Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Stern
1 ⇓ "S087" starkes Mask. , ahd. sterno, sterro, mhd. sterne, sterre schwaches Mask. , gemeingermanisch (engl. star) mit Verwandtschaft in anderen indogermanischen Sprachen (griech. aster, lat. stella); Plural Sternen noch zuweilen bei neueren Dichtern; die schwache Form noch in Zusammensetzungen wie Sternenschein, Sternenzelt. Die jetzige Form des Singulars wohl einerseits Kürzung aus sterne, andererseits aber aus sterren entstanden mit Übertritt des -nin den Nominativ;1 ›Himmelskörper‹, allgemein Gegensatz "Mond", "Sonne", "Erde": Laßt immerhin den Sternen ihre Bahn!(A131 Friedrich Hölderlin, Der Jüngling an die klugen Ratgeber); fachsprachlich Gegensatz "Mond", daher auch ›Erde‹: der Stern, auf dem du lebst und wohnest (Schiller; L033 Joachim Heinrich Campe), Der Mond kann eine Erde sein mit Bergen und Tälern, und die Erde kann ein Stern sein (B.A025 Bertolt Brecht, Galilei; 3,1250); symbolisch, in der Weihnachtsgeschichte: Vnd sihe / der Stern den sie im Morgenland gesehen hatten, gieng fur jnen hin (A180 Martin Luther, Matthäus 2,9), im Märchen: Und wie es so stand… fielen… die Sterne vom Himmel, und waren lauter harte blanke Taler (Brüder A087 Jacob und Wilhelm Grimm, Sterntaler); zum Ausdruck von Unerreichbarkeit: unsere kinderphantasie… berührte die sterne (Herder; L059 DWb); seit dem Mittelhochdeutschen als Gegenstand der Astrologie der übernatürlichen sternen auslegung (1616 Paracelsus; L059 DWb), mit Bezug auf ihre schicksalbestimmende Macht: Er ist in einem guten Stern geboren(L308 Kaspar Stieler), Unter einem glucklichen Sterne… geboren sein (L033 Joachim Heinrich Campe), Willkommen zu dem Stern der Stunde (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,6832), in den Sternen stehen ›ungewiß sein‹; bis ins 18. Jahrhundert weiterentwickelt ›Schicksal‹: ein Unhold lauert hinter / Den Strahlen deines Sterns (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Tod 5,5), auch synonym "Glück": mir leuchtet Glück und Stern (Goethe; Ch.L042 Christa Dill);
2 übertragen, seit dem Mittelhochdeutschen Bezeichnung für Wirtshäuser: ze dem stern ze Augsburg (1358; L059 DWb); ›Pupille‹, dazu Augenstern; bei Pferden ›Blesse‹ (16. Jahrhundert); seit dem 17. Jahrhundert als Lehnbedeutung nach engl. star(↑ 3"Star") von bekannten Personen: dergleichen leute… vor helleuchtende sternen angesehen zu werden (Lohenstein; L059 DWb), im Kompositum Filmstern, heute vor allem im Diminutiv Sternchen, Filmsternchen verächtlich gegenüber aufwertendem Star; ⇓ "S118" Kosename in privater Sphäre: Ei, Thuschen! Sieh! Mein Stern! Was bringst du mir? (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Hermannsschlacht 3,3); sprachwissenschaftliches Symbol mit der Bedeutung ›erschlossene Form‹ (vgl. L320 Trübner); an Uniformen Rangabzeichen (L320 Trübner); zur Zeit des ⇓ "S145" Nationalsozialismus seit 1940 den Juden in Deutschland aufgezwungenes gelbes Stoffstück in Form des Davidsterns: Wenn ein Gestapobeamter Pflichteifer beweisen will… dann hat der Jude… ›den Stern verdeckt‹… Todesursache ist der verdeckte Stern (L158 Victor Klemperer, LTI 182). Dazu ⇑ "Gestirn", "Fixstern", "Planet", "Komet".
Sternbild (1646 Harsdörffer) für älteres Himmelzeichen;
Sternfahrt (1932; L059 DWb) ursprünglich im Sinn einer Wettfahrt, heute vor allem politisch ›Demonstration, deren Teilnehmer sich aus unterschiedlichen Richtungen auf ein Zentrum zu bewegen‹, ebenso Sternmarsch;
Sternschnuppe (L003 Johann Christoph Adelung 1780), dafür Anfang des 18. Jahrhunderts Sternschneuze, 17. Jahrhundert Sternbutze, Sternputze;
Sternstunde ursprünglich (bei Goethe, Schiller) auch Sternenstunde; ›Schicksalsstunde‹, zumeist zur Bezeichnung außergewöhnlich bedeutender Ereignisse: Sternstunde der Menschheit, der Geschichte;
sternvoll umgangssprachlich intensivierend welcher… in der nacht sternvoll besoffen heimkam (Grimmelshausen; L059 DWb), heute zumeist
sternhagelvoll (früheres 19. Jahrhundert; L059 DWb);
Sternwarte (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), für Observatorium.
2 ⇓ "S087" Mask. ⇓ "S196" ›Heck des Schiffes‹, Ende des 18. Jahrhunderts nach engl. stern, das auf altnord. stjórn ›Schiffssteuer‹ zurückgeht.
2 übertragen, seit dem Mittelhochdeutschen Bezeichnung für Wirtshäuser: ze dem stern ze Augsburg (1358; L059 DWb); ›Pupille‹, dazu Augenstern; bei Pferden ›Blesse‹ (16. Jahrhundert); seit dem 17. Jahrhundert als Lehnbedeutung nach engl. star(↑ 3"Star") von bekannten Personen: dergleichen leute… vor helleuchtende sternen angesehen zu werden (Lohenstein; L059 DWb), im Kompositum Filmstern, heute vor allem im Diminutiv Sternchen, Filmsternchen verächtlich gegenüber aufwertendem Star; ⇓ "S118" Kosename in privater Sphäre: Ei, Thuschen! Sieh! Mein Stern! Was bringst du mir? (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Hermannsschlacht 3,3); sprachwissenschaftliches Symbol mit der Bedeutung ›erschlossene Form‹ (vgl. L320 Trübner); an Uniformen Rangabzeichen (L320 Trübner); zur Zeit des ⇓ "S145" Nationalsozialismus seit 1940 den Juden in Deutschland aufgezwungenes gelbes Stoffstück in Form des Davidsterns: Wenn ein Gestapobeamter Pflichteifer beweisen will… dann hat der Jude… ›den Stern verdeckt‹… Todesursache ist der verdeckte Stern (L158 Victor Klemperer, LTI 182). Dazu ⇑ "Gestirn", "Fixstern", "Planet", "Komet".
Sternbild (1646 Harsdörffer) für älteres Himmelzeichen;
Sternfahrt (1932; L059 DWb) ursprünglich im Sinn einer Wettfahrt, heute vor allem politisch ›Demonstration, deren Teilnehmer sich aus unterschiedlichen Richtungen auf ein Zentrum zu bewegen‹, ebenso Sternmarsch;
Sternschnuppe (L003 Johann Christoph Adelung 1780), dafür Anfang des 18. Jahrhunderts Sternschneuze, 17. Jahrhundert Sternbutze, Sternputze;
Sternstunde ursprünglich (bei Goethe, Schiller) auch Sternenstunde; ›Schicksalsstunde‹, zumeist zur Bezeichnung außergewöhnlich bedeutender Ereignisse: Sternstunde der Menschheit, der Geschichte;
sternvoll umgangssprachlich intensivierend welcher… in der nacht sternvoll besoffen heimkam (Grimmelshausen; L059 DWb), heute zumeist
sternhagelvoll (früheres 19. Jahrhundert; L059 DWb);
Sternwarte (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), für Observatorium.
2 ⇓ "S087" Mask. ⇓ "S196" ›Heck des Schiffes‹, Ende des 18. Jahrhunderts nach engl. stern, das auf altnord. stjórn ›Schiffssteuer‹ zurückgeht.