Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Teil
"S077" Mask. / Neutr. (ahd. ), altgermanisch (got. dailsFem. , engl. deal), urverwandt altslaw. delu; zunächst1 Gegensatz zu einem Ganzen, heute zumeist Mask. (so auch in Zusammensetzungen: "Bestandteil", "Erdteil", Weltteil, Redeteil), im Sinn eines selbständigen Stücks auch Neutr. (in Zusammensetzungen Erbteil, Hinterteil, Vorderteil, "Altenteil" ↑ "alt"): da sie Jhesum gecreutziget hatten / namen sie seine Kleider / vnd machten vier Teil (A180 Martin Luther, Johannes 19,23), Du nennst dich einen Teil und stehst doch ganz vor mir? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1345), bei der Mischung von Substanzen drei theile dieser geronnenen milch und ein theil von dem gelöschten kalk(Lessing; L059 DWb); einen Theil der Unkosten tragen mussen(L169 Matthias Kramer), Laß sie früh das beste Theil erwählen (A131 Friedrich Hölderlin, Die Meinige), Teil eines Buches, einer Rede (L169 Matthias Kramer), ↑ "Erdteil"; präpositional zum Teil (L200 Josua Maaler), in allen Teilenvollständig‹; auf eine Menschengruppe bezogen speziell ›Gegner, Partei‹: dasz man mit gewalt gebote einem theil, dasz es wiche (Luther; L059 DWb), Ein yeder für sein Teil (L200 Josua Maaler), zu beyden Teilen (L308 Kaspar Stieler), nach lat. audiatur et altera pars: Man soll den andern Theil auch hören (L169 Matthias Kramer), daher die festen Wendungen ich für mein Teil, bei L308 Kaspar Stieler vor mein Teil, Ich meines Theils (L003 Johann Christoph Adelung 1780) ›was mich betrifft‹, dazu ↑ "Gegenteil"; als Bezeichnung von Ordnungszahlen das dritte Teil kontrahiert zunächst im Sinn einer Zusammensetzung: ahd. fiorteil, mhd. dritteil, mhd. dann suffigiert: vierdel (vgl. L320 Trübner), ⇑ "Drittel", "Viertel"; daneben
2Anteil‹ (↑ "Anteil"), konkret ›was jmdm. bei einer Besitzverteilung zufällt‹: vnd gab… / einem jglichen Stam sein teil (A180 Martin Luther, Josua 11,23); umgangssprachlich Er hat seinen Teil bekommen »er hat Schläge genug, den gehörigen Verweis, die verdiente Strafe bekommen« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), dazu ⇑ "Nachteil", "Vorteil"; in der Wendung
sich sein Teil denken (L320 Trübner) ›sich zu etwas Bestimmtem nicht äußern‹: Er ›labert‹ das so vor sich hin,… , denkt sich vielleicht sein Teil dabei (A266 Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke 2,174); im Sinne von ›Beteiligung‹: Ich habe keinen teil an dieser Taht (L308 Kaspar Stieler), dazu auch teilnehmen (ahd. ), bis ins 19. Jahrhundert unfest (vgl. L059 DWb), wie Anteil nehmen übertragen ›mitempfinden‹, ebenso teilhaben (ahd. ), zuteil werden (ahd. ): es ist ihm ein stattliches Erbe… zu theil worden (L169 Matthias Kramer);
teilhaftig (mhd. ), heute üblicher für bis ins 18. Jahrhundert gebräuchliches teilhaft; veraltet, bereits im 18. Jahrhundert eingeschränkt auf die »feyerliche Schreibart« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), mit Genitiv und zumeist werden bzw. sein: Einer Sache teilhaftig werden(ebenda);
Teilhaber (1716; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); zunächst allgemein »eine Person.. welche ein Ganzes mit andern gemeinschaftlich besitzet«: Die Theilhaber eines Gutes, Feldes (L003 Johann Christoph Adelung 1780); auch ›Teilnehmer‹: die theilhaber der verschwörung (Schiller; L059 DWb); daneben wie heute nur noch speziell im Geschäftsleben für älteres Kompagnon: theilhaber einer manufactur (Wieland; L059 DWb);
Teilnahme (Ende des 18. Jahrhunderts; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) für bis ins 18. Jahrhundert gebräuchlicheres älteres Teilnehmung; konkret ›interessierte Anwesenheit‹; ⇓ "S075" zumeist übertragen ›Mitgefühl‹;
Teilzeit-"S149" neues Bestimmungswort ›nur für einige Stunden bzw. Tage‹ für Teilzeitarbeit, Teilzeitjob,Teilzeitbeschäftigung (L097 GWb); häufig ohne Artikel gebraucht er arbeitet Teilzeit;
teilen (ahd. );
1in Einzelnes zerlegen‹, präpositional in kleine Bißlein teilen, transitiv DA sie jn aber gecreutziget hatten / teileten sie seine Kleider (A180 Martin Luther, Matthäus 27,35), der Fluß theilt das Land (L305 Christoph Ernst Steinbach), dazu abteilen, ↑ "Abteil"; mathematisch ›dividieren‹: mere dy lenge des dyameter… teyle mit seben (1400; L276 Alfred Schirmer, Mathematik); zumeist reflexiv die straaß Theilt sich in zween wag (L200 Josua Maaler); häufig im Partizip Perfekt, im Sprichwort geteilte Freud' ist doppelte Freud', geteilter Schmerz ist halber Schmerz(1801; L320 Trübner); zur Bezeichnung von Zwiespalt, Uneinigkeit: das getheilte Europa (Schiller; L059 DWb), geteilter Ansicht/ Meinung sein (L059 DWb) ›auseinandergehend‹, geteilte Aufnahmeumstritten‹; daneben
2 wie austeilen, ↑ "erteilen", verteilen, zuteilenzuweisen‹, ohne Objekt: die alsoteilent… unde almuosen gebent(Notker; L059 DWb); transitiv ›aufteilendie Beute theilen (L169 Matthias Kramer), präpositional etwas unter sich theilen (L305 Christoph Ernst Steinbach), sage meinem Bruder / das er mit mir das Erbe teile (A180 Martin Luther, Lukas 12,13), dazu auch benachteiligen (L284 Justus Georg Schottelius), ↑ "Nachteil"; ›kennenzu viele sinds, die das Geheimnis teilen (A222 Friedrich Schiller, Tell 2,2); ›gemeinsam benutzenSoll ich mit dir das Zimmer teilen, / Pudel, so laß das Heulen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1238); dazu ↑ "mitteilen"; hierher auch ›zu tun haben‹ (engl. to deal): mit der Welt hatte ich nichts zu teilen (Goethe); übertragen ›mitempfinden‹: Ich theile Ihren Kummer (L033 Joachim Heinrich Campe); in der festen Fügung sich (mit jmdm. ) in etwas teilen: sich in eines… Gut theilen (L169 Matthias Kramer) ›gemeinsam besitzen‹; dazu Teilung (ahd. );
teils adverbialer Genitiv von Teil, bis ins Frühneuhochdeutsche unfest, mhd. eines teiles, frühnhd. Eins Teils (L200 Josua Maaler), wie zum Teil zur Bezeichnung einer Einschränkung bis ins 18. Jahrhundert: ich glaubte mich teils selbst davon überzeugt zu haben (Iffland), so heute umgangssprachlich; die Doppelung teils-teils (17. Jahrhundert), heute umgangssprachlich in der elliptischen Antwort ›Wie wars?‹ ›Teils, teils‹; dazu einesteils, meinesteils, großenteils, größtenteils, meistenteils u. a.;
Teilchen (L308 Kaspar Stieler), bereits von Leibniz ⇓ "S169" physikalisch im heutigen Sinn von Elementarteilchenkleinste, nicht weiter zerlegbare Partikel‹ (L059 DWb); im Westfälischen ›Stück Kuchen‹.
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