Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Tod
ahd. tod, mhd. tot (todes), gemeingermanisch (got. dauþus, engl. death), urverwandt lat. funus ›Beerdigung‹, mit dem Adjektiv "tot" aus dem gleichen verlorenen Verb mhd. touwensterben‹ abgeleitet; ›Aufhören des Lebens‹, als Vorgang und Zustand, häufig personifiziert; Gegensatz ↑ "Leben", tröstend diesem gleichgesetzt: Der Tod ist eine Verwandelung in das Leben (L308 Kaspar Stieler), ohne Artikel mit zu zum Ausdruck des Übergangs (ahd. ) peinlich langsam ihn zu Tode foltern (Schlegel/ A239 William Shakespeare, Heinrich VI., II,3,2), prägnant in der frühneuhochdeutschen Rechtsformel vom Leben zum Tode strafen/ richten(vgl. L059 DWb); zum Ausdruck höchster Bedrängnis es geht auf tod und leben (1760; L059 DWb), philosophisch rückinterpretiert: Frei zum Tode und frei im Tode… also versteht er sich auf Tod und Leben (A200 Friedrich Nietzsche, Zarathustra 95); als Bedrohung, nach dem biblischen Bild (1.Korinther 15,55) wo ist dein Stachel, Todt? (A131 Friedrich Hölderlin, Die Unsterblichkeit der Seele), als angemessener Preis Ein Augenblick gelebt im Paradiese / Wird nicht zu teuer mit dem Tod gebüßt (A222 Friedrich Schiller, Karlos 2,5); auf den Krieg bezogen nach Horaz (L027 Büchmann 279) Der Tod fürs Vaterland(Hölderlin), distanzierend man stirbt den Tod, der zu der Krankheit gehört, die man gerade hat (A215 Rainer Maria Rilke, Aufzeichnungen 714); als handelndes Subjekt Nun also der Tod. Er braucht ein Jahr und dann ist er fertig (Ch.A288 Christa Wolf, Nachdenken über Christa T., 223), personifiziert (s. oben) vom KZ-Tod: der Tod ist ein Meister aus Deutschland (A035 Paul Celan, Todesfuge); formelhaft mit näheren Bestimmungen bzw. festeren Verbverbindungen: schneller Tod (L308 Kaspar Stieler), einen schweren Tod haben (L033 Joachim Heinrich Campe), der schwarze Tod (↑ "schwarz"), ein nasser tod / in jeder welle(Wieland; L059 DWb), er starb einen schönen tod(Schiller; L059 DWb), sich den Tod holen (L320 Trübner) ›schwer krank werden‹; im Sinne von ›sterben‹ auf eine tödliche Krankheit bezogen auf den Tod ligen (L169 Matthias Kramer), do rang er mit dem tode (Nibelungenlied; L059 DWb), in den flammen ihren tod gefunden (Schiller; L059 DWb), literarisch des todes schwelle (Mühlpfordt; L059 DWb); im Sinne von ›umbringenjmdm. den tod geben (Wieland; L059 DWb), ›sich opfernfür jmdn. in den Tod gehen (A222 Friedrich Schiller, Karlos 5,9); in der Genitivkonstruktion Er ist eines naturlichen, sanften Todes gestorben (L308 Kaspar Stieler), bibelsprachlich verfestigt: Wer… vater vnd mutter fluchet / Der sol des Tods sterben (A180 Martin Luther, Matthäus 15,4), des Todes sein (2.Mose 12,33) ›sterben müssen‹, redensartlich verflacht zum Ausdruck von Empörung so musse ich des Todes seyn… wann… (L169 Matthias Kramer); literarisch im Plural solche schöne tode (Luther; L059 DWb), Zehntausend Tode laßt ihr,… / Aus Feuerschlunden auf die Bruder fliegen (E. v.Kleist; L033 Joachim Heinrich Campe), redensartlich verfestigt im Gelöbnis (vgl. A222 Friedrich Schiller, Turandot 2,4) lieber tausend Tode sterben; übertragen, formelhaft ›immer‹: Sey getrew bis an den Tod (A180 Martin Luther, Offenbarung 2,10), verteidige die Warheit bis in tod (A180 Martin Luther, Sirach 4,33); im Sinne von ›Ende‹: Alternd im Kinde sich nicht wiederzusehn, ist der Tod(A131 Friedrich Hölderlin, Der Wanderer), politischer Tod (Schiller; L059 DWb), das zaudern ist der thaten tod (Stolberg; L059 DWb); hyperbolisierend Einen bis in den Tod beleidigen, auf den Tod erschrecken (L308 Kaspar Stieler), im Sinne von ›viel, sehrich würde mich zu tod schammen [›schämen‹] (Geiler von Kaisersberg; L059 DWb), sich zu Tode trinken, lachen, arbeiten, grämen (L003 Johann Christoph Adelung 1780); zur Bezeichnung schnell wechselnder Stimmungen Himmelhoch jauchzend / Zum Tode betrübt(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Egmont 3). Daraus abgeleitettödlich ahd. todlih, mhd. totlich, tœtlich; bis ins 16. Jahrhundert auch allgemeiner ›sterblich‹; daneben wie heute nur noch »das den Tod bringt« (L200 Josua Maaler), tödlicher gifft (A180 Martin Luther, Jacobus 3,8), Todtliche kranckheiten (L200 Josua Maaler), adverbial todtlich kranck seyn (L169 Matthias Kramer); abgeblaßt ⇓ "S229"sehr, groß‹: Todlicher hassz (L200 Josua Maaler), ich bin aufs tödlichste gekränkt (A222 Friedrich Schiller, Karlos 3,4), tödlicher Schrecken (L003 Johann Christoph Adelung 1780);
Todesstrafe mit todes-straff zu harter busz (H.Sachs; L059 DWb), früher auch Todstrafe (1572; ebenda).
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