Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
stecken
zu ↑ "stechen"; ahd. (neben sticken und steckon) transitiv stecchen, intransitiv stecken, ersteres also Kausativum zu letzterem, seit dem Frühneuhochdeutschen zusammengefallen;1 transitiv, zunächst
1.1einen Gegenstand durch Stoß in einen anderen hineinbringen‹: eine Nadel in ein Kleid, den Degen in die Scheide, einen Pfahl in die Erde, den Schlüssel in das Schlüsselloch, etwas in die Tasche, in den Beutel, in den Mund stecken; technisch Bohnen, Kartoffeln, Pflanzen steckensetzen‹; dann auch, wo kein eigentlicher Stoß, nur überhaupt eine Nötigung stattfindet
1.2etwas/ jmdn. an einen bestimmten Ort bringen‹: jmdn. ins Gefängnis (↑ "einstecken"[2]), unter die Soldaten stecken;
1.3befestigen, unterbringen‹, mit anverbunden einen Braten an den Spieß, einen Ring an den Finger, einen Strauß an den Busen stecken, mit anderen Präpositionen: ein Licht auf den Leuchter, eine Feder auf den Hut, etwas unter die Bank, hinter den Spiegel stecken (↑ "Spiegel");
1.4 mit Zustandsbeziehung in Brand stecken; übertragen ein Ziel, Grenzen stecken; Geld, Arbeit in etwas stecken;
jmdm. etwas steckenheimlich Nachricht von etwas geben‹: Meine Tante nahm mich gleich auf die Seite und steckte mir, daß der Vater meine Schreibereien untersucht hätte (A172 Friedrich Laukhard, Leben 1,61), anders umgangssprachlich: dem habe ich es gestecktdem habe ich gründlich meine Meinung gesagt‹; Partizip Perfekt gesteckt voll (süddt.) ›vollgepfropft, so daß nichts mehr hineinkann‹;
2 intransitiv, wohl unter Einfluß von "stechen" auch stark flektiert neben der allgemeinen Unterscheidung zwischen transitiver und intransitiver in schwacher und starker Flexion; süddeutsch Perfekt mit sein; zunächst wie transitiv die Nadel steckt im Kleid, das Geld in der Tasche, der Soldat im bunten Rock, der Braten am Spieß, der Ring am Finger, das Licht auf dem Leuchter, ein Kapital in Aktien, der Mann in Schulden; ferner im Kot, im Schmutz, in der Not stecken; eine Krankheit steckt in jmdm. ; in Verbindung mit "voll" Vertauschung des Subjekts: das Kissen steckt voller Nadeln. Der Ort, wo etwas steckt, kann hinzugedacht werden: der Schlüssel steckt; so namentlich steckenbleiben, daher weiterentwickelt zu ›nicht mehr weiter können‹, in der Rede steckenbleiben; umgangssprachlich ›sich an einem bestimmten Ort befinden‹: er steckt immer bei Müllers, wo steckst du?,
⊚⊚ dahinter steckt etwas, mit jmdm. unter einer Decke stecken (↑ "Decke"); dazu abstecken, hochstecken, wegstecken, zurückstecken, ⇑ "Besteck", "aufstecken", "einstecken", "verstecken".
Steckbrief (1551; Otto, in: L239 PBB(H) 97,240); so genannt, weil er zum Inhaftieren (s. oben stecken[1.2]) einer Person angeordnet wird: hafft- oder steckbrieffe (1555), Synonym Fangbrief (L059 DWb), ↑ "Brief";
Stecknadel 1420 stickenalde(L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt);
⊚⊚ jmdn. / etwas wie eine Stecknadel suchen: ihr frauenzimmer suchte sie, nach dem sprichworte, wie eine stecknadel(Musäus; L059 DWb), eine Stecknadel im Heuhaufen suchen(vgl. L333 Karl Friedrich Wilhelm Wander) von aussichtslosem Tun;
StecklingPflanzenteil, der zum Anwachsen in die Erde gesteckt wird‹, auch Steckreis, "Setzling"; Vermehrung durch Stecklinge (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 20.3.25);
Stecken starkes Mask. , ahd. stecko, mhd. stecke schwaches Mask. (↑ "Backe"), altgermanisch zu "stechen", stecken, ↑ "Stake" (altnord. stikka, engl. stick); (süddeutsch) ›Stange‹; bei A180 Martin Luther"S007" Dein Stecken vnd Stab trösten mich (Psalm 23,4);
Steckenpferd um 1600 auf das Kinderspielzeug bezogen (vgl. niederdt. stokpaardje); 1763 ⇓ "S027" übertragen (heute veraltend) ›Hobby, Freizeitbeschäftigung‹ nach dem engl. hobby-horse durch Zückerts Übersetzung von Sternes Tristam Shandy üblich geworden (L360 ZDW13,124); heute häufig auch ›liebenswerte Marotte‹;
Steckerelektrischer Steckkontakt‹ 9.1.1908 (Pat. Nr. 210352), dazu Bananenstecker (L320 Trübner).
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