Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Trieb
erst neuhochdeutsch recht üblich geworden (anstelle des älteren ⇓ "S153" nomen actionis ↑ "Trift"), mittelhochdeutsch selten trip(tribes). Es entspricht verschiedenen Verwendungen des zugrunde liegenden Verbs ↑ "treiben";1 zunächst, jetzt in der Schriftsprache nicht mehr, in bezug auf das Treiben von Vieh; danach übertragen ›Herde‹, auch auf Menschen bezogen; ⇓ "S100" jägersprachlich
2Treiben bei einer Jagd‹;
3 am gewöhnlichsten im Anschluß an ↑ "treiben"(1.1)
3.1 im Sinn eines naturgegebenen Dranges zur Handlung ›Instinkt‹: da die thiere dem triebe ihrer natürlichen neigungen folgen (Wolff; L059 DWb), ↑ "Herdentrieb"; auch auf Menschen bezogen, sinnliche, edle Triebe, der mensch als sinnliches wesen… wird durch triebe geleitet (Schiller; L059 DWb), besonders im Zusammenhang mit Liebe, vor allem in der Lyrik als dessen obligates Reimwort: kein Stein fühlt Durst und zarte Triebe, / Er wächset ohne Trunk und Liebe (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Die Ente), dagegen im Sinn geschlechtlicher Anziehung: Er… geriet durch die Macht roher Triebe in die Gewalt seiner zweiten Frau (G.A111 Gerhart Hauptmann, Thiel; 1,226); als ⇓ "S180" psychoanalytischer Begriff, systematisch beschrieben: erscheint uns der ›Trieb‹… als psychischer Repräsentant der aus dem Körperinnern stammenden, in die Seele gelangenden Reize (S.A063 Sigmund Freud III,85); dazu Fortpflanzungstrieb, "Geschlechtstrieb", Selbsterhaltungstrieb; daneben
3.2 nur im Singular ›Verlangen, innere Kraft‹: ein verborgener trieb entzündet mich (1689; L059 DWb), fest in der Fügung Der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb (A222 Friedrich Schiller, Braut 1,1); dazu Bildungstrieb, Geselligkeitstrieb, Spieltrieb;
4 mit Bezug auf das Wachstum einer Pflanze seit späterem 18. Jahrhundert ›Sproß‹: rothe knöpfchen an den jungen trieben (1788; L059 DWb), der Trieb des Keimes schwillt (Schiller); seit dem Frühneuhochdeutschen
5 mechanisch ›Spannung‹, auch ›treibende Maschinenteile‹, üblicher in Zusammensetzungen: Triebkraft, Triebwerk, Triebrad (auch übertragen Triebrad in der Staatsmaschine), Triebfeder. Dazu ⇑ "Antrieb", "Betrieb", "Umtrieb", "Vertrieb".
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