Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Stumpf
ahd. stumph, mhd. stumpf(e), westgermanisch (engl. stump), landschaftlich Stumpfen, auf schwaches mhd. stumpfe zurückgehend; ›Rest von etwas Länglichem‹, zunächst auf den Rest abgeschlagener Bäume bezogen, dann auf Kerzen und den stehengebliebenen Teil amputierter Körperglieder; ⇓ "S007" mit Stumpf und Stielvöllig‹: ausgerot… mit stumpf und stiel (1572; L059 DWb);
stumpf ahd. stumph, mhd. stumpf eigentlich ›gestutzt‹; auf schneidende Gegenstände bezogen
1 Gegensatz zu "scharf": stumpfes Beil, Messer, stumpfe Schere; seit dem 15. Jahrhundert
2 Gegensatz zu "spitz": stumpfer Turm, stumpfe Nase, häufig ›unbrauchbar, abgenutzt‹: stumpfe Nadel, Feder, stumpfer Bleistift; speziell ⇓ "S130" mathematisch stumpfer Winkel (seit etwa 1400, Lehnübersetzung von lat. angulus obtusus), stumpfer Kegel (1541; L059 DWb); ⇓ "S216" auf den optischen Eindruck bezogen
3matt‹, Gegensatz glänzend, vereinzelt mittelhochdeutsch, »sonst nur ganz jung« (L059 DWb): stumpfe Farben, Haare;
4 als Gegensatz von "glatt", frühneuhochdeutsch von Zähnen: der Kinder zeene sind stumpff worden (A180 Martin Luther, Jeremia 31,29), dann erst wieder »in der modernen umgangssprache« (L059 DWb): stumpfe rutschbahn (ebenda);
5 in der Verslehre, Gegensatz klingend, synonym "männlich" (15. Jahrhundert); im Anschluß an (1) und (2)
6 auf Sinnes- und Verstandeskräfte übertragen, zunächst ›dumm‹: stumpfe sinne (Gottfried von Straßburg; L059 DWb), danach ›eintönig, öde‹: stumpfe vernunft / der witzegeistig träge‹, häufig in der Fügung: es ist mir ganz stumpf und dumpf (H. v.Kleist; L059 DWb); auch ›teilnahmslos‹: tummes stumphes hertze (14. Jahrhundert; L059 DWb), ein stumpfer bureaumensch(Varnhagen; L059 DWb); dazu ↑ "abstumpfen";
stumpfsinnig (1482; L059 DWb), mhd. stumpfe sinne (Tristan 4668); zu stumpf(6), zunächst ›dumm‹; dann auch auf die Haltung bezogen, ›teilnahmslos‹, ›geistig träge‹: stumpfsinnig dastehen (Thümmel; L033 Joachim Heinrich Campe), auch ›langweilig‹: stumpfsinniges dasein (1928; L059 DWb); daraus ⇓ "S183" rückgebildet Stumpfsinn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 28.11.76).
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