Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
trüb(e)
ahd. truobi, mhd. trüebe, westgermanisch, verwandt mit ↑ "Treber";1 Gegensatz zu ⇑ "lauter", "klar", "heiter"; zunächst wahrscheinlich von aufgerührten Flüssigkeiten gebraucht: newen trüeben wein (1529; L059 DWb), trübes Bier (L308 Kaspar Stieler), sprichwörtlich im trüben fischen (1550 und noch bis J. L.L078 Johann Leonhard Frisch im trüben Wasser fischen) ›Vorteil aus unklarer Lage ziehen‹ (L019 Wilhelm Borchardt 148); indem dann die Vorstellung
2nicht oder mangelhaft durchsichtig‹ in den Vordergrund getreten ist, bereits althochdeutsch verallgemeinert und seither in zahlreichen Nuancen, vom Wetter
2.1neblig, regnerischTrub watter Gar finster vnnd dunckel (L200 Josua Maaler), der Himmel ward trüb (L169 Matthias Kramer), übertragen Der Liebende wird nicht irre gehn, / Wär's um ihn her auch noch so trüb (Goethe; Ch.L042 Christa Dill);
2.2 Gegensatz ⇑ "klar", "hell": trübe Augen (ebenda), häufig von Alten und Sterbenden: sein trübes auge bricht (Haller; L059 DWb), dagegen ›getrübt‹: schwankende Gestalten, / Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1f.); ›beschlagenein Spiegel ist trübe, bereits mittelhochdeutsch auf Glas bezogen (Wolfram von Eschenbach; L059 DWb), steck' ich in dem Kerker noch? / … / Wo… das… Himmelslicht / Trüb durch gemahlte Scheiben bricht! (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,401); auf Lichtquellen bezogen ›schwach‹: Solang' an diesem Pult die trübe Lampe schmauchte (ebenda 679); speziell von Farben
2.3matt‹: ein dunkles roth, ein trübes gelb (B. v.Armin; L059 DWb); bereits althochdeutsch
2.4"S075" auf Seelenzustände übertragen: ich schau mit trüben sinnen(1649; L059 DWb), zusammengewachsen Trübsinn; auf deren Ausdruck: trübe Miene, trüber Blick; danach mit ungenauer Verknüpfung trube Zeiten (L305 Christoph Ernst Steinbach), trübe Erfahrungen, Nachrichten, Stunden, trübes Dasein, im Sinne von ›unbedeutend‹: ein trüber Gast / Auf der dunklen Erde (Goethe; Ch.L042 Christa Dill).
Trub Mask. , frühnhd. trubwein; fachsprachlich ›Bodensatz bei der Wein- und Biergärung‹;
trüben ahd. truoben, mhd. trüeben, truoben;
1in unruhige Bewegung setzen und daher unklar machen‹: Du… trübest das Wasser mit deinen füssen (A180 Martin Luther, Hesekiel 32,2), Das Wasser trüben (L308 Kaspar Stieler), sprichwörtlich er/ sie kann kein Wässerchen trüben (frühnhd.) von harmlosen, gutherzigen Menschen, häufig vorwurfsvoll im Sinn einer vorgetäuschten Eigenschaft;
2 übertragen, bis ins 18. Jahrhundert
2.1 auf die traurige Gemütslage bezogen die Stimmung trüben, ↑ "betrüben";
2.2stören‹, zunächst auch mit persönlichem Subjekt die saurtöpffe… trüben… den lustigen schmausz (1682; L059 DWb), dann nur noch abstrakt ›beeinträchtigen‹: so trübte bald den jugendlichen Sinn der teuern Eltern unverdiente Not (Goethe), seine gefühle… , die weder furcht noch hoffnung auf lohn trübten (Klinger; L059 DWb), vor allem auf geistige Erkenntnis bezogen wo das verhängnisz mir nicht geist und auge trübet (Hofmannswaldau; L059 DWb), fest geworden sein blick… durch keine rücksicht getrübt (L. v.Ranke; L059 DWb), ihr Urteil ist getrübt; reflexiv unser verhältnis hat sich getrübt (L059 DWb);
Trübe ahd. truobi, mhd. trüebe; der Bedeutungsentwicklung von trüb(e) (s. oben) entsprechend, seit dem Frühneuhochdeutschen zunehmend durch Trübung (s. unten) ersetzt; fachsprachlich bzw. literarisch erhalten;
Trübnis (mhd. ) ›Betrübnismein Leben hat abgenommen vor Trübnis (neuere Ausgaben Betrübnis) (Luther), so würde alle Trübnis mit einem Male in mir zu Ende sein (F.Lewald); ›Schwierigkeit‹: mitten in diesen Trübnissen sollte mir gerade das Erwünschteste begegnen(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Campagne in Frankreich 9.10.92);
Trübsal ahd. truobisal, mhd. trüebesal, ⇓ "S077" jetzt Fem. , früher auch Neutr. (noch bei Goethe); an ↑ "betrüben" angeschlossen; umgangssprachlich
Trübsal blasensich der Betrübnis hingeben‹ (nach der Trauer-Blasmusik? L019 Wilhelm Borchardt 493): So verlernt mir doch Trübsal-Blasen und alle Pöbel-Traurigkeit! (A200 Friedrich Nietzsche, Zarathustra 367);
trübselig (Luther) (↑ "-sal"); auch auf den Gegenstand bezogen, der die niedergedrückte Stimmung hervorruft: seine wollenen Unterhosen, unter denen sich seine mageren Knie trübselig abzeichneten (Th.A183 Thomas Mann, Buddenbrooks, 1,664);  
Trübung (1510; L059 DWb); trüb(e) (s. oben) folgend.
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