Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
strecken
ahd. strecchen, westgermanisch (engl. stretch), Faktitivum zu ↑ "stracks"; daher zunächst1 ›dehnen, geradebiegen‹ im Sinne von ›strack machen, straff ausrecken‹, als Objekt der eigene Körper oder dessen Teile: zu waschen und zu strecken den narbenvollen Leib(Uhland), die Beine, alle viere von sich strecken (1589; L059 DWb), ebenso ausstrecken, mit Richtungsbezeichnungen: die Arme, die Finger in die Höhe strecken, die Zunge aus dem Mund strecken, den Kopf hervorstrecken, zum Fenster hinausstrecken, jmdm. die Hand entgegenstrecken, die Hand nach etwas ausstrecken; mit anderen Objekten verbunden in festen Verbindungen: jmdn. niederstrecken, zu Boden strecken, dafür ungewöhnlich bloßes strecken: ein Fremder, der… fechten wollte, ward gestreckt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,11365); auf eine Waffe bezogen ›in waagerechte Lage bringen‹: es stehen andere mit gestrecktem Speer (Schiller), streckt das Schwert zwischen beide(Bühnenanweisung; Schiller), allgemein die Waffen strecken ›sich ergeben‹, übertragen ›aufgeben‹; speziell jägersprachlich ›getötetes Wild nebeneinanderlegen‹ (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), sportsprachlich ›heben‹ (1901 G.Hauptmann; L320 Trübner);
2 ›über das bisher eingenommene Längenmaß hinaus ausrecken‹, so technisch das Leder etc. strecken (L169 Matthias Kramer), »ein Stück Eisen.. länger und dünner schmiden« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), medizinisch ein [zu kurz gewachsenes oder gebrochenes] Glied strecken (frühnhd.; L059 DWb), historisch bei der Folter jmdn. strecken; übertragen auf eine zu geringe Substanz bezogen: jede tragische Begebenheit zum Drama zu strecken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, 37,314,7); seit späterem 19. Jahrhundert ›verdünnen‹, besonders in der Küche; reflexiv
3 im Sinn einer absichtlichen Tätigkeit sich auf seinem Lager strecken (ausstrecken), sich nach der Decke strecken (↑ "Decke"), sich (ins Gras) hinstrecken, sich niederstrecken; anders sich strecken zu raschem Lauf Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich zu dem, was da vorne ist (Luther), bist du hinaus, dann laß dein Roß sich strecken(Uhland); andererseits kann das Reflexivum einen nicht vom Willen des Subjekts abhängigen Vorgang bezeichnen, also die Stelle eines Intransitivums vertreten: der sich wirklich zum Jüngling heranstreckte(Goethe), seine Arme streckten sich nach mir aus; der Weg streckt sich (in die Länge); Wälder strecken sich hin bis an das Meer; statt des üblicheren ↑ "erstrecken": des großen Volkes, welches sich vom schwarzen Meere bis zur Weichsel und Ostsee gestreckt hatte (Freytag); das Partizip Perfekt gestreckt kann sich an das Reflexivum anschließen: hingestreckt auf seinem Lager; gestreckt fortschossen die Rennenden(Voß), danach mit eigentlich ungenauer Verknüpfung allgemein in gestrecktem Lauf, Galopp usw.; langgestrecktes Feld. ⇑ "vollstrecken", "vorstrecken".
Strecke Fem. , mhd. (zil)strecke; ›etwas räumlich sich nach einer Richtung Erstreckendes‹: eine Strecke Wegs usw.; übertragen temporal ›Zeitabschnitt‹, häufig ›Lebensweg‹, allgemeiner, im Plural (über) weite Strecken z. B. auf Geschriebenes bezogen, weite strecken von langweiliger einförmigkeit (Treitschke; L059 DWb), ↑ "Durststrecke"; fachsprachlich speziell, im Bergbau ›ein vom Schacht wegführender Gang‹ (1499; L059 DWb), in der ⇓ "S130" Mathematik ›Verbindung zwischen zwei Punkten‹ (1616; L059 DWb); seit späterem 19. Jahrhundert im Eisenbahnwesen; ⇓ "S100" jägersprachlich ›das auf einer Jagd erlegte Wild‹ (um 1870), dazu
⊚ zur Strecke bringen ›erlegen‹, übertragen ›ruinieren‹.
2 ›über das bisher eingenommene Längenmaß hinaus ausrecken‹, so technisch das Leder etc. strecken (L169 Matthias Kramer), »ein Stück Eisen.. länger und dünner schmiden« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), medizinisch ein [zu kurz gewachsenes oder gebrochenes] Glied strecken (frühnhd.; L059 DWb), historisch bei der Folter jmdn. strecken; übertragen auf eine zu geringe Substanz bezogen: jede tragische Begebenheit zum Drama zu strecken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, 37,314,7); seit späterem 19. Jahrhundert ›verdünnen‹, besonders in der Küche; reflexiv
3 im Sinn einer absichtlichen Tätigkeit sich auf seinem Lager strecken (ausstrecken), sich nach der Decke strecken (↑ "Decke"), sich (ins Gras) hinstrecken, sich niederstrecken; anders sich strecken zu raschem Lauf Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich zu dem, was da vorne ist (Luther), bist du hinaus, dann laß dein Roß sich strecken(Uhland); andererseits kann das Reflexivum einen nicht vom Willen des Subjekts abhängigen Vorgang bezeichnen, also die Stelle eines Intransitivums vertreten: der sich wirklich zum Jüngling heranstreckte(Goethe), seine Arme streckten sich nach mir aus; der Weg streckt sich (in die Länge); Wälder strecken sich hin bis an das Meer; statt des üblicheren ↑ "erstrecken": des großen Volkes, welches sich vom schwarzen Meere bis zur Weichsel und Ostsee gestreckt hatte (Freytag); das Partizip Perfekt gestreckt kann sich an das Reflexivum anschließen: hingestreckt auf seinem Lager; gestreckt fortschossen die Rennenden(Voß), danach mit eigentlich ungenauer Verknüpfung allgemein in gestrecktem Lauf, Galopp usw.; langgestrecktes Feld. ⇑ "vollstrecken", "vorstrecken".
Strecke Fem. , mhd. (zil)strecke; ›etwas räumlich sich nach einer Richtung Erstreckendes‹: eine Strecke Wegs usw.; übertragen temporal ›Zeitabschnitt‹, häufig ›Lebensweg‹, allgemeiner, im Plural (über) weite Strecken z. B. auf Geschriebenes bezogen, weite strecken von langweiliger einförmigkeit (Treitschke; L059 DWb), ↑ "Durststrecke"; fachsprachlich speziell, im Bergbau ›ein vom Schacht wegführender Gang‹ (1499; L059 DWb), in der ⇓ "S130" Mathematik ›Verbindung zwischen zwei Punkten‹ (1616; L059 DWb); seit späterem 19. Jahrhundert im Eisenbahnwesen; ⇓ "S100" jägersprachlich ›das auf einer Jagd erlegte Wild‹ (um 1870), dazu
⊚ zur Strecke bringen ›erlegen‹, übertragen ›ruinieren‹.