Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
treffen
ahd. treffan, altgermanisch (altnord. drepa, mittelniederdt. drepen);1 es bezeichnet zunächst eine absichtliche oder zufällige Berührung als Resultat eines Stoßes, Schlages, Wurfes oder Schusses, als Subjekt steht ursprünglich ein lebendes Wesen, von dem der Stoß, Schlag usw. ausgeführt wird, als Objekt der berührte Gegenstand. Als Ergänzung zum Objekt kann eine Ortsbestimmung hinzutreten: jmdn. an das Bein, in das Herz treffen;
den Nagel auf den Kopf treffen (↑ "Nagel"). Als Ergänzung zum Subjekt kann ein Werkzeug bzw. Körperteil angegeben werden: er traf ihn mit der Hand, Stange, Kugel usw. Es kann dann aber weiterhin, was hier als Werkzeug steht, zum Subjekt gemacht werden: der Pfeil, die Kugel traf ihn, auch der Stoß, der Schlag traf ihn. So auch, wenn kein lebendes Wesen dabei tätig ist: der Blitz, der Donner, der Sonnenstrahl traf ihn und unsinnlicher der Schlag ("Herzschlag"[2], Hirnschlag) hat ihn getroffen, sein Blick traf mich, seines Vaters Fluch wird ihn treffen.Ohne Objekt: er, die Kugel hat getroffen; dann ist immer die Voraussetzung, daß der getroffene Gegenstand das Ziel gewesen ist; auch mit Dativ-Konstruktion: traf hinten rechts ihm ins Gesäß (G.A.Bürger). Ferner erscheint ohne Akkusativ oder Dativ der Treffpunkt durch Präpositionen angeknüpft, erhalten in
ins Schwarze treffen (↑ "schwarz"), der kann auch treffen in das Herz des Feinds (Schiller), übertragen der Verfasser, welcher in manche Blößen unserer Systematiker glücklich trifft (Lessing);
2 mit persönlichem Subjekt abgeblaßt ›mit jmdm. absichtlich oder zufällig zusammenkommen, jmdm. begegnen‹: ich traf ihn, wir trafen uns auf der Straße, bei Müllers, auf jmdn. treffen, so heute im Sport auf den Wettkampf zweier Mannschaften/ Sportler bezogen; mit sächlichem Objekt: wir trafen ein Haus, eine Quelle; mit nichtpersönlichem Subjekt ›erreichender Brief, die Nachricht traf ihn in Rom. Dabei kann die nähere Bestimmung zum logischen Prädikat werden: ich traf ihn nicht zu Hause, er war ausgegangen, auch ich traf sie beisammen, damit beschäftigt, im Begriff aufzubrechen, in schlechter Laune, bei guter Gesundheit;
3 treffen bezeichnet das Erreichen des Zieles eines Strebens, einer Bemühung: den rechten Weg/ Ton treffen, jmds. Geschmack treffen, sprichwörtlich mit Harren und Hoffen hat's mancher getroffen, der Maler hat ihn gut getroffen, ihr hättet mein Rätsel nicht getroffen (Luther), er hat mit seiner Vermutung das Richtige getroffen, auch die Vermutung trifft das Richtige. Hieran schließt sich attributiver Gebrauch des Partizip Präsens treffend: eine treffende Bemerkung, Antwort, Bezeichnung, ein treffendes Urteil, Sinnbild; adverbial: wie man es treffend genannt hatusw.; dazu "übertreffen", "zutreffen";
4 nach dem Vorbild von die Kugel traf ihn u.dgl. (s. [1]) mit nichtpersönlichem Subjekt übertragen ›zufällig auf etwas stoßendas Los, die Reihe trifft ihn, danach wen traf der Rang, sie heute zu bedienen? (Schiller), sein Dritteil an der Beute, die ihn von Rechts wegen trifft (Schiller); wenn jmdm. etwas Unerfreuliches widerfährt, ein Unglück, eine Schande, eine Schuld trifft ihn; im Partizip Perfekt ›bestürzt sein‹: er war bis ins tiefste getroffen (Fontane; L059 DWb); auch ›kränken, verletzen‹, bzw. ›angehen‹: diese Bemerkung, dieser Vorwurf trifft mich nicht, ich fühle mich nicht dadurch getroffen;
5 von (3) aus (wohl zunächst kanzleisprachlich) abgeblaßt im Funktionsverbgefüge ›einen Vorgang einrichtenAnstalten, Einrichtungen, Maßregeln, Vorkehrungen, Bestimmungen, Vorsorge treffen; um den Abschluß eines Vorgangs zu bezeichnen eine Wahl, ein Abkommen, eine Übereinkunft, eine Entscheidung, einen Vergleich treffen; bei L004 Johann Christoph Adelung auch die heute nicht mehr üblichen Verbindungen eine Heirat, eine Partie, ein Bündnis, einen Waffenstillstand, einen Frieden treffen, als er mit ihm den Handel traf(Lessing);
6 zunächst an die unter (2) aufgeführten Fälle mit prädikativer Bestimmung sind Verbindungen mit einem auf die Situation bezüglichen es anzuschließen wie es gut/ schlecht/ glücklich treffen. Danach haben sich dann reflexive Verbindungen entwickelt wie es trifft sich gut/ glücklich, daß ich noch nicht abgereist bin, als Ausdruck höchster Zufriedenheit ich konnte es nicht besser treffen;
7 verschieden von den unter (1) aufgeführten Fällen, in denen treffen ohne Objekt steht, ist eine intransitive Verwendung, bei der das Perfekt mit sein gebildet wird (analog bei ↑ "stoßen"[4]) und bei der die Bedeutung sich zunächst an (2) anschließt: beim Nachhausegehn traf ich auf eine Gesellschaft Betrunkener, er (das) traf auf Widerstand, auf Schwierigkeiten, sein Hochzeitstag traf auf einen Freitag; so vor allem ↑ "eintreffen": die Post ist noch nicht eingetroffen.Seltener "übereintreffen": wenn man in den Hauptsachen miteinander übereintrifft (Goethe); auch zusammentreffen;
8 veraltet im Kriegswesen (15. Jahrhundert), im 16./ 17. Jahrhundert häufig (L360 ZDW8,313) mit jmdm. treffen von feindlichem Zusammenstoß, daneben auch alsbald die Sonne aufging, trafen sie aneinander, ohne nähere Bestimmung in Verbindungen wie zum Treffen kommen, ans Treffen gehen. So entwickelte sich im 15. Jahrhundert das noch jetzt gebräuchliche ⇓ "S093" Substantiv
Treffen
1 gewöhnlich auf eine kleinere Schlacht bezogen, bei der nicht ganze Heere, sondern nur kleinere Einheiten beteiligt sind (als Mittelstufe zwischen ↑ "Schlacht" und ↑ "Gefecht"); ferner, wenn mehrere Heeresmassen hintereinander aufgestellt wurden, um nacheinander zur agieren, dazu Vordertreffen, Mitteltreffen, "Hintertreffen"; seit früherem 20. Jahrhundert ›Wettkampf‹ im Sport; dazu
⊚⊚ ins Treffen führen, auch übertragen, z. B. Gründe, Beweise ins Treffen führen; wenn es zum Treffen kommtzur Entscheidung‹;
2 seit früherem 20. Jahrhundert zu treffen(2) ›Zusammenkunft‹, heute auch Treff (Mitte des 20. Jahrhunderts; W.L244 Wolfgang Pfeifer), auch auf den Ort bezogen;
Treffer
1Schuß, der trifft‹ (1575; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), Gegensatz "Fehler" (↑ "fehlen");
2Los, das gewinnt‹ (um 1750); übertragen einen guten Treffer habenGlück haben‹;
trefflich spätmhd. treffe(n)lich, anfangs auch ›wichtig, bedeutend‹ (↑ 2"triftig"); seit dem Frühneuhochdeutschen Entwicklung des Wertbegriffs im heutigen Sinn ›ausgezeichnet, hervorragend‹: verschaffen unserer sprache einen trefflichen reichthum (Gottsched; L059 DWb), häufig zur Kennzeichnung des guten Charakters, eines bestimmten Könnens u.ä.: Ein Treflicher / Ist dein geworden, Tochter! (A131 Friedrich Hölderlin, Emilie vor ihrem Brauttag), ein trefflicher… Meister, Künstler (L169 Matthias Kramer).
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