Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Stock
ahd. / mhd. stoc, altgermanisch (altnord. stockr, engl. stock, ↑ "Stück"); anfangs wohl1 ›langer, dickerer, natürlich gewachsener Ast‹, speziell
1.1 ›Baumstumpf mit Wurzelwerk‹, dazu
⊚ über Stock und Stein (mhd. ) ursprünglich von unwegsamem Gelände; daneben
1.2 ›kleinere, holzige Pflanze‹, dazu Weinstock, Rebstock, Rosenstock (vgl. "Liebstöckel"), namentlich in bezug auf Topfgewächse (16. Jahrhundert);
1.3 auf verfertigte Gegenstände bezogen mit verschiedenen Spezialisierungen ›Gerät‹: Stock als Stütze, am Stock gehen(J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), heute redensartlich übertragen umgangssprachlich ›ruiniert sein‹, Krückstock, Spazierstock; Stock zum Prügeln, Ladestock; mittelhochdeutsch ›ausgehöhlter Klotz, an oder in den ein Gefangener geschlossen wird‹, daher in den Stock legen, Stockhaus ›Gefängnis‹, Stockmeister ›Kerkermeister‹; auch mittelhochdeutsch ›ausgehöhlter Baumstumpf als Büchse für Geldsammlungen‹, Kirchenstock, Opferstock: sagt an, her Stoc (Walther v. d.Vogelweide 34,14); als Grundwort in weiteren fachsprachlichen Spezialisierungen: Schraubstock, Prägestock; im Druckerwesen (1634; L160 Heinrich Klenz, Druckersprache) Buchdruckerstock als Form eines Holzschnittes, und danach auch ›Holzschnitt‹, namentlich ›Vignette‹ ein sauberes Stöckchen, welches das Titelblatt ziert (Lessing); im katholischen Süddeutschland ›hölzerne Bildsäule‹, "Bildstock", Heiligenstock; Bienenstock, ursprünglich ein ausgehöhlter Stamm; übertragen
1.4 nach der Vorstellung von Masse, süddeutsch ›Bergmassiv‹, Gebirgstock; auch ›Grundlage‹, häufig im Finanzwesen die einkünfte… geniessen, und den stock… erhalten (1765; L059 DWb), so auch in Eierstock; dem Begriff des Steifen, Starren folgend besonders als Bestimmungswort stocksteif, stockstill, von da aus ⇓ "S228" verstärkend stockdumm (um 1650), stockdunkel, stockfinster, stockblind auch zur Bezeichnung verhärteter Einstellungen bzw. typisierend stockkatholisch, Stockbayer, Stockschwabe, stockkonservativ (20. Jahrhundert), stockaristokratisch (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 3.12.12), Stockrealist (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 28.4.98);
2 ›Geschoß, Etage‹ (mittelniederdt. 1563; L275 Karl Schiller/ L275 August Lübben) verkürzt aus älterem Stockwerk (um 1500, Lehnübertragung von opus contabulatum), ↑ "Etage"; bezeichnet wohl ursprünglich die Balkeneinfassung, die dann mit Mauerwerk ausgefüllt wurde; landschaftlich dafür Gestock. Indem bald nur das Fundament massiv ausgemauert wurde, bald auch das Erdgeschoß, konnte entweder dieses als erster Stock bezeichnet werden oder das zunächst darüber liegende, daher noch jetzt landschaftlich Schwanken im Sprachgebrauch (L171 Paul Kretschmer 538; L066 Jürgen Eichhoff, Karte 4–1 und 4–2; vgl. ↑ "Erdgeschoß"), in diesem Sinn unter dem Einfluß von Stockwerk zuweilen Neutrum.
Stockfisch (1334; L059 DWb) ›gedörrter Kabeljau oder Dorsch‹, mit dem hansischen Handel als Fastenspeise aus mittelniederdt. stokvisk (nach dem Trocknen auf ›Stock‹-Gestellen, vgl. Klippfisch); seit dem 16. Jahrhundert als Scheltwort ›unempfindlicher, stumpfer Mensch‹;
Stockzahn mhd. (um 1350) stockzand; ›Mahlzahn‹, gelegentlich auch ›Backenzahn, Weisheitszahn‹ (↑ "Backe"); dazu vorwiegend alemann. auf dem Stockzahn lächeln ›heimlich lächeln‹ (Pestalozzi, G.Keller);
stocken zu Stock(1.4) mit dem Begriff des Steifen;
1 ursprünglich ⇓ "S132" medizinisch (2. Hälfte des 16. Jahrhunderts; L059 DWb) ›gerinnen‹ vom Blut; allgemeiner ›dick, fest werden‹, als Partizip attributiv gestockte [›saure‹] milch (1695; L059 DWb); übertragen ›stillstehen‹, zum Ausdruck von Schrecken das Blut, Herz, der Atem stockt; ⇓ "S138" auf die Unterbrechung einer Bewegung bezogen die maschine stockte (E.T.A.Hoffmann; L059 DWb), stockendes treibrad (1767ff.; L059 DWb), daran anschließend Gegensatz zu "fließen", "laufen": mein Handel stockt jetzt ganz und gar(Sachs), der verkehr stockte (Fontane; L059 DWb), Perfekt mit haben: Unternehmungen… , die bisher gestockt hatten(Gervinus); auf den Redefluß bezogen Fragt er euch was, nur nicht gestockt!(A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 2,1), häufig im Partizip Präsens; Substantiv
⊚ ins Stocken geraten; seit dem 18. Jahrhundert (vgl. L003 Johann Christoph Adelung 1775)
2 ›durch Feuchtigkeit (eigentlich stehende Luft) verderben, modern‹: So stockt, so kehrt in Moder nach und nach… die Lust des Lebens (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Natürliche Tochter 1538f.), ↑ "verstocken"; zu (1)
Stockung (L308 Kaspar Stieler); zu (2)
Stockfleck (L033 Joachim Heinrich Campe 1810);
stockig (L308 Kaspar Stieler 1691 stockicht);
1 zu stocken(1), auch mit dem Umlaut stöckig; heute nur noch landschaftlich ›sich nicht von der Stelle rührend, unlenksam‹: ein stöckiges Pferd (Goethe); übertragen ›störrisch‹: wie stockig die Dienstboten oft sind(Auerbach); auch ›dickflüssig‹ stockiges Blut; seit dem 18. Jahrhundert zu stocken(2)
2 ›durch Feuchtigkeit verdorben, dumpf‹: die Wäsche ist stockig (L003 Johann Christoph Adelung 1775);
Stöckel Neutr. , ⇓ "S050" Diminutiv zu Stock (L033 Joachim Heinrich Campe);
1 ›kleiner Klotz‹, besonders ›Stiefelabsatz‹, daher Stöckelschuh (G.Keller; L059 DWb) ›Schuh mit hohem Absatz‹, dazu umgangssprachlich stöckeln ›auf Stöckelschuhen trippeln‹;
2 ⇓ "S164" österreichisch ›alleinstehendes einstöckiges Haus‹.
1.1 ›Baumstumpf mit Wurzelwerk‹, dazu
⊚ über Stock und Stein (mhd. ) ursprünglich von unwegsamem Gelände; daneben
1.2 ›kleinere, holzige Pflanze‹, dazu Weinstock, Rebstock, Rosenstock (vgl. "Liebstöckel"), namentlich in bezug auf Topfgewächse (16. Jahrhundert);
1.3 auf verfertigte Gegenstände bezogen mit verschiedenen Spezialisierungen ›Gerät‹: Stock als Stütze, am Stock gehen(J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), heute redensartlich übertragen umgangssprachlich ›ruiniert sein‹, Krückstock, Spazierstock; Stock zum Prügeln, Ladestock; mittelhochdeutsch ›ausgehöhlter Klotz, an oder in den ein Gefangener geschlossen wird‹, daher in den Stock legen, Stockhaus ›Gefängnis‹, Stockmeister ›Kerkermeister‹; auch mittelhochdeutsch ›ausgehöhlter Baumstumpf als Büchse für Geldsammlungen‹, Kirchenstock, Opferstock: sagt an, her Stoc (Walther v. d.Vogelweide 34,14); als Grundwort in weiteren fachsprachlichen Spezialisierungen: Schraubstock, Prägestock; im Druckerwesen (1634; L160 Heinrich Klenz, Druckersprache) Buchdruckerstock als Form eines Holzschnittes, und danach auch ›Holzschnitt‹, namentlich ›Vignette‹ ein sauberes Stöckchen, welches das Titelblatt ziert (Lessing); im katholischen Süddeutschland ›hölzerne Bildsäule‹, "Bildstock", Heiligenstock; Bienenstock, ursprünglich ein ausgehöhlter Stamm; übertragen
1.4 nach der Vorstellung von Masse, süddeutsch ›Bergmassiv‹, Gebirgstock; auch ›Grundlage‹, häufig im Finanzwesen die einkünfte… geniessen, und den stock… erhalten (1765; L059 DWb), so auch in Eierstock; dem Begriff des Steifen, Starren folgend besonders als Bestimmungswort stocksteif, stockstill, von da aus ⇓ "S228" verstärkend stockdumm (um 1650), stockdunkel, stockfinster, stockblind auch zur Bezeichnung verhärteter Einstellungen bzw. typisierend stockkatholisch, Stockbayer, Stockschwabe, stockkonservativ (20. Jahrhundert), stockaristokratisch (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 3.12.12), Stockrealist (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 28.4.98);
2 ›Geschoß, Etage‹ (mittelniederdt. 1563; L275 Karl Schiller/ L275 August Lübben) verkürzt aus älterem Stockwerk (um 1500, Lehnübertragung von opus contabulatum), ↑ "Etage"; bezeichnet wohl ursprünglich die Balkeneinfassung, die dann mit Mauerwerk ausgefüllt wurde; landschaftlich dafür Gestock. Indem bald nur das Fundament massiv ausgemauert wurde, bald auch das Erdgeschoß, konnte entweder dieses als erster Stock bezeichnet werden oder das zunächst darüber liegende, daher noch jetzt landschaftlich Schwanken im Sprachgebrauch (L171 Paul Kretschmer 538; L066 Jürgen Eichhoff, Karte 4–1 und 4–2; vgl. ↑ "Erdgeschoß"), in diesem Sinn unter dem Einfluß von Stockwerk zuweilen Neutrum.
Stockfisch (1334; L059 DWb) ›gedörrter Kabeljau oder Dorsch‹, mit dem hansischen Handel als Fastenspeise aus mittelniederdt. stokvisk (nach dem Trocknen auf ›Stock‹-Gestellen, vgl. Klippfisch); seit dem 16. Jahrhundert als Scheltwort ›unempfindlicher, stumpfer Mensch‹;
Stockzahn mhd. (um 1350) stockzand; ›Mahlzahn‹, gelegentlich auch ›Backenzahn, Weisheitszahn‹ (↑ "Backe"); dazu vorwiegend alemann. auf dem Stockzahn lächeln ›heimlich lächeln‹ (Pestalozzi, G.Keller);
stocken zu Stock(1.4) mit dem Begriff des Steifen;
1 ursprünglich ⇓ "S132" medizinisch (2. Hälfte des 16. Jahrhunderts; L059 DWb) ›gerinnen‹ vom Blut; allgemeiner ›dick, fest werden‹, als Partizip attributiv gestockte [›saure‹] milch (1695; L059 DWb); übertragen ›stillstehen‹, zum Ausdruck von Schrecken das Blut, Herz, der Atem stockt; ⇓ "S138" auf die Unterbrechung einer Bewegung bezogen die maschine stockte (E.T.A.Hoffmann; L059 DWb), stockendes treibrad (1767ff.; L059 DWb), daran anschließend Gegensatz zu "fließen", "laufen": mein Handel stockt jetzt ganz und gar(Sachs), der verkehr stockte (Fontane; L059 DWb), Perfekt mit haben: Unternehmungen… , die bisher gestockt hatten(Gervinus); auf den Redefluß bezogen Fragt er euch was, nur nicht gestockt!(A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 2,1), häufig im Partizip Präsens; Substantiv
⊚ ins Stocken geraten; seit dem 18. Jahrhundert (vgl. L003 Johann Christoph Adelung 1775)
2 ›durch Feuchtigkeit (eigentlich stehende Luft) verderben, modern‹: So stockt, so kehrt in Moder nach und nach… die Lust des Lebens (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Natürliche Tochter 1538f.), ↑ "verstocken"; zu (1)
Stockung (L308 Kaspar Stieler); zu (2)
Stockfleck (L033 Joachim Heinrich Campe 1810);
stockig (L308 Kaspar Stieler 1691 stockicht);
1 zu stocken(1), auch mit dem Umlaut stöckig; heute nur noch landschaftlich ›sich nicht von der Stelle rührend, unlenksam‹: ein stöckiges Pferd (Goethe); übertragen ›störrisch‹: wie stockig die Dienstboten oft sind(Auerbach); auch ›dickflüssig‹ stockiges Blut; seit dem 18. Jahrhundert zu stocken(2)
2 ›durch Feuchtigkeit verdorben, dumpf‹: die Wäsche ist stockig (L003 Johann Christoph Adelung 1775);
Stöckel Neutr. , ⇓ "S050" Diminutiv zu Stock (L033 Joachim Heinrich Campe);
1 ›kleiner Klotz‹, besonders ›Stiefelabsatz‹, daher Stöckelschuh (G.Keller; L059 DWb) ›Schuh mit hohem Absatz‹, dazu umgangssprachlich stöckeln ›auf Stöckelschuhen trippeln‹;
2 ⇓ "S164" österreichisch ›alleinstehendes einstöckiges Haus‹.