Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
spitz
ahd. spizzi, mhd. spiz, spitze, verwandt mit ↑ "Spieß"; seit dem 18. Jahrhundert für bis dahin gebräuchlicheres spitzig (s. unten) lexikographisch erfaßt (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741), noch von L004 Johann Christoph Adelung dem »gemeinen Leben« zugewiesen; Gegensatz "stumpf";1.1 mit der Vorstellung des Scharfen, Stechenden: ein spitzes Messer (L003 Johann Christoph Adelung 1780), danach übertragen auf verletzendes Sprechen: mit spitzen… worten, spitz zünglin (beide Luther), adverbial ›schade‹, rief Clelia… spitz (Freytag; L059 DWb), mit spitzer Feder ›kritisch‹, bei L308 Kaspar Stieler spitzige Feder, dazu ↑ "Spitzname"; hierher auch redensartlich, ursprünglich niederdeutsch (vgl. L059 DWb), Ich kann es nicht spitz krigen »ich kann den Grund davon nicht einsehen« (L003 Johann Christoph Adelung 1780) nach der Vorstellung des Durchdringens, heute im festen Kompositum umgangssprachlich
⊚ etwas spitzkriegen ›herausbekommen‹;
1.2 auf die Gestalt bezogen, seit etwa 1400 ⇓ "S130" mathematisch spitzer Winkel (L276 Alfred Schirmer, Mathematik), die spitzen Türme mit ihren glänzenden Knöpfen (A202 Novalis, Ofterdingen; 1,298), spitze Nase häufig Empfindlichkeit ausdrückendes Attribut: werden… die nasen vieler tanten spitz (Freytag; L059 DWb); veraltet dazu übertragen auf fein und klug Erdachtes: spitze Fünde (s. unten Spitzbube, spitzfindig).
Spitz1 ⇓ "S087" Mask. ; umgangssprachlich ›kleiner Rausch‹ (16. Jahrhundert);
Spitz2 ⇓ "S087" Mask. , substantiviertes Adjektiv; Hundeart »mit einem langen nach der Schnautze zu zugespitzten Kopfe« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), auch Spitzhund, schwäbisch Spitzer;
Spitzbube Anfang des 16. Jahrhunderts (Luther); im Anschluß an spitz ›schlau‹ (s. unten spitzfindig) abwertend zunächst ›Falschspieler‹, dann allgemeiner (heute veraltend) ›Dieb, Betrüger‹: einen honneten Mann kann man aus jedem Weidenstotzen formen, aber zu einem Spitzbuben wills Grütz (A222 Friedrich Schiller, Räuber 2,3); auch abgemildert »Schmeichelwort«: Wart, du kleiner Spitzbube! (L033 Joachim Heinrich Campe);
spitzfindig (1512; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), bis ins 18. Jahrhundert auch spitzfündig; ursprünglich und bis ins 18. Jahrhundert (vgl. L003 Johann Christoph Adelung 1780) auch positiv gedeutet ›scharfsinnig‹, noch bei dem jungen Goethe tiefdenkende spitzfindige Weisheit; daneben zumeist abwertend, bis ins 18. Jahrhundert auch speziell: Spitzfündig zu betriegen (L200 Josua Maaler) von unredlichem Handeln; allgemein wie heute nur noch ›kleinlich ausgeklügelt‹: spitzfindige Antwort (L169 Matthias Kramer), adverbial gewolt spitzfindig disputiren (17. Jahrhundert; L059 DWb);
Spitzhacke (1744; L059 DWb), heute häufig
⊚ der Spitzhacke zum Opfer gefallen ›(unnötigerweise) abgerissen worden‹;
Spitzmaus ahd. spizzimus, mhd. spitzmus, ›mausähnliches Tier mit spitzer Schnauze‹; im Vergleich abwertend auf kleine, hagere Menschen bezogen: ein klein männlein mit einem gesicht wie eine spitzmaus (V. v.Scheffel; L059 DWb), heute zumal von Frauen;
spitzen ahd. spizzon, mhd. spitzen; transitiv einen Griffel (L305 Christoph Ernst Steinbach), Bleistift spitzen (L033 Joachim Heinrich Campe), symbolisch wo gott Amor / seine pfeile spitzte(Hölty; L059 DWb), den Mund spitzen, zum Küssen, Pfeifen, (kritischen) Sprechen: indem Menippus den Mund zu einer neuen Frage spitzte (Wieland),
⊚ die Ohren spitzen seit dem Mittelhochdeutschen eigentlich auf Tiere bezogen, dann auch vom aufmerksam horchenden Menschen »Das gemut auffrichte« (L200 Josua Maaler); verallgemeinert seit dem Mittelhochdeutschen reflexiv, zunächst noch von der körperlichen Anspannung: [er] sich gen ir minne spitzet / mit hoflichen gebarn (L059 DWb), auch auf das aufmerksame Schauen bezogen, daher noch mundartlich ›lauern, lugen‹; präpositional mit auf dann übertragen auf gespannte Aufmerksamkeit, speziell ›hoffen, sich freuen‹: Spitze dich nicht drauf (L308 Kaspar Stieler), rehbraten, auf den du dich… gespitzt hattest(Hebbel; L059 DWb); Zusammensetzungen ↑ "anspitzen",
überspitzen (L059 DWb) häufig im Partizip Prät. adverbial und attributiv; übertragen, zunächst auch »verfeinern«, heute nur abwertend ›übertreiben‹: eine überspitzte Forderung, etwas überspitzt formulieren (vgl. L097 GWb);
zuspitzen (Mitte des 16. Jahrhunderts; L059 DWb), transitiv und reflexiv; häufig im Partizip Prät. adverbial und attributiv; die horn sind… zu ende scharpf zugespitzt (1563; L059 DWb), ein Holz zuspitzen (L033 Joachim Heinrich Campe), etwas spitzet sich keilförmig zu(L264 Daniel Sanders); seit dem 19. Jahrhundert übertragen als zeitlicher Begriff von einer Entwicklung, zunächst auch positiv: begebenheiten… sich zu einem vergnügen zuspitzten (Lichtenberg; L059 DWb), mit Wertung ›ernster, kritischer werden‹: formel, in welcher dieser gegensatz sich zuspitzt (1866ff.; L059 DWb), häufig von Krisensituationen: Der Krieg spitzt die Versorgungslage zu, auf den sprachlichen Ausdruck bezogen ›(übertrieben) prägnant‹: zugespitzte ausdrucksweise (Mommsen; L059 DWb);
Spitze ahd. spizza;
1 ›dünn auslaufendes Ende‹, Spitz an einem blat / als stachpalmen, distel (L200 Josua Maaler), Spitze der Nase (L308 Kaspar Stieler), eines Schuhes (L033 Joachim Heinrich Campe) im Gegensatz zu "Absatz", »das Mundstück einer Tabakspfeife« (ebenda), Spitze für Cigarren (L264 Daniel Sanders), speziell auf Waffen bezogen Spitze des Degens (L308 Kaspar Stieler), übertragen
⊚ jmdm. die Spitze bieten (ebenda) ›sich einer Auseinandersetzung stellen‹; danach
1.1 »das Oberste an einem jeglichen Ding« (Hulsius; L059 DWb), Thurn [›Turm‹]… des spitze bis an den Himel reiche(A180 Martin Luther,1.Mose 11,4), Spitze des Berges (L308 Kaspar Stieler); dem Begriff der Höhe folgend übertragen bis zu den spitzen der metaphysik (I.Kant; L059 DWb),
⊚ etwas auf die Spitze treiben ›überziehen‹, frühnhd. uff ein spytz dringen (L059 DWb), die schlimmste Lage auf die schlimmste Spitze treiben(H.R.Laube; L264 Daniel Sanders); wie spitz auf den sprachlichen Ausdruck bezogen
1.2 ›Pointe, Stichelei‹, häufig im Plural: Einem Spitzen geben (L033 Joachim Heinrich Campe), Einem witzigen Einfalle, einem empfindlichen Tadel etc. die Spitze abbrechen »sie des Treffenden, Beißenden berauben« (L033 Joachim Heinrich Campe), spitzen austeilen (1825; L059 DWb); seit Mitte des 17. Jahrhunderts spezialisiert
1.3 ›Geflecht aus Garn‹ (1644; L320 Trübner): Gekleppelte Spitze, ein Schnuptuch mit Spitzen (L308 Kaspar Stieler), brabanter Spitzen (L003 Johann Christoph Adelung 1780) wegen ihrer spitz auslaufenden Enden; daneben
2 im Sinn eines horizontalen Begriffs, seit dem Mittelhochdeutschen bis ins 18. Jahrhundert speziell von der keilförmigen Schlachtordnung, allgemeiner ›Kopf einer Abteilung (Soldaten)‹, auch die spitze eines festzuges, einer prozession (L059 DWb); verallgemeinert
2.1 ›Führung‹, häufig im Plural: mit vns ist an der spitzen Gott vnd seine Priester (A180 Martin Luther, 2.Chronik 13,12), an der Spitze stehen (L308 Kaspar Stieler) »das Haupt, der Vornehmste sein.., wo zugleich der Begriff der Höhe herrschend ist« (L033 Joachim Heinrich Campe), Wenn er nicht an der Spitze steht – ohne den Moor sind wir Leib ohne Seele (A222 Friedrich Schiller, Räuber 1,6), übertragen Und wer nicht die Vernunft mit an die Spitze setzt, / Der kommt oft ladig weg (J.Ch.Günther; L305 Christoph Ernst Steinbach); personifiziert die Spitzen der Behörde (L264 Daniel Sanders) »die höchsten beamten« (L059 DWb), der Gesellschaft (A210 Wilhelm Raabe, Hungerpastor; 6,406), neuer im Sport das Boot liegt an der Spitze (L298 Sprach-Brockhaus 1940), Spitze der Tabelle (L052 Duden Bedeutungswb. 1970); neu allgemeiner
2.2 zum Ausdruck eines Maximums: auf der Autobahn fahre ich dauernd Spitze (L052 Duden Bedeutungswb.1970), so auch als ⇓ "S060" Entzückungswort "Spitze"!, ursprünglich ⇓ "S105" jugendsprachlich als ⇓ "S228" hyperbolisierendes Bestimmungswort Spitzenmusik (L106 Helmut Henne, Jugend 35) und spitzenmäßig (ebenda 153,169); dazu Spitzenorganisation »in neuester Zeit« (L344 Wessely-Schmidt 61925), Spitzenstellung, Spitzenleistung (L320 Trübner) und so heute vielgebrauchtes Bestimmungswort zum Ausdruck höchster Quantität, Qualität, Leistung(sfähigkeit): Spitzenbelastung (L201 Lutz Mackensen), Spitzenbedarf, Spitzenerzeugnis, Spitzengeschwindigkeit, Spitzenklasse (alle L097 GWb);
spitzig mhd. spitzec; bis ins 18. Jahrhundert gebräuchlicher als spitz, heute veraltend;
Spitzel Mask. ; ⇓ "S050" Diminutiv von 2"Spitz", eigentlich ›Polizeihund‹; übertragen (1815; L320 Trübner), wohl auch unter Einfluß von spitzen (mundartlich ›lauern‹) ›Polizeiagent‹, verallgemeinert, bei L264 Daniel Sanders anschaulich »kläffender Denunciant«: Meuchel besingt den Mord. Spitzel locken / aus Psalmen Unzucht (A010 Gottfried Benn, Monolog); dazu um 1860 rotwelsch gleichbedeutend Spitz; ↑ "Lockspitzel";
spitzeln bei L264 Daniel Sanders noch allgemein ›horchen‹, zu Spitzel, heute zumeist transitiv
bespitzeln (L265 Daniel Sanders Erg.).
⊚ etwas spitzkriegen ›herausbekommen‹;
1.2 auf die Gestalt bezogen, seit etwa 1400 ⇓ "S130" mathematisch spitzer Winkel (L276 Alfred Schirmer, Mathematik), die spitzen Türme mit ihren glänzenden Knöpfen (A202 Novalis, Ofterdingen; 1,298), spitze Nase häufig Empfindlichkeit ausdrückendes Attribut: werden… die nasen vieler tanten spitz (Freytag; L059 DWb); veraltet dazu übertragen auf fein und klug Erdachtes: spitze Fünde (s. unten Spitzbube, spitzfindig).
Spitz1 ⇓ "S087" Mask. ; umgangssprachlich ›kleiner Rausch‹ (16. Jahrhundert);
Spitz2 ⇓ "S087" Mask. , substantiviertes Adjektiv; Hundeart »mit einem langen nach der Schnautze zu zugespitzten Kopfe« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), auch Spitzhund, schwäbisch Spitzer;
Spitzbube Anfang des 16. Jahrhunderts (Luther); im Anschluß an spitz ›schlau‹ (s. unten spitzfindig) abwertend zunächst ›Falschspieler‹, dann allgemeiner (heute veraltend) ›Dieb, Betrüger‹: einen honneten Mann kann man aus jedem Weidenstotzen formen, aber zu einem Spitzbuben wills Grütz (A222 Friedrich Schiller, Räuber 2,3); auch abgemildert »Schmeichelwort«: Wart, du kleiner Spitzbube! (L033 Joachim Heinrich Campe);
spitzfindig (1512; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), bis ins 18. Jahrhundert auch spitzfündig; ursprünglich und bis ins 18. Jahrhundert (vgl. L003 Johann Christoph Adelung 1780) auch positiv gedeutet ›scharfsinnig‹, noch bei dem jungen Goethe tiefdenkende spitzfindige Weisheit; daneben zumeist abwertend, bis ins 18. Jahrhundert auch speziell: Spitzfündig zu betriegen (L200 Josua Maaler) von unredlichem Handeln; allgemein wie heute nur noch ›kleinlich ausgeklügelt‹: spitzfindige Antwort (L169 Matthias Kramer), adverbial gewolt spitzfindig disputiren (17. Jahrhundert; L059 DWb);
Spitzhacke (1744; L059 DWb), heute häufig
⊚ der Spitzhacke zum Opfer gefallen ›(unnötigerweise) abgerissen worden‹;
Spitzmaus ahd. spizzimus, mhd. spitzmus, ›mausähnliches Tier mit spitzer Schnauze‹; im Vergleich abwertend auf kleine, hagere Menschen bezogen: ein klein männlein mit einem gesicht wie eine spitzmaus (V. v.Scheffel; L059 DWb), heute zumal von Frauen;
spitzen ahd. spizzon, mhd. spitzen; transitiv einen Griffel (L305 Christoph Ernst Steinbach), Bleistift spitzen (L033 Joachim Heinrich Campe), symbolisch wo gott Amor / seine pfeile spitzte(Hölty; L059 DWb), den Mund spitzen, zum Küssen, Pfeifen, (kritischen) Sprechen: indem Menippus den Mund zu einer neuen Frage spitzte (Wieland),
⊚ die Ohren spitzen seit dem Mittelhochdeutschen eigentlich auf Tiere bezogen, dann auch vom aufmerksam horchenden Menschen »Das gemut auffrichte« (L200 Josua Maaler); verallgemeinert seit dem Mittelhochdeutschen reflexiv, zunächst noch von der körperlichen Anspannung: [er] sich gen ir minne spitzet / mit hoflichen gebarn (L059 DWb), auch auf das aufmerksame Schauen bezogen, daher noch mundartlich ›lauern, lugen‹; präpositional mit auf dann übertragen auf gespannte Aufmerksamkeit, speziell ›hoffen, sich freuen‹: Spitze dich nicht drauf (L308 Kaspar Stieler), rehbraten, auf den du dich… gespitzt hattest(Hebbel; L059 DWb); Zusammensetzungen ↑ "anspitzen",
überspitzen (L059 DWb) häufig im Partizip Prät. adverbial und attributiv; übertragen, zunächst auch »verfeinern«, heute nur abwertend ›übertreiben‹: eine überspitzte Forderung, etwas überspitzt formulieren (vgl. L097 GWb);
zuspitzen (Mitte des 16. Jahrhunderts; L059 DWb), transitiv und reflexiv; häufig im Partizip Prät. adverbial und attributiv; die horn sind… zu ende scharpf zugespitzt (1563; L059 DWb), ein Holz zuspitzen (L033 Joachim Heinrich Campe), etwas spitzet sich keilförmig zu(L264 Daniel Sanders); seit dem 19. Jahrhundert übertragen als zeitlicher Begriff von einer Entwicklung, zunächst auch positiv: begebenheiten… sich zu einem vergnügen zuspitzten (Lichtenberg; L059 DWb), mit Wertung ›ernster, kritischer werden‹: formel, in welcher dieser gegensatz sich zuspitzt (1866ff.; L059 DWb), häufig von Krisensituationen: Der Krieg spitzt die Versorgungslage zu, auf den sprachlichen Ausdruck bezogen ›(übertrieben) prägnant‹: zugespitzte ausdrucksweise (Mommsen; L059 DWb);
Spitze ahd. spizza;
1 ›dünn auslaufendes Ende‹, Spitz an einem blat / als stachpalmen, distel (L200 Josua Maaler), Spitze der Nase (L308 Kaspar Stieler), eines Schuhes (L033 Joachim Heinrich Campe) im Gegensatz zu "Absatz", »das Mundstück einer Tabakspfeife« (ebenda), Spitze für Cigarren (L264 Daniel Sanders), speziell auf Waffen bezogen Spitze des Degens (L308 Kaspar Stieler), übertragen
⊚ jmdm. die Spitze bieten (ebenda) ›sich einer Auseinandersetzung stellen‹; danach
1.1 »das Oberste an einem jeglichen Ding« (Hulsius; L059 DWb), Thurn [›Turm‹]… des spitze bis an den Himel reiche(A180 Martin Luther,1.Mose 11,4), Spitze des Berges (L308 Kaspar Stieler); dem Begriff der Höhe folgend übertragen bis zu den spitzen der metaphysik (I.Kant; L059 DWb),
⊚ etwas auf die Spitze treiben ›überziehen‹, frühnhd. uff ein spytz dringen (L059 DWb), die schlimmste Lage auf die schlimmste Spitze treiben(H.R.Laube; L264 Daniel Sanders); wie spitz auf den sprachlichen Ausdruck bezogen
1.2 ›Pointe, Stichelei‹, häufig im Plural: Einem Spitzen geben (L033 Joachim Heinrich Campe), Einem witzigen Einfalle, einem empfindlichen Tadel etc. die Spitze abbrechen »sie des Treffenden, Beißenden berauben« (L033 Joachim Heinrich Campe), spitzen austeilen (1825; L059 DWb); seit Mitte des 17. Jahrhunderts spezialisiert
1.3 ›Geflecht aus Garn‹ (1644; L320 Trübner): Gekleppelte Spitze, ein Schnuptuch mit Spitzen (L308 Kaspar Stieler), brabanter Spitzen (L003 Johann Christoph Adelung 1780) wegen ihrer spitz auslaufenden Enden; daneben
2 im Sinn eines horizontalen Begriffs, seit dem Mittelhochdeutschen bis ins 18. Jahrhundert speziell von der keilförmigen Schlachtordnung, allgemeiner ›Kopf einer Abteilung (Soldaten)‹, auch die spitze eines festzuges, einer prozession (L059 DWb); verallgemeinert
2.1 ›Führung‹, häufig im Plural: mit vns ist an der spitzen Gott vnd seine Priester (A180 Martin Luther, 2.Chronik 13,12), an der Spitze stehen (L308 Kaspar Stieler) »das Haupt, der Vornehmste sein.., wo zugleich der Begriff der Höhe herrschend ist« (L033 Joachim Heinrich Campe), Wenn er nicht an der Spitze steht – ohne den Moor sind wir Leib ohne Seele (A222 Friedrich Schiller, Räuber 1,6), übertragen Und wer nicht die Vernunft mit an die Spitze setzt, / Der kommt oft ladig weg (J.Ch.Günther; L305 Christoph Ernst Steinbach); personifiziert die Spitzen der Behörde (L264 Daniel Sanders) »die höchsten beamten« (L059 DWb), der Gesellschaft (A210 Wilhelm Raabe, Hungerpastor; 6,406), neuer im Sport das Boot liegt an der Spitze (L298 Sprach-Brockhaus 1940), Spitze der Tabelle (L052 Duden Bedeutungswb. 1970); neu allgemeiner
2.2 zum Ausdruck eines Maximums: auf der Autobahn fahre ich dauernd Spitze (L052 Duden Bedeutungswb.1970), so auch als ⇓ "S060" Entzückungswort "Spitze"!, ursprünglich ⇓ "S105" jugendsprachlich als ⇓ "S228" hyperbolisierendes Bestimmungswort Spitzenmusik (L106 Helmut Henne, Jugend 35) und spitzenmäßig (ebenda 153,169); dazu Spitzenorganisation »in neuester Zeit« (L344 Wessely-Schmidt 61925), Spitzenstellung, Spitzenleistung (L320 Trübner) und so heute vielgebrauchtes Bestimmungswort zum Ausdruck höchster Quantität, Qualität, Leistung(sfähigkeit): Spitzenbelastung (L201 Lutz Mackensen), Spitzenbedarf, Spitzenerzeugnis, Spitzengeschwindigkeit, Spitzenklasse (alle L097 GWb);
spitzig mhd. spitzec; bis ins 18. Jahrhundert gebräuchlicher als spitz, heute veraltend;
Spitzel Mask. ; ⇓ "S050" Diminutiv von 2"Spitz", eigentlich ›Polizeihund‹; übertragen (1815; L320 Trübner), wohl auch unter Einfluß von spitzen (mundartlich ›lauern‹) ›Polizeiagent‹, verallgemeinert, bei L264 Daniel Sanders anschaulich »kläffender Denunciant«: Meuchel besingt den Mord. Spitzel locken / aus Psalmen Unzucht (A010 Gottfried Benn, Monolog); dazu um 1860 rotwelsch gleichbedeutend Spitz; ↑ "Lockspitzel";
spitzeln bei L264 Daniel Sanders noch allgemein ›horchen‹, zu Spitzel, heute zumeist transitiv
bespitzeln (L265 Daniel Sanders Erg.).