2einen Bogen machen und so auf die andere Seite von etwas gelangen‹: den Feind umgehen (um ihm in den Rücken zu fallen); eine Stadt, einen Berg umgehen, wobei die Vorstellung in den Vordergrund tritt, daß man es vermeidet, durch die Stadt, über den Berg einen bestimmten Weg zu gehen (Umgehungsstraße um 1930): weicht er aus, verspätet und umgeht (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie 1871); danach übertragen ein Gesetz, ein Verbot umgehen;
1.3 selten ›in einem Raum herumgehenich habe die Stadt ein wenig durchstrichen und umgangen ich bin die Stadt umfahren und umgangen (Goethe); sie hatten eine kleine Welt umgangen(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 20,84,25);
2 unfeste Zusammensetzung
2.1sich kreisförmig bewegen‹: ein Rad geht um, das Zimmer geht um (nach dem Eindruck, den ein Schwindliger hat), der Kopf geht mir um (Schiller); der Plumpsack geht um (bei einem Spiel);
2.2 (veraltet) ›einen Umweg machen‹: wir sind sehr viel, eine halbe Stunde umgegangen;
2.3 wie "umkehren" ›nach der der vorigen entgegengesetzten Richtung gehen‹: mit umgehender Post (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Briefe vom 17.10.97, 1.2.05); daher antworten Sie umgehendsofort‹;
2.4 selten auf die Zeit bezogen: acht Tage sind umgegangen;
2.5umhergehen‹, in der Reih' umgehend verkleibt ich die Ohren der Freunde (Voß); die Bewirtung geht um (reihum); ich will in der Stadt umgehen auf den Gassen (Luther); die nun zerstreut waren, gingen um und predigten das Wort (Luther); jetzt noch von Gespenstern, unpersönlich: in meinem Keller selbst geht's um(Luther); es geht was auf dem Gang! es geht doch sonst nichts um (Goethe);
2.6 abgeleitet aus (2.5) mit jmdm. umgehenmit jmdm. verkehren‹ (mhd. ); ↑ "Umgang"; freundlich mit jmdm. , ruppig mit etwas umgehenverfahren‹; er weiß mit Pferden umzugehen; mit etwas umgehensich mit etwas beschäftigen‹, Leute, die mit Vieh umgehen (Luther); wohl dem, der stets mit Gottes Wort umgehet(Luther); Ihr geht nicht mit der Wahrheit um (Hebel); sie gingen mit Weissagen und Zaubern um (Luther); der von Jugend auf mit dem Gewinn umgegangen war (Gellert); noch allgemein mit einem Plan, einer Absicht umgehen; sie versteht damit umzugehen; er geht damit um, sich zu verheiraten; geh ich damit um, das verkehrt vergrößerte Blatt in Steindruck nachbilden zu lassen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 29.4.21); jetzt modisch mit seinen Problemen, Ängsten (richtig, falsch) umgehen; veraltet auf etwas umgehen: es kam mir vor, als ginge man mit vereinten Kräften darauf um (Rabener); Herr von K. geht in allem Ernste darauf um, eine reiche Frau dort aufzujagen (Lessing). Selten mit umgekehrter Anschauung etwas geht mit einem um: ich will dir was ins Ohr sagen… was schon lang mit mir umgeht (A222 Friedrich Schiller, Räuber 1,2).
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Ansicht: umgehen