Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
stechen
ahd. stehhan, mhd. stechen, deutsch-niederländisch-friesisch, verwandt mit griech. stígma ›Stich‹, lat. instigare ›anstacheln‹; dazu ⇑ "Stich", "stecken", "sticken", "Stachel";1mit einem spitzen Gegenstand verletzen‹,
1.1 mit persönlichem Subjekt, Objekt im Akkusativ er stach ihn mit dem Spieß, mit Richtungsbezeichnungen auf Körperteile bezogen wie bei "treten" Schwanken zwischen Dativ und Akkusativ jmdn. / jmdm. in den Arm stechen, du wirst ihn in die Ferse stechen (Luther), er hat mir ins Herz gestochen; reflexiv Und wie sie so nähte… stach sie sich mit der Nadel in den Finger (Brüder A087 Jacob und Wilhelm Grimm, Sneewittchen);
⊚⊚ in ein Wespennest stechen (↑ "Wespennest"), Silben stechen »sich zu ängstlich und pedantisch mit Aufsuchung des Wortverstandes abgeben« (L003 Johann Christoph Adelung 1775); fachsprachlich speziell, ›töteneine Sau stechen (L308 Kaspar Stieler), im mittelalterlichen Turnierwesen ›mit der Lanze kämpfen‹ (dazu Stechbahn [16. Jahrhundert], heute nur noch Straßenbezeichnung), danach im ⇓ "S205" Reitsport ›den Sieger ermitteln bei Punktgleichstand‹, danach auch beim Kartenspiel, der Vorstellung miteinander kämpfender Karten folgend: das höher sticht das vnder (Geiler von Kaisersberg; L059 DWb); Rasen stechen (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), Torf stechenabheben‹, ›gewinnen‹; maister Lucas, der in kupffer sticht(Dürer; L059 DWb) ›ritzen‹, übertragen zur Bezeichnung höchster Akkuratesse eine hand… wie gestochen (L059 DWb); Star stechenentfernen‹; ⇓ "S196" seemannssprachlich ›auf Fahrt gehen‹, besonders in See stechen (1629; L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache);
1.2 mit sächlichem Subjekt Es hat ihn eine Biene gestochen (L308 Kaspar Stieler), Röslein sprach, ich steche… dich… wehrte sich und stach (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Heidenröslein), dazu Stechfliege, Stechmücke, Stechapfel, Stechpalme; seit dem 18. Jahrhundert ›hervorschauen, herausragenSaatenspitzen stechen aus den Furchen (1788; L320 Trübner); in festeren Verbindungen wenn böse zungen stechen(P.Gerhardt; L059 DWb) ›verleumderisch reden‹,
⊚⊚ jmdn. sticht der Hafer (frühnhd. das Futter) auf den Übermütigen bezogen (eigentlich vom Pferd, das bei zu gutem Futter wählerisch und ungeduldig wird), jmdm. in die Augen stechen (1681; L059 DWb) ›auffallen‹, dazu "abstechen", hervorstechen, stechenden blick (Jean Paul; L059 DWb); übertragen
2"S216" auf andere Sinneswahrnehmungen, stechent smerzen (Konrad von Megenberg; L059 DWb), das stechen der syten [›Seiten‹] (1517; L059 DWb), wie "brennen": heisz heisz wie sticht die sonn(1575; L059 DWb), wie "beißen": stechenden geruch (Liebig; L059 DWb), bereits mittelhochdeutsch auf seelischen Schmerz bezogen: daz mich noch sticht als ez do stach (Walther v. d.Vogelweide; L059 DWb); zu "Stich" ›Nuance‹: die Farbe sticht ins Grüneist leicht grünlich‹.
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