Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
streifen
(mhd. ) berührt sich in seiner Bedeutungsentwicklung nahe mit verwandt ↑ "streichen";1 transitiv ›gleitend berühren‹: die Kugel hat ihn gestreift (Streifschuß), sein Blick streifte mich; übertragen ›oberflächlich behandeln‹ (18. Jahrhundert): er hat dies Thema nur leicht gestreift; intransitiv mit an: wenn es unverhofft an eine Nessel streift (Wieland); übertragen ›grenzen‹ (18. Jahrhundert): das streift ans Unglaubliche, an Majestätsbeleidigung;
2 mit Richtungsbezeichnung, der in Bewegung gesetzte Gegenstand Objekt ›etwas so ziehen, daß es etwas anderes bedeckt oder sich eng daran anschmiegt; etwas sich Anschmiegendes wieder fortziehen‹: die Beinkleider von sich streifen (L033 Joachim Heinrich Campe), er streifte meine gepuderten Haare unter ein buntes Netz (Goethe), einen Rock um die Hüften, einen Ring an den Finger, üblicher vom Finger, die Ärmel in die Höhe, die Rinde vom Baum streifen, abstreifen (vielleicht unter Einfluß von mhd. stroufen, ströufen, westgermanisch schwach, engl. strip); ›entfernen‹: den goldnen thau des schlafes von den augen streifen (Büchner; L059 DWb), die Asche von der Zigarette streifen;
3 ähnlich wie "streichen" intransitiv ›ohne feste Richtung sich bewegen‹ (Partizip mit sein): Am gstad anhin Streiffen (L200 Josua Maaler), er streift durch die Fluren (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 9.12.77); speziell von Truppen ›einen Streifzug machen‹, streifende Rotten (L308 Kaspar Stieler); süddeutsch übertragen in der Wendung (sich) die Füße, Schuhe abstreifen(sich) die Füße, Schuhe abputzen‹ (↑ "putzen");
Streiflicht (L003 Johann Christoph Adelung 1780), ursprünglich Fachwort der Malerei ›Licht, von dem nur ein Streifen auf einen Gegenstand fällt‹: eben fiel ein rötliches Streiflicht der sinkenden Sonne hinter ihr her und vergoldete Wange und Schulter (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 20,356,25); übertragen ›erhellende Skizze‹: Persiflage könnte man das ironische Streiflicht nennen (A139 Jean Paul, Vorschule §38); journalistisch ›Glosse‹;
Streifzug (1538; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) zu streifen(3); zunächst ⇓ "S136" militärisch; seit dem 18. Jahrhundert abgeblaßt ›Spaziergang, Spazierfahrt‹, übertragen ›oberflächlicher Exkurs‹: Streifzug… in das Gebiet der poetischen Literatur (A121 Johann Gottfried Herder, 12,370);
Streife Fem. (16. Jahrhundert Oswald von Wolkenstein); ›Streifzug‹, metonymisch als… die straif… ufgebrochen (1532; L059 DWb); seit etwa 1900 ›Erkundung, Kontrolle durch Polizisten‹, metonymisch auch auf den Einzelnen bezogen, dazu Polizeistreife;
Streifen bis ins 18. Jahrhundert (heute gehoben) Streif, starkes Mask. , mhd. strife schwaches Mask. (↑ "Backe"); ›langer, schmaler Teil von etwas‹, mit Bezug auf unterschiedliche Farbgebung, zu einem veralteten Verb streifen (mhd. strifen), nur noch attributiv im Partizip Perfekt: gestreifftz tuch (1468; L059 DWb), dazu die Zusammensetzung Nadelstreifen und das substantivierte Partizip Perfekt Gestreiftes (landschaftlich für ›Getränk aus Bier und Cola‹, vgl. Dreckiges ↑ "Dreck"); ›Lichtband‹ seit Ende des 18. Jahrhunderts, übertragen, häufig in der Form Streif zum Ausdruck von Zuversicht (mhd. ), erinnerung… wie ein rosiger streifen (1854; L059 DWb); auf Material bezogen ein Streifen Stoff; ⇓ "S147" neu seit früherem 20. Jahrhundert umgangssprachlich ›Film‹ (L320 Trübner).
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