Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
überschlagen
(ahd. uberslahen)1 feste Zusammensetzung
1.1 zu "über"(2.2) im Partizip Prät. : mit Schimmel überschlagen. Daraus hat sich intransitive Verwendung entwickelt: etwas überschlägt mit Schimmel; vgl. ↑ "beschlagen";
1.2 hieran zunächst anzuschließen ist wohl das Wasser ist überschlagenetwas erwärmt‹;
1.3 sich überschlagen entweder absichtlich beim Turnen usw. oder unabsichtlich: das Pferd, das Auto überschlug sich; übertragen wohl erst seit dem 19. Jahrhundert, er überschlug sich fast vor zorn(Droste-Hülshoff; L059 DWb), heute in der festen Verbindung sich vor Liebenswürdigkeit, Höflichkeit überschlagen;
1.4 ein Blatt in einem Buch, dann auch ein Kapitel, eine Stelle überschlagen (absichtlich oder unabsichtlich); übertragen die Überschlagung des Posttages (das Nichtschreiben an dem Tag) (Lessing). Früher auch vereinzelt als trennbar behandelt: Schlagen Sie ein paar Blätter über (Hermes); was Anton Reiser in den Romanen übergeschlagen hatte (Moritz);
1.5 etwas überschlagenungefähr berechnen‹ (13. Jahrhundert, zuerst oberdeutsch; L059 DWb), vielleicht nach dem Umwenden und Betrachten von mehreren Seiten, dazu Überschlag(2), ↑ 2"überlegen"(1.2);
2 unfeste Zusammensetzung
2.1 zu transitiv "schlagen": ein Tuch überschlagen, übergeschlagene Beine;
2.2 zu intransitiv "schlagen"; entweder Neigung nach einer Seite bezeichnend (wie in überkippen): das Kind ist nach hinten übergeschlagen; ob die Zunge der Waage um einen mathematischen Punkt überschlagen wird (Schiller); oder Überspringen von einem Punkt zum anderen: Funken schlagen über; bey mutirenden knaben, denen… die stimme… überschlägt (1739; L059 DWb); übertragen: das schlägt in mein Fach über; sein Lachen schlug in ein Husten über; das schlägt vom Erhabenen ins Lächerliche über.
Überschlag (mhd. )
1 zu überschlagen(2.1) ›überschlagener Teil eines Kleidungsstücks‹: vorn im Überschlag an ihrem Ärmel (Freytag); ›selbständiges übergeschlagenes Kleidungsstück‹, ›Kragen, der die Schultern bedeckt‹: Zuschnitt eines Predigerüberschlags(Fichte); wer eine Perücke und einen Mantel trägt, heißt ein Reicher; Mütze und Überschlag sind das Zeichen eines Armen (Schiller); ›was über einen kranken Körperteil gelegt wird‹, dafür jetzt "Umschlag": mit warmen Überschlägen meinem Übel abhelfen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götz 3,7);
2 zu überschlagen(1.5) ›ungefähre Berechnung, Abschätzung‹ (1475; L059 DWb): Soll ich wohl einen kleinen Überschlag machen? (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Sampson 2,3).
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