Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Strahl
im Singular stark, Plural schwaches Mask. , ahd. strala, mhd. strale Fem. , westgermanisch mit Verwandtschaft im Slawischen (altslaw. strela), Strelitzen eigentlich ›Bogenschützen‹; anfangs1Pfeil‹ (mhd. vorwiegend und vereinzelt bis um 1600); daran anschließend
1.1Blitz‹ (bis L033 Joachim Heinrich Campe), heute nur noch im Kompositum Blitzstrahl, bis in die Gegenwart (vgl. L320 Trübner) auch Donnerstrahl, "Wetterstrahl" Der Wetterstrahl, von dem mein stilles Haus getroffen wurde (J.Grimm über seine Entlassung, 1838, 1); so auch bei H.v.A160 Heinrich von Kleist im sprechenden Namen Wetter Graf vom Strahl(Käthchen), übertragen der Rache Strahl (Schiller), Bannstrahl; seit früherem 17. Jahrhundert
1.2 auf flüssige Materie bezogen strahl mit wasser (1620; L059 DWb), der Strahl der Fontäne; seit späterem 16. Jahrhundert übertragen
2schmales, helles Lichtbündel‹, auf das Licht besonders der Himmelskörper bezogen auch »ein sich in gerader Linie unglaublich schnell fortbewegender Lichttheil« (L003 Johann Christoph Adelung 1780): weit von der sonnen stralen (1565; L059 DWb), übertragen, auf Personen bezogen hast denn du nicht zuerst den Geist / Mit deinem Stral aus mir gewekt? (A131 Friedrich Hölderlin, Der Zeitgeist, 1,300) auf Abstrakta der wahrheit stralen (1662; L059 DWb), Strahl der Aufklärung (A121 Johann Gottfried Herder 16,595); speziell naturwissenschaftlich zumeist im Plural
3 seit dem 18. Jahrhundert auf unterschiedliche Quellen bezogen, in gebrochenen strahlen (1749; L059 DWb), ultraviolette Strahlen (1873; L059 DWb); Wärmestrahl (um 1800; L320 Trübner), ↑ "Röntgenstrahlen", radioaktive Strahlen, dafür zunächst Becquerelstrahlen (L320 Trübner); dazu als ⇓ "S048" Bestimmungswort heute zumeist physikalisch und medizinisch Strahlenbelastung, Strahlendosis, Strahlenforschung, Strahlenkater (Medizinjargon) ›leichte Erkrankung durch Strahlenempfindlichkeit‹ (vgl. L337 WdG), Strahlenkunde, Strahlenschutz, Strahlentherapie;
strahlen Ende des 16. Jahrhunderts, straalen (L284 Justus Georg Schottelius), stralen (L308 Kaspar Stieler), seit dem 18. Jahrhundert häufig attributiv im Partizip Präsens;
1 ursprünglich zu Strahl(1) ›blitzen‹, bis ins 18. Jahrhundert; zu Strahl(2)
2 im eigentlichen Sinn von Metallen Gold und Silber strahlen (L308 Kaspar Stieler), von der Sonne die güldene morgenröte… strahlte (Birken; L059 DWb), in diesem Sinn auch strahlender hochsommer (H.R.C.Laube; L059 DWb), von Gestirnen Nacht muß es sein, wo Friedlands Sterne strahlen (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Tod 3,10), von Farben papageiengrün… , weil gelb und blau sich strahlend vermischen (Goethe; L059 DWb); übertragen
3eine positive Gemütsverfassung, Eigenschaft etc. in Gestik, Mimik o.ä. deutlich wahrnehmbar wiedergeben‹, personifiziert: Die Tugend stralet auch im Finstern (L308 Kaspar Stieler), zum Ausdruck von Erfolg: Prof. Gans strahlt im… glanze seiner… vorträge (Pückler; L059 DWb), strahlende taten (Jean Paul; L059 DWb), die strahlende kraft des ruhms (S.Zweig; L059 DWb); präpositional, um vollkommene Durchdringung auszudrücken: [der Brüder Grimm] genialität strahlt… durch die kommenden zeiten (Scherer; L059 DWb), Er strahlte vor Einsicht (A146 Franz Kafka, Urteil, Erzählungen 51), transitiv Freude, Begeisterung strahlen, dazu ↑ "ausstrahlen"; im Sinne von ›lautlos lachen‹ (↑ "lachen"), anders als "schmunzeln" und "lächeln" nach außen gekehrt und im Gegensatz zu "grinsen" nur positiv als Ausdruck von Freude, Begeisterung: Aus ihrem Blick strahlt stille Freude (Weiße; L004 Johann Christoph Adelung), mit Anspielung an (1) lächelndes bild, welches… durch die seele mir stralt (Hölty; L059 DWb), häufig im Partizip Präsens Trübte sich in heil'gem Zorne / Je dein stralend Angesicht (A131 Friedrich Hölderlin, Hymne an den Genius der Jugend), besonders in festen Verbindungen die sonne des glücks werde… strahlen(Treitschke; L059 DWb), dazu glückstrahlend, freudestrahlend (Klopstock; L059 DWb);
4 physikalisch übertragen die strahlende wärme(Lichtenberg; L059 DWb), besonders seit Anfang des 20. Jahrhunderts, um auszudrücken, daß »sich etwas von einem Mittelpunkt aus strahlenförmig verbreitet« (L320 Trübner), z. B. Schmerzen; heute (selten) auf Rundfunk und Fernsehen bezogen ›senden‹, allgemein gebraucht im Zusammenhang mit Radioaktivität: falls diese Mahlzeiten strahlende Substanzen enthalten 1987 (Ch.A286 Christa Wolf, Störfall 63);
Strahlung (L308 Kaspar Stieler); zunächst zu Strahl(2): in deiner ganzen Strahlung, um nichts trüber (A215 Rainer Maria Rilke, Des Gottes Antwort); seit dem 18. Jahrhundert zu Strahl(3) speziell naturwissenschaftlich, heute vor allem radioaktive Strahlung, ↑ "Radioaktivität".
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