Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Toleranz
(1541 Luther) < lat. tolerantia (franz. tolérance); ⇓ "S175"1Duldung‹, zunächst im religiösen Bereich auf verschiedene Konfessionen bezogen; im 19. Jahrhundert mit der Ausbildung des pluralistischen Parteiwesens auch politisch (L086 GG,583f.); seit früherem 18. Jahrhundert allgemeiner
2(Bereitschaft zur) Rücksichtnahme auf Andersdenkende, Akzeptieren anderer Meinungen‹: Toleranz in soliden Wissenschaften und Künsten (1780 Schubart; L081 FWb), Gegensatz Intoleranz: Intoleranz… kann… nur durch intolerantes Handeln und Wirken gesteuert werden (A075 Johann Wolfgang von Goethe, 40,201); in der philosophischen Reflexion verallgemeinert und zu einem allgemeinmenschlichen Prinzip erweitert: Toleranz… ist das Ertragen des anderen in der Absicht, ihn besser zu verstehen,A.Mitscherlich, Toleranz – Überprüfung eines Begriffs, 21976,9; seit früherem 19. Jahrhundert auch speziell
3 zunächst im Münzwesen ›erlaubte Abweichung des Metallgehalts‹, ⇓ "S220" technisch seit Anfang des 20. Jahrhunderts ›zulässige Abweichung von einem bestimmten Sollwert‹, in der Medizin auf die Widerstandsfähigkeit des menschlichen Organismus bezogen (frühes 20. Jahrhundert).
tolerant (1761; L081 FWb) < lat. tolerans (Partizip Präsens von tolerare): Ich bin am tolerantesten gegen mich, ich bin gnädig gegen mich, ich bin einig mit mir (A171 Else Lasker-Schüler, Herz 415);
tolerieren (S.L261 Simon Rot 1571) < lat. tolerare; der Bedeutungsentwicklung von Toleranz (s. oben) entsprechend; Lavater meynt… man müsste, wenn man tolerirt, den Tolerirten auch lieben (1787; L081 FWb);
Tolerierung (1830; L081 FWb); ⇓ "S149" neu
tolerierbar (1970; L081 FWb). Zur Begriffsgeschichte L086 GG 6.
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