Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Statt
1 ahd. / mhd. stat, Genitiv stete (got. staþs Mask. ) ›Stelle, Ort‹, ⇓ "S049""S052" frühneuhochdeutsche Abspaltung "Stadt"; zu ↑ "stehen"; wir haben hie kein bleibende stad (A180 Martin Luther, Hebräer 13,14); sprichwörtlich ein gutes Wort findet eine gute Statt; zuweilen ⇓ "S148" bei neueren Dichtern wiederbelebt: zur blutgedüngten Statt(Chamisso); v. a. erhalten in "Werkstatt" (Plural Werkstätte Lessing, Goethe, gewöhnlich Werkstätten), ⇑ "Heimstatt", "Hofstatt" ›Stelle, auf der ein Hof steht‹, Freistatt, auch Lagerstatt, Ruhestatt neben Ruhestätte, Bettstatt, Bettstätte neben gewöhnlich Bettstelle; ebenso erhalten als Ausdruck für Stellvertretung: an Kindesstatt annehmen (L169 Matthias Kramer), nicht so allgemein an Vaterstatt, Mutterstatt, an der Tochter Statt (Goethe); an Eidesstatt (L169 Matthias Kramer) (↑ "Eid"), frühneuhochdeutsch an eines aids stat; an meiner, deiner Statt; mit nachgestelltem Genitiv: deine Seele an stat seiner seele (A180 Martin Luther, 1.Könige 20,39), an meiner statt, mhd. an sine stat, an eines anderen Stat (L200 Josua Maaler), jetzt Statt fast immer dativisch, früher auch in manchen Fällen akkusativisch: der König setzte Benoia an seine Statt übers Heer (Luther); ↑ "bestatten";2 präpositional
statt (17. Jahrhundert) gekürzt aus ↑ "anstatt"; bereits mittelhochdeutsch mit der Vorstellung der Stellvertretung, wobei zwei Handlungsweisen einander gegenübergestellt werden, frühneuhochdeutsch häufiger mit Akkusativ, veraltet auch mit Dativ, dieses statt jenem (Lessing), statt frischem Blut (Wieland), statt der Liebe süßem Wahn (Goethe), statt Dolchen des Gewissens(Schiller); konjunktional gebraucht: wie ging es zu, daß wir uns statt im Bett unausgekleidet auf den Stühlen fanden (Hebbel); daß die alten Baronessinnen mir statt lächerlich ganz greulich und gespenstisch erschienen (E.T.A.Hoffmann); statt einen Drachen durchstach die Lanze das Aas einer toten Katze (Heine) (der Akkusativ nicht von statt, sondern von durchstach abhängig); daher auch statt daß, statt daß zu (18. Jahrhundert), statt zu gehen, statt, daß er gehen sollte (L033 Joachim Heinrich Campe), auch diese Konstruktion kann einen Gegensatz einleiten: wenn er, statt daß seine Mitschüler sich miteinander unterredeten, einsam vor sich weg ging (Moritz), es ist hier schon ein bestimmteres Objekt, was den Kräften ihre Tätigkeit anweist, statt daß ich bei neuen rohen Stoffen zu oft leer greifen muß (Schiller);
stattfinden ahd. stat finden, mhd. stat vinden, im Kompositum seit dem 19. Jahrhundert; ›vor sich gehen, sich ereignen‹, bis ins 18. Jahrhundert auch ›vorhanden sein‹: finden daselbst auch Wein und Mädchen statt (Lessing); im 18. Jahrhundert ›am Platz, angebracht sein‹: deine Bitte hat Statt gefundenist erhört‹ (Schiller), daß ihr Zweck nicht mehr stattfindet(Goethe), als attributives Adjektiv die stattgefundene Versammlung noch unzulässig (Duden. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 41998, §332); entsprechend
stattgeben mhd. stat geben, stattgeben 1541 (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt): meiner Bitte Statt geben (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,164,17), heute vor allem rechts- und behördensprachlich;
Statthalter (1410; L059 DWb), ⇓ "S124" Lehnübersetzung von lat. locum tenens, ↑ "Leutnant"; ursprünglich allgemein ›Stellvertreter‹; daneben speziell juristisch: ain vogther oder sin statthalter(1466; L320 Trübner), ⇓ "S110" kirchensprachlich vom Papst er ist ein stathalter Christi ym hymel (Luther; L320 Trübner); seit dem 18. Jahrhundert (L003 Johann Christoph Adelung 1780) fast nur noch auf das politische Stellvertreteramt bezogen; heute nur noch ⇓ "S195" schweizerisch;
Stätte aus dem mhd. Plural (Nom. / Gen. / Akk. ) stete, frühnhd. Plural Stätte, ⇓ "S052" seit dem 16. Jahrhundert für Statt ; Wie heilig ist diese Stet (A180 Martin Luther, 1.Mose 28,17), euer… Streit, der… nicht Raum noch Stätte der Versöhnung gab (A222 Friedrich Schiller, Braut 2,5), seit dem 18. Jahrhundert allgemein durch "Stelle" abgelöst und gehoben, außer in Zusammensetzungen "Gaststätte", "Heimstätte", "Raststätte", Brandstätte, Gedenkstätte, Kultstätte, Sportstätte, Werkstätte, Wohnstätte.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Statt