Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
trocken
ahd. truckan, truchan, mhd. trucken (bis 18. Jahrhundert), trocken, niederdt. dröge, entsprechend frühnhd. treuge(engl. dry), westgermanisch (ost- und nordgermanisch dafür ↑ "dürr"), ohne sichere außergermanische Verwandtschaft (F.G.Jung, Das Wort ›trocken‹,1938);1"S012" Gegensatz zu ⇑ "naß", "feucht": Auff Trocknem land (L200 Josua Maaler), substantivisch das Trockene (biblisch) ›das trockene Land‹, daher
⊚⊚ aufs Trockene bringen; übertragen im Trockenengeborgen, ohne Sorgen sein‹: Freiheit! Freiheit! Du bist im Trocknen, Roller (A222 Friedrich Schiller, Räuber 2,3), er hat sein Schäfchen ins Trockene gebracht (16. Jahrhundert); auch wenn ich nur erst wieder auf dem Trocknen, das ist aus meinen Schulden sein werde (Lessing); andererseits auf dem Trockenen sitzenfestsitzen, keine Mittel mehr haben‹, wobei das Gleichnis der Schiffahrt entlehnt ist; im Sinne von ›ausgetrocknetdie Brunnen sind trocken (L305 Christoph Ernst Steinbach), ein trockener Graben (L003 Johann Christoph Adelung 1780), Holz… recht trocken (A222 Friedrich Schiller, Glocke), die schrift ist noch nicht trocken(1634; L059 DWb); von Lebensmitteln trocken Brot (1693; L059 DWb) ›ohne Belag‹, trockenes Fleisch »in Gegensatz von saftigem Fleische« (L033 Joachim Heinrich Campe), im Sinn einer Geschmacksrichtung von Wein und Sekt (17. Jahrhundert; L059 DWb); vom Trinken, zur Bezeichnung von Ungeselligkeit da man uns so trucken sitzen lasset (Moscherosch; L059 DWb), ein Pulver trucken einnehmen (L169 Matthias Kramer) ›ohne Flüssigkeit‹; auf die Witterung bezogen ›ohne Niederschlag‹: Ein… Trocken und dürr jar (L200 Josua Maaler), trockene Kälte, im Sinne von ›schöntrucken Wetter (L169 Matthias Kramer); in bezug auf bestimmte Körperteile trocknen Fußes (mhd. ; L059 DWb) als biblisches Motiv; ein truckenes Maul für Durst (L169 Matthias Kramer); Bezeichnung jugendlicher Unreife
Er ist noch nicht hinder den Oren trucken (L308 Kaspar Stieler), der Gemütsregung
kein Auge blieb trocken »alle mußten weinen« (L033 Joachim Heinrich Campe); medizinisch Truckener Husten (L308 Kaspar Stieler); auf Haut und Haar bezogen ›spröde‹, Gegensatz fettig; speziell chemisch auf trockenem Wege behandeln »ohne sich dabei einer Flüssigkeit.. zu bedienen« (L033 Joachim Heinrich Campe); "knochentrocken" (↑ "Knochen");
2"S216" übertragen, auf den akustischen Eindruck
2.1harttruckenes Lachen (L169 Matthias Kramer); das signal, kurz, abgehackt, trocken(1929; L059 DWb);
2.2 nach der mittelalterlichen Temperamentenlehre von bestimmten Ausdrucksweisen ›lapidar‹: trockenlich reden, das ist wenig und kaum oder ungern (L080 Joannes Frisius; L059 DWb), einem etwas trocken sagen (L169 Matthias Kramer), so auch auf einen ernsten, tiefgründigen Humor bezogen eine gewisse trockene art zu scherzen (Gottsched; L059 DWb); ›unverblümt‹: Jemanden trocken die Wahrheit sagen (L033 Joachim Heinrich Campe); als »ein Fehler des gesellschaftlichen Umganges« (L003 Johann Christoph Adelung 1780) ›langweilig‹: Der trockne Schleicher (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,521), auf Schriften bezogen trockne und langweilige Erklärungen einer Glaubenslehre (Gellert; L003 Johann Christoph Adelung 1780).
Trockenwohner (⇓ "S034" Berlin um 1860) veraltet ›keine Miete zahlende Bewohner noch feuchter Neubauten‹ (L181 Otto Ladendorf 315);
Trockenheit 1414 (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) für ahd. truchini, mhd. trückene, truckene, nhd. Trock(e)ne (so noch bei Goethe); zu trocken(1) im Sinn einer Zustandsbezeichnung; übertragen zu trocken(2) die Trockenheit eines Menschen, einer Erzählung, eines Scherzes (L033 Joachim Heinrich Campe);
trocknen < intransitiv ahd. irtruckanen, mhd. truck(en)en, transitiv ahd. truckanen, mhd. trück(en)en; intransitiv und rings um die hütte / trockneten reusen und netze (Voß; L059 DWb), es trucknet nichts geschwinders als die Thränen (L169 Matthias Kramer); transitiv vnd fieng an seine Füsse… mit den haren jres Heubts zu trucken (A180 Martin Luther, Lukas 7,38), Krauter, Taback,… die Wasche, nasse Kleider trucknen (L169 Matthias Kramer), sich mit dem Taschentuch den Schweiß trocknen, dazu abtrocknen, antrocknen, austrocknen, eintrocknen, vertrocknen.
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