Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
triefen
ahd. triofan, mhd. triefen, altgermanisch (altnord. driupa), verwandt ⇑ "Traufe", "Tropfen", "Tripper"; urverwandt altirisch drucht ›Tau(tropfen)‹; ursprünglich stark, Präteritum troff, Partizip getroffen, noch bei L004 Johann Christoph Adelung, jetzt schwach triefte, getrieft (17. Jahrhundert) üblicher. Als Subjekt steht (seit dem Althochdeutschen) entweder die herabfallende Flüssigkeit: Wasser trieft vom Dach, Tränen triefen aus den Augen, Blut trieft aus der Wunde, übertragen daß mein Grimm nicht triefe auf Jerusalem (Luther); oder der Gegenstand, von dem eine Flüssigkeit herabfällt: ein Dach, ein Kleidungsstück trieft, im herbst… drüff ihn die nasen(Paracelsus; L059 DWb), die flieszenden oder trieffenden augen (1548; L059 DWb), der Himmel troff (Luther); die herabfallende Flüssigkeit frühneuhochdeutsch durch mitangeknüpft; übertragen bei A180 Martin Luther im Hohelied als Symbol für Sinnlichkeit: Seine Lippen sind wie Rosen die mit fliessenden Myrrhen trieffen (Hohelied 5,13); jetzt mit von, wie auch schon bei Luther: die Blumen triefen vom Tau, die Wurst trieft von Fett; übertragen zumeist abwertend zur Bezeichnung von Übermaß (seit dem 18. Jahrhundert): er trieft recht von deutschen sprichwörtern (Klopstock; L059 DWb); ungewöhnlich transitiv (Anfang des 16. Jahrhunderts): Honig triefen deine Lippen (Herder); das Partizip Präsens in Zusammensetzungen: bluttriefend, schweißtriefend.Triefauge (L200 Josua Maaler 1561); auf den Menschen bezogen übertragen im Sinn eines ⇓ "S191" Schimpfworts;
triefäugig (1563; L059 DWb), häufig im Sinn einer Schelte: der triefäugige Schuft (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug 1,1811).
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