Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Tat
ahd. / mhd. tat, gemeingermanisch (got. gadeþs, engl. deed) zu ↑ "tun";1.1bewußt gewollte Handlung‹, als Gegensatz zu ↑ "Wort" bereits althochdeutsch, im ⇓ "S074" geflügelten Wort: Der Worte sind genug gewechselt, / Laßt mich auch endlich Taten sehn! (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,214f.), mit ↑ "Rat" verbunden (mhd. ) ›Beistand leisten‹: sie tröstet ihn mit rath und that (Voß; L059 DWb),
den Willen für die Tat nehmen (Waldis; L059 DWb) ›sich mit der bekundeten Bereitschaft zu handeln begnügen‹; mit Bezug auf die entschlossene Ausführung: Zur That schreiten (L169 Matthias Kramer); allgemein ›das Handeln‹: Am Anfang war die Tat (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1237); dazu ⇑ "Wohltat", "Zutat"; adverbial in der Emphase ›wirklichin der Tat (16. Jahrhundert; L059 DWb): das solt du in der that erfahren (Sachs; L059 DWb), in der that, ein hübscher… mensch! (Wieland; L059 DWb); mit Betonung der Besonderheit: Groß… Thaaten der volckeren (L200 Josua Maaler), Leben und Thaten Gustav Adolphs (L033 Joachim Heinrich Campe), Lust und Liebe sind Fittige zu großen Taten (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie 2,1), dazu Heldentat, Großtat; speziell
1.2strafbare Handlung, Verbrechen‹: Ein Thaat vertuschen oder verbergen (L200 Josua Maaler), Die That leugnen, gestehen, bereuen(L003 Johann Christoph Adelung 1780), mit dieser Bedeutung spielt A131 Friedrich Hölderlin: Trennen wollten wir uns,… / Da wir's taten, warum schröckte, wie Mord, die That? (Der Abschied, 2,24); dazu
auf frischer Tatbei ihrer Ausführung‹: an frischer that… ergriffen (Sachs; L059 DWb), Tatbestand, Tateinheit, Tatverdacht, Tatzeit, bis ins 19. Jahrhundert der ⇓ "S171" Pleonasmus Tathandlung (17. Jahrhundert) auch allgemein ›Handlung‹; als Grundwort in Freveltat, Schandtat, Untat, ⇑ "Gewalttat", "Missetat", "Übeltat".
Tatsache (1756 L296 Keith Spalding), ⇓ "S124" Lehnübersetzung von engl. matter of fact; häufig im Plural: Tatsachen in Rätsel hüllen (Goethe, Juli 1775), Das sind Thatsachen (L003 Johann Christoph Adelung 1780); heute auch umgangssprachlich im Dialog ›wirklich‹, beteuernd und fragend; (L360 ZDW14,9);
tatsächlich (2. Hälfte des 18. Jahrhunderts; L059 DWb);
Täter mhd. (übel)tæter; bis ins 19. Jahrhundert auch ›Handelnder‹, dazu Wohltäter, Wundertäter; daneben ›Verbrecher‹, in der festen Verbindung Täter und Opfer (↑ "Opfer"), seit 1945 häufig auf die Nationalsozialisten (auch auf Angehörige anderer totalitärer Systeme) und die von ihnen Verfolgten und Ermordeten bezogen;
tätig (16. Jahrhundert, ahd. [ubil-]tatic); zunächst wie tätlich (s. unten); im 18. Jahrhundert Kennzeichen des Bürgers im Gegensatz zum Adligen: im bürgerlichen, im thätigen leben (Klinger; L059 DWb); heute vor allem auf das Berufsleben bezogen: als Lehrerin tätig sein;
Tätigkeit (L308 Kaspar Stieler);
Tätigkeitswort (L264 Daniel Sanders) »actives zeitwort« (L059 DWb);
tätlich (16. Jahrhundert); bis ins 18. Jahrhundert auch synonym zu tätig (s. oben), dann nur noch ›handgreiflich, gewaltsam‹, ebenso
Tätlichkeit (L308 Kaspar Stieler);
tätigen (Ende des 18. Jahrhunderts), seit Anfang des 20. Jahrhunderts vorwiegend ⇓ "S106" kaufmannssprachlich: einen Abschluß tätigen, auch einen Einkauf tätigen (L320 Trübner); ↑ "betätigen".
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