Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
übersehen
(ahd. )1 zu "über"(2.2) ›in seinem Gesichtskreis haben‹, von hier aus übersieht man die ganze Stadt; übertragen: er übersieht das ganze Gebiet seiner Wissenschaft, alle Folgen dieses Unternehmens. Daneben bezeichnete es ein Überlaufen mit den Augen und berührt sich dann mit "durchsehen", überblicken, einen Brief, einen Aufsatz noch einmal übersehen; der Fürst der Scharen übersah [›musterte‹] der Völker Zahl (Schiller), sie übersah mich mit so großen Augen (Thümmel). Dazu ↑ "Übersicht";
2 (veraltet) ›weiter als ein anderer sehen‹, ›jmdm. geistig überlegen sein‹, von einem Stolzen, der lächelnd dich zu übersehen glaubt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 2297); ein gewisser Stolz entsteht aus einer vernünftigen Empfindung seiner eigenen übersehenden Größe (Lessing);
3 ›über etwas hinwegsehen, es absichtlich oder unabsichtlich unbeachtet lassen‹ (Luther; L059 DWb). Frühneuhochdeutsch auch jmdm. etwas übersehen ›nicht anrechnen‹. Bei Luther auch mit bloßem Dativ ohne Objekt: ich will ihm nicht mehr übersehen ›seine Vergehen ungestraft hingehen lassen‹; substantivisch das Übersehen.
(ahd. )1 zu "über"(2.2) ›in seinem Gesichtskreis haben‹, von hier aus übersieht man die ganze Stadt; übertragen: er übersieht das ganze Gebiet seiner Wissenschaft, alle Folgen dieses Unternehmens. Daneben bezeichnete es ein Überlaufen mit den Augen und berührt sich dann mit "durchsehen", überblicken, einen Brief, einen Aufsatz noch einmal übersehen; der Fürst der Scharen übersah [›musterte‹] der Völker Zahl (Schiller), sie übersah mich mit so großen Augen (Thümmel). Dazu ↑ "Übersicht";
2 (veraltet) ›weiter als ein anderer sehen‹, ›jmdm. geistig überlegen sein‹, von einem Stolzen, der lächelnd dich zu übersehen glaubt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 2297); ein gewisser Stolz entsteht aus einer vernünftigen Empfindung seiner eigenen übersehenden Größe (Lessing);
3 ›über etwas hinwegsehen, es absichtlich oder unabsichtlich unbeachtet lassen‹ (Luther; L059 DWb). Frühneuhochdeutsch auch jmdm. etwas übersehen ›nicht anrechnen‹. Bei Luther auch mit bloßem Dativ ohne Objekt: ich will ihm nicht mehr übersehen ›seine Vergehen ungestraft hingehen lassen‹; substantivisch das Übersehen.