Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
stürzen
ahd. sturzen, mhd. stürzen, westgermanisch, wurzelverwandt mit ↑ "Sterz"; zunächst1 ›umstülpen, umkehren, so daß das Oberste zuunterst kommt‹: einen Becher, ein Faß, einen Karren stürzen; mein Schatzmeister stürze [›schütte aus‹] meine Schatulle unter euch (Schiller), die Kasse stürzen (bei einer Revision); noch muß ich euch meinen Schubsack von Zeitungen stürzen (Schiller); die Ladung in das Schiff stürzen; hierher auch ein Glas Wasser hinunterstürzen, einen Becher, einen Sack ausstürzen, umstürzen, am deutlichsten in Fällen wie eine verloschene, umgestürzte Fackel (Lessing), zuweilen auch einen Deckel auf den Topf, einen Hut auf den Kopf stürzen; daneben
2 ›fallen‹,
2.1 transitiv mit dem Begriff des Stoßens jmdn. von einem Felsen, sich in einen Brunnen stürzen; übertragen ›entmachten‹ (frühnhd.) einen König vom Thron stürzen, mit Zustandsbezeichnungen: jmdn. ins Verderben, ins Unglück stürzen (Sachs; L320 Trübner), jmdn. stürzen ›jmdn. aus einer angesehenen, einflußreichen Stellung verdrängen‹, Gott sturzet die Hoffartigen(L308 Kaspar Stieler);
2.2 intransitiv mit dem Begriff des abwärts Gerichteten: Das Pferd sturzet (L308 Kaspar Stieler), Die stürzenden Wasser des Herrn(A131 Friedrich Hölderlin, An die Madonna), Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit (A222 Friedrich Schiller, Tell 4,2); wohl erst neuer mit dem Begriff der Niveauveränderung übertragen: Temperaturen stürzen ›sinken plötzlich‹, Aktien stürzen ›verlieren plötzlich an Wert‹; seit dem Mittelhochdeutschen
2.3 mit dem Begriff der absichtlichen schnellen Vorwärtsbewegung: als ein kommando soldaten in die stube stürzte (Nicolai; L059 DWb), aus dem Haus stürzen; seit dem Frühneuhochdeutschen reflexiv sich ins Feuer sturzen(L308 Kaspar Stieler), übertragen
⊚ sich ins Ungluck sturzen(ebenda), emotional gedeutet (seit früherem 18. Jahrhundert): Wie getrennte Geliebte sich nach lang entbehrter Umarmung / In die Arme sich stürzen (A131 Friedrich Hölderlin, Auf einer Haide geschrieben), jetzt stürzt sie sich ins gewühl (E.T.A.Hoffmann; L059 DWb); Präposition mit auf ›über etwas/ jmdn. herfallen‹: er stürzte sich auf den Feind; präfigiert
abstürzen schwaches Verb
1.1 ›in die Tiefe fallen‹ (1529; L072 Frühnhd.Wb.): Es ist der Regenbogen… , man kann über ihn gehen, aber wenn man zweifelt, stürzt man ab (Remarque;L098 2GWb); besonders bei Flugzeugen u.ä. auch ›verunglücken‹ (L331 Gerhard Wahrig, Deutsches Wörterbuch 1968); übertragen ›sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen (etc.) Niedergang erfahren‹ (L097 GWb1976); anfangs jugendsprachlich, heute allgemein umgangssprachlich metonymisch
1.2 ›übermäßig viel Alkohol genießen, im Rausch etwas anstellen‹ (1960f.; L179 Heinz Küpper, 1987), auch im sexuellen Bereich mit jmdm. abstürzen; in der ⇓ "S043" Computersprache seit Ende des 20. Jahrhunderts (L299 Sprachdienst 1988,3,67)
1.3 ›zusammenbrechen‹, auf ein Programm oder System bezogen (L098 2GWb): der Computer ist abgestürzt;
2 landschaftlich ›steil abfallen‹ (L059 DWb): an des Berges Fuß, der gählings unter mir abstürzt (A222 Friedrich Schiller, Der Spaziergang, 2,309); veraltet
3 ›sich beim Sturz etwas brechen‹ (L072 Frühnhd.Wb.): daß jederman meynte, er hette den Halß abgestürtzt (Pauli 1550; ebenda).
Sturz ahd. ; zu stürzen(1)
1 ›Umkehrung‹, dazu veraltet ›Kopfbedeckung‹, redensartlich veraltet mit/ auf den Sturz ›plötzlich‹; speziell ›Schlußabrechnung‹, "Kassensturz", bzw. fachsprachlich im Bauwesen ›obere Schwelle‹ (mhd. ), Fenstersturz; zu stürzen(2)
2 ›Fall‹ als Vorgangs- und Resultatsbezeichnung, dazu Blutsturz, Sturzbach, Sturzregen; seit dem 18. Jahrhundert übertragen ›gewaltsame Machtenthebung‹, verallgemeinert ›Zusammenbruch‹; auf den plötzlichen Niveauverlust bezogen ›plötzlicher Wertverlust‹; Sturz der Währung, Kurssturz, Preissturz (späteres 19. Jahrhundert; vgl. L320 Trübner); veraltet ›Stumpf‹, auch Sturzel, Stürzel (besonders mitteldeutsch), speziell in der Kunstbetrachtung des 18. Jahrhunderts ›Torso‹; präfigiert
Absturz Mask. (L200 Josua Maaler 1561)
1 abstürzen(1.1) bis (1.3) folgend, übertragen der Kuckuck an der Wohnungstür,… Schulden bis über beide Ohren, Elend, Absturz ins soziale Nichts (Zeit 12.4.1985); computersprachlich (H.H.Schulze, Computer Enzyklopädie, 1989) wohl nach engl. crash (B.Bachmann, Großes Lexikon der Computerfachbegriffe 1990): Damit Computer den Datensprung zum Jahr 2000 ohne Absturz verkraften, müssen Spezialisten Millionen Zeilen von jahrzehntealten Programmcodes durchforsten (Spiegel 30.11.1998);
2 landschaftlich ›steiler Abhang‹ (L004 Johann Christoph Adelung 1793): wir standen am schroffen Absturz eines Felsen (A222 Friedrich Schiller, Verbrecher aus verlorener Ehre, 16,20);
Stürze (mhd. ) Fem. , landschaftlich ›Deckel‹, zu stürzen(1) (L171 Paul Kretschmer 169).
2 ›fallen‹,
2.1 transitiv mit dem Begriff des Stoßens jmdn. von einem Felsen, sich in einen Brunnen stürzen; übertragen ›entmachten‹ (frühnhd.) einen König vom Thron stürzen, mit Zustandsbezeichnungen: jmdn. ins Verderben, ins Unglück stürzen (Sachs; L320 Trübner), jmdn. stürzen ›jmdn. aus einer angesehenen, einflußreichen Stellung verdrängen‹, Gott sturzet die Hoffartigen(L308 Kaspar Stieler);
2.2 intransitiv mit dem Begriff des abwärts Gerichteten: Das Pferd sturzet (L308 Kaspar Stieler), Die stürzenden Wasser des Herrn(A131 Friedrich Hölderlin, An die Madonna), Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit (A222 Friedrich Schiller, Tell 4,2); wohl erst neuer mit dem Begriff der Niveauveränderung übertragen: Temperaturen stürzen ›sinken plötzlich‹, Aktien stürzen ›verlieren plötzlich an Wert‹; seit dem Mittelhochdeutschen
2.3 mit dem Begriff der absichtlichen schnellen Vorwärtsbewegung: als ein kommando soldaten in die stube stürzte (Nicolai; L059 DWb), aus dem Haus stürzen; seit dem Frühneuhochdeutschen reflexiv sich ins Feuer sturzen(L308 Kaspar Stieler), übertragen
⊚ sich ins Ungluck sturzen(ebenda), emotional gedeutet (seit früherem 18. Jahrhundert): Wie getrennte Geliebte sich nach lang entbehrter Umarmung / In die Arme sich stürzen (A131 Friedrich Hölderlin, Auf einer Haide geschrieben), jetzt stürzt sie sich ins gewühl (E.T.A.Hoffmann; L059 DWb); Präposition mit auf ›über etwas/ jmdn. herfallen‹: er stürzte sich auf den Feind; präfigiert
abstürzen schwaches Verb
1.1 ›in die Tiefe fallen‹ (1529; L072 Frühnhd.Wb.): Es ist der Regenbogen… , man kann über ihn gehen, aber wenn man zweifelt, stürzt man ab (Remarque;L098 2GWb); besonders bei Flugzeugen u.ä. auch ›verunglücken‹ (L331 Gerhard Wahrig, Deutsches Wörterbuch 1968); übertragen ›sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen (etc.) Niedergang erfahren‹ (L097 GWb1976); anfangs jugendsprachlich, heute allgemein umgangssprachlich metonymisch
1.2 ›übermäßig viel Alkohol genießen, im Rausch etwas anstellen‹ (1960f.; L179 Heinz Küpper, 1987), auch im sexuellen Bereich mit jmdm. abstürzen; in der ⇓ "S043" Computersprache seit Ende des 20. Jahrhunderts (L299 Sprachdienst 1988,3,67)
1.3 ›zusammenbrechen‹, auf ein Programm oder System bezogen (L098 2GWb): der Computer ist abgestürzt;
2 landschaftlich ›steil abfallen‹ (L059 DWb): an des Berges Fuß, der gählings unter mir abstürzt (A222 Friedrich Schiller, Der Spaziergang, 2,309); veraltet
3 ›sich beim Sturz etwas brechen‹ (L072 Frühnhd.Wb.): daß jederman meynte, er hette den Halß abgestürtzt (Pauli 1550; ebenda).
Sturz ahd. ; zu stürzen(1)
1 ›Umkehrung‹, dazu veraltet ›Kopfbedeckung‹, redensartlich veraltet mit/ auf den Sturz ›plötzlich‹; speziell ›Schlußabrechnung‹, "Kassensturz", bzw. fachsprachlich im Bauwesen ›obere Schwelle‹ (mhd. ), Fenstersturz; zu stürzen(2)
2 ›Fall‹ als Vorgangs- und Resultatsbezeichnung, dazu Blutsturz, Sturzbach, Sturzregen; seit dem 18. Jahrhundert übertragen ›gewaltsame Machtenthebung‹, verallgemeinert ›Zusammenbruch‹; auf den plötzlichen Niveauverlust bezogen ›plötzlicher Wertverlust‹; Sturz der Währung, Kurssturz, Preissturz (späteres 19. Jahrhundert; vgl. L320 Trübner); veraltet ›Stumpf‹, auch Sturzel, Stürzel (besonders mitteldeutsch), speziell in der Kunstbetrachtung des 18. Jahrhunderts ›Torso‹; präfigiert
Absturz Mask. (L200 Josua Maaler 1561)
1 abstürzen(1.1) bis (1.3) folgend, übertragen der Kuckuck an der Wohnungstür,… Schulden bis über beide Ohren, Elend, Absturz ins soziale Nichts (Zeit 12.4.1985); computersprachlich (H.H.Schulze, Computer Enzyklopädie, 1989) wohl nach engl. crash (B.Bachmann, Großes Lexikon der Computerfachbegriffe 1990): Damit Computer den Datensprung zum Jahr 2000 ohne Absturz verkraften, müssen Spezialisten Millionen Zeilen von jahrzehntealten Programmcodes durchforsten (Spiegel 30.11.1998);
2 landschaftlich ›steiler Abhang‹ (L004 Johann Christoph Adelung 1793): wir standen am schroffen Absturz eines Felsen (A222 Friedrich Schiller, Verbrecher aus verlorener Ehre, 16,20);
Stürze (mhd. ) Fem. , landschaftlich ›Deckel‹, zu stürzen(1) (L171 Paul Kretschmer 169).