Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Spott
ohne Plural, ahd. / mhd. spot, hochdt./ niederdt., in den skandinavischen Sprachen gleichlautend, verwandt mit ↑ "speien" (vgl. lat. despuere ›verabscheuen‹); ursprünglich, seit dem 18. Jahrhundert veraltet (L003 Johann Christoph Adelung 1780) ›Scherz, Spaß‹; daneben seit dem Althochdeutschen in heutiger Bedeutung ›Hohn, schadenfrohe Herabsetzung‹,1.1 auf den sprachlichen Ausdruck bezogen Spott treiben, ursprünglich präpositional meinen spot… aus jm treiben (Luther; L059 DWb), Dem Spotte Anderer ausgesetzt sein (L033 Joachim Heinrich Campe), präpositional, im Vergleich ranken, / die wie zum spott noch schmücken thor und mauern (Eichendorff; L059 DWb), so auch im Spott; in festen Verbindungen Schande und Spott, Hohn und Spott(beide Luther); sprichwörtlich wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen (↑ "Schaden"); auf das Mienenspiel bezogen: gesichtsmuskeln, wie sie in leichtem spott um den mund… spielten (Hauff; L059 DWb);
1.2Gegenstand des Spottswirst… ein Sprichwort vnd Spot sein vnter allen Völckern (A180 Martin Luther, 5.Mose 28,37), Taumel, Reue, Tugend, Spott der Welt (A131 Friedrich Hölderlin, Das menschliche Leben); seit dem Frühneuhochdeutschen bis ins 19. Jahrhundert übertragen zur Bezeichnung von Geringfügigkeit um ein spott… wohlfeil gegeben(1514; L059 DWb) »eine ungute und auch wenig gewöhnliche Bedeutung« (L033 Joachim Heinrich Campe), die sich als Bestimmungswort erhalten hat in
Spottgeld (1695; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt),
Spottpreis (1768; ebenda),
spottwenig (Mitte des 19. Jahrhunderts; L059 DWb); im Anschluß an (1.1) ⇓ "S228" verstärkend
spottbillig (L264 Daniel Sanders),
spottschlecht (Mitte des 19. Jahrhunderts; L059 DWb); die kollektivierende Ableitung
Gespött (mhd. ): O Deutschland, bleiche Mutter! / … / Ein Gespött oder eine Furcht! (B.A024 Bertolt Brecht, Deutschland); ›Gegenstand des Spotts‹ präpositional in verbalen Fügungen mit werden: Macht sie truncken… Auff das sie… zum gespött werde (A180 Martin Luther, Jeremia 48,26), mit machen und Akkusativ, auch reflexiv
sich zum Gespött machen (L033 Joachim Heinrich Campe);
Spottgeburt als Gegenstand der Verachtung du Spottgeburt von Dreck und Feuer!(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,3536);
Spottgedicht (2. Hälfte des 16. Jahrhunderts) ein… spottgedicht auf die seeleneintracht zweier sich zu grunde richtenden eheleute (I.Kant; L059 DWb);
Spottschrift bei Stieler im Plural »satyrica« (ebenda);
SpottvogelVogel, der andere Tierlaute nachahmen kann‹: der häher eyn spottvogel ist(1494 Brant; L059 DWb), gelegentlich statt Spottdrossel (L264 Daniel Sanders); bei Brant (und zuvor) auch auf Menschen bezogen: der… auf literarische thoren hackende spottvogel (Jean Paul; L059 DWb), »in älterer sprache« (L059 DWb) auch zu eim spottvogel machen (Waldis; ebenda), auch Luther;
spotten ahd. spotton; bis ins 18. Jahrhundert auch
1scherzen‹, Anklänge erhalten in noch gebräuchlichem ich spotte nicht (L305 Christoph Ernst Steinbach) ›ich meine es ernst‹; Spott(1.1) folgend
2jmds. Ehre angreifen‹, mit verächtlichen Worten zum Ausdruck von Überlegenheit wie "schikanieren", absolut gebraucht Ihr spottet, Sir zur Härte fügt Ihr noch den bittern Hohn! (A222 Friedrich Schiller, Stuart 1,1), Doch mich verletzt ihr spottend wort(S.A067 Stefan George, Seefahrt); im Gegensatz zu ⇑ "beleidigen", "höhnen" auch zum Zweck der Belustigung: lasz sie spotten, lasz sie lachen(P.Gerhardt; L059 DWb); ↑ "hänseln", wie "beschimpfen", "höhnen" speziell ›verachten‹, häufig mit sächlichem Objekt (18. Jahrhundert), veraltet mit Dativ Und [ich]spottete dem schatten einer ehre(S.A067 Stefan George, Nachthymne), veraltend mit Genitiv Es sind nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Nathan 4,4), erhalten vor allem in der fest gewordenen Fügung
das spottet jeder Beschreibung (L059 DWb) zur Bezeichnung von Unerhörtem: das Problem. Was mit diesem Wort… für ein Unfug getrieben wird, spottet jeder Beschreibung (A266 Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke 2,401); seit dem 18. Jahrhundert vor allem präpositional über etwas spotten (L003 Johann Christoph Adelung 1780); dazu "verspotten" und das ⇓ "S099" Iterativum
spötteln (1522; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) in abgeblaßter Bedeutung von spotten, häufig im Partizip Präsens fragte mich spöttelnd, ob die Gräfin… keinen Anfall… gehabt hätte (A222 Friedrich Schiller, Fiesko 3,4);
Spötter ahd. spottari, mhd. spottære, spötter, bis ins 16. Jahrhundert auch unumgelautet; auch mit Genitiv spötter der religion (Herder; L059 DWb);
spöttisch (1525; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); spöttische Rede (L308 Kaspar Stieler), häufig auf den Gesichtsausdruck bezogen: ein schöner Mund, der sich ein wenig spöttisch verziehet (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti 1,4), auf den Klang der Stimme: Mit dem spöttischen Ton kommen wir nicht weiter (A222 Friedrich Schiller, Der Neffe als Onkel, 2,8).
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