Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
spielen
ahd. spilon; "Spiel" folgend1 Gegensatz zu "arbeiten", von der unterhaltenden Beschäftigung (die z. T. nach bestimmten Regeln festgelegt ist), durch ein Objekt näher bestimmt: Schach, Domino, Blindekuh, Verstecken spielen, ursprünglich (bis ins 19. Jahrhundert) mit Genitiv, so noch landschaftlich umgangssprachlich Versteckens (Wieland, Immermann), Zählens spielen (Goethe); intransitiv philosophisch im Sinne einer idealen Existenzform: der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt(A222 Friedrich Schiller, Ästhetische Erziehung; 20,359), daher der Mensch soll mit der Schönheit nur spielen, und er soll nur mit der Schönheit spielen (ebenda); zumeist im Partizip Präsens ›mühelos‹: spilnde bestuont er dise not(Hartmann von Aue; L059 DWb); hierher auch Gegensatz zu "ruhen": das Pferd spielt mit der Zunge (L169 Matthias Kramer), der Wind spielt in den Zweigen, Lächeln spielt um deine Wangen (A222 Friedrich Schiller, Braut 7), dazu umspielen, vom Sonnenschein, Licht: es… spielt mir / Um das Auge… dein Licht (A131 Friedrich Hölderlin, Der Wanderer), vom Edelstein ›funkeln‹: die Farbe spielenden Steine (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 15.9.25), Gebrochenheiten, wo Rubine spielen (A010 Gottfried Benn, Konfetti), von Farben ›schillern‹: die Farbe spielt… in das Gelbliche(L003 Johann Christoph Adelung 1780); auf Abstrakta bezogen der geistreiche Mann spielte gern mit seinen Meinungen, aber niemals mit seinen Gesinnungen (Goethe),
⊚ mit einem Gedanken spielen, von einer gewagten Vorstellung: nicht an die welt gedechte… sondern mit eitel himlischen gedancken spielete (Luther; L059 DWb), mit Worten spielen (L308 Kaspar Stieler), dazu ⇑ "anspielen", "herunterspielen", mit dem Feuer spielen (L169 Matthias Kramer), vom menschlichen Verhalten ränke und kniffe gegen mich spielen lassen (Wieland; L059 DWb), heute häufig Beziehungen spielen lassen ›einsetzen‹; speziell von der künstlerischen Darbietung,
1.1 auf das Theater bezogen, transitiv comedien und tragedien spielen (Luther; L059 DWb), Sie haben die Emilia gespielt (A222 Friedrich Schiller, Räuber 1.Vorrede), im Partizip Prät. der fleiszig gespielte dichter (Wieland; L059 DWb), im Sinne von ›auftreten‹, intransitiv die Comedianten werden heute spielen(L169 Matthias Kramer), dazu überspielen, vorspielen, ⇑ "abspielen", "aufspielen"; zahlreiche Übertragungen: das Gluck spielt oft wunderlich (L308 Kaspar Stieler), wie wunderlich doch die natur spielet(1759; L059 DWb), zur Bezeichnung von Unaufrichtigkeit: da denn meistens komödie in der komödie gespielt wurde (Goethe; L059 DWb), im Sinne von ›vorgeben‹ den Gewissenhaften spielen (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti 2,3), muß wieder recht den Teufel spielen(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,2010), häufig ohne Artikel die menschen sind nie lästiger, als wenn sie soldaten spielen (Freytag; L059 DWb), im Partizip Prät. es ist nicht gespielt (L169 Matthias Kramer) ›ehrlich‹, mit gespielter [›vorgetäuschter‹] Gleichgültigkeit,
⊚⊚ wissen, was gespielt wird ›durchschauen‹, jmdn. an die Wand spielen ›zurückdrängen‹, sich in den Vordergrund spielen ›Aufmerksamkeit auf sich lenken‹, jmdm. übel mitspielen, mit Akkusativ des Inhalts jmdm. einen Streich spielen, eine Rolle spielen ›wichtig sein‹: der eine sehr beschränkte… subalterne rolle spielt (Jean Paul; L059 DWb), bei A104 Peter Handke im literarischen Spiel: Hier spielt die Zeit keine Rolle. Wir spielen keine Handlung, also spielen wir keine Zeit (Publikumsbeschimpfung 25); seit dem 18. Jahrhundert personifiziert auf Literatur bezogen ›handeln, sich zutragen‹ von Zeit und Ort: das Stück spielt in der Zeit, als der… Landfriede… errichtet ward (A222 Friedrich Schiller, Räuber Personen); bereits althochdeutsch vereinzelt
1.2 ›Musik machen‹, intransitiv die Weiber sungen… / vnd spieleten (A180 Martin Luther,1.Samuel 18,7), präpositional der auff der Harffen wol spielen künde (A180 Martin Luther, ebenda 16,16), übertragen ferne von dir spielen zerreißend bald / Auf den Saiten des Herzens / Alle Geister des Todes mir (A131 Friedrich Hölderlin, Abschied), mit Angabe des Zwecks nach England reiste er mit drei Flügeln: / … / spielte für zwanzig Guineen abends / … / bei Rothschilds (A010 Gottfried Benn, Chopin), transitiv die Geige spielen (L305 Christoph Ernst Steinbach), ein Lied, einen Tanz spielen, dann spielen noch zwei Hände das Lied der Nacht (A010 Gottfried Benn, Aus Fernen), seit dem 19. Jahrhundert (vgl. L059 DWb) ohne Artikel zur Bezeichnung der Fertigkeit; übertragen
⊚ die erste Geige spielen (wollen); dann auch »von mechanischen musikwerkzeugen« (L059 DWb): die Flötenuhr spielet (L033 Joachim Heinrich Campe), so heute auch allgemein ›in Betrieb sein‹ von Radio, Plattenspieler u.ä.; auf die sportliche Betätigung bezogen
1.3 Ball, Tennis spielen, drei… amerikanische Jünglinge mit ihrem Gouverneur, der… mit ihnen Fußball spielte1903 (Th.A183 Thomas Mann, Tonio Kröger 326) (⇑ "bolzen", "kicken", "Fuß", "fummeln"; vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–30); vom Glücksspiel
1.4 auf Karten bezogen (15. Jahrhundert; L320 Trübner), intransitiv Gegensatz "passen": ihr passet und ich spiele (L169 Matthias Kramer), transitiv wie viele zehner, asse und zweier gespielt… worden sind (Krünitz; L059 DWb), danach redensartlich übertragen einem ein Amt zue – [oder] in die Hande spielen (L308 Kaspar Stieler), dazu ↑ "ausspielen", verspielen; allgemeiner präpositional mit um: umb gelt… zu spilen mit nichten gestattet (frühnhd.; L059 DWb), übertragen zum Ausdruck von Willkür: mit Menschen wie mit Würfeln spielen (Schiller); intransitiv falsch spielen (L308 Kaspar Stieler), er spielt gern »er ist dem Spielen erlegen« (L169 Matthias Kramer), ich höre, daß Sie spielen… an Orten, wo etwas zu gewinnen ist (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Minna 4,2); auf die Beschäftigung der Kinder bezogen
1.5 präpositional mit Puppen, Bleisoldaten spielen, ein bal / … da die kint mite / spilen nach kintlichem site (Heinrich von Freiberg; L059 DWb); transitiv Als wir klein waren und ›Kriegen‹ spielten (Th.A183 Thomas Mann, Buddenbrooks 596), häufig intransitiv: daz kind spilete und was fro (Graf Rudolf; L059 DWb); seit dem 18. Jahrhundert technisch
2 ›den zur freien Bewegung benötigten Raum haben‹: die Zapfen des Rades… spielen in ihrer Pfanne (L003 Johann Christoph Adelung 1780), dazu einspielen.
Spieler ahd. spilari, mhd. spilære, spiler; zunächst allgemein Spiel folgend, vor allem bei Gesellschaftsspielen bzw. auf einen bestimmten Sportler bezogen: die spieler dürfen den spielplatz nur mit tennisschuhen betreten (L059 DWb); seit dem 18. Jahrhundert zunehmend eingeschränkt vor allem »derjenige, welcher aus dem Spielen um Geld sein vornehmstes Geschäft macht.. bey welchem das Spielen um Geld zur Leidenschaft geworden ist« (L003 Johann Christoph Adelung 1780): Unter allen Abentheurern sind, nach meiner Empfindung, die Spieler vom Handwerke die verachtlichsten A164 Adolf Freiherr von Knigge, 5Umgang 720; ↑ "Gauner";
Spielerei (1535; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); von der unernsten Tätigkeit: seine spielereyen selbst hatten einen anstrich von grösze (Schiller; L059 DWb); metonymisch »ein.. aus dieser Ursache hervorgebrachtes Werk« (L003 Johann Christoph Adelung 1780); heute häufig im Plural auf eine übertriebene Ausstattung bezogen: technische Spielereien;
spielerisch (16. Jahrhundert); zunächst
1.1 ›verspielt‹: er (sie) ist gar spielerisch (L169 Matthias Kramer); seit früherem 20. Jahrhundert (vgl. L320 Trübner) häufiger
1.2 »des rechten Ernstes ermangelnd« (L269 Daniel Sanders/ L269 J. Ernst Wülfing), wohl erst seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts auch mit dem Merkmal ›leicht‹: mit spielerischer Leichtigkeit (L097 GWb); neu auf die sportliche Tätigkeit bezogen
2 ›technisch‹ ein spielerisch hervorragender Gegner(L052 Duden Bedeutungswb. 1970).
⊚ mit einem Gedanken spielen, von einer gewagten Vorstellung: nicht an die welt gedechte… sondern mit eitel himlischen gedancken spielete (Luther; L059 DWb), mit Worten spielen (L308 Kaspar Stieler), dazu ⇑ "anspielen", "herunterspielen", mit dem Feuer spielen (L169 Matthias Kramer), vom menschlichen Verhalten ränke und kniffe gegen mich spielen lassen (Wieland; L059 DWb), heute häufig Beziehungen spielen lassen ›einsetzen‹; speziell von der künstlerischen Darbietung,
1.1 auf das Theater bezogen, transitiv comedien und tragedien spielen (Luther; L059 DWb), Sie haben die Emilia gespielt (A222 Friedrich Schiller, Räuber 1.Vorrede), im Partizip Prät. der fleiszig gespielte dichter (Wieland; L059 DWb), im Sinne von ›auftreten‹, intransitiv die Comedianten werden heute spielen(L169 Matthias Kramer), dazu überspielen, vorspielen, ⇑ "abspielen", "aufspielen"; zahlreiche Übertragungen: das Gluck spielt oft wunderlich (L308 Kaspar Stieler), wie wunderlich doch die natur spielet(1759; L059 DWb), zur Bezeichnung von Unaufrichtigkeit: da denn meistens komödie in der komödie gespielt wurde (Goethe; L059 DWb), im Sinne von ›vorgeben‹ den Gewissenhaften spielen (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti 2,3), muß wieder recht den Teufel spielen(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,2010), häufig ohne Artikel die menschen sind nie lästiger, als wenn sie soldaten spielen (Freytag; L059 DWb), im Partizip Prät. es ist nicht gespielt (L169 Matthias Kramer) ›ehrlich‹, mit gespielter [›vorgetäuschter‹] Gleichgültigkeit,
⊚⊚ wissen, was gespielt wird ›durchschauen‹, jmdn. an die Wand spielen ›zurückdrängen‹, sich in den Vordergrund spielen ›Aufmerksamkeit auf sich lenken‹, jmdm. übel mitspielen, mit Akkusativ des Inhalts jmdm. einen Streich spielen, eine Rolle spielen ›wichtig sein‹: der eine sehr beschränkte… subalterne rolle spielt (Jean Paul; L059 DWb), bei A104 Peter Handke im literarischen Spiel: Hier spielt die Zeit keine Rolle. Wir spielen keine Handlung, also spielen wir keine Zeit (Publikumsbeschimpfung 25); seit dem 18. Jahrhundert personifiziert auf Literatur bezogen ›handeln, sich zutragen‹ von Zeit und Ort: das Stück spielt in der Zeit, als der… Landfriede… errichtet ward (A222 Friedrich Schiller, Räuber Personen); bereits althochdeutsch vereinzelt
1.2 ›Musik machen‹, intransitiv die Weiber sungen… / vnd spieleten (A180 Martin Luther,1.Samuel 18,7), präpositional der auff der Harffen wol spielen künde (A180 Martin Luther, ebenda 16,16), übertragen ferne von dir spielen zerreißend bald / Auf den Saiten des Herzens / Alle Geister des Todes mir (A131 Friedrich Hölderlin, Abschied), mit Angabe des Zwecks nach England reiste er mit drei Flügeln: / … / spielte für zwanzig Guineen abends / … / bei Rothschilds (A010 Gottfried Benn, Chopin), transitiv die Geige spielen (L305 Christoph Ernst Steinbach), ein Lied, einen Tanz spielen, dann spielen noch zwei Hände das Lied der Nacht (A010 Gottfried Benn, Aus Fernen), seit dem 19. Jahrhundert (vgl. L059 DWb) ohne Artikel zur Bezeichnung der Fertigkeit; übertragen
⊚ die erste Geige spielen (wollen); dann auch »von mechanischen musikwerkzeugen« (L059 DWb): die Flötenuhr spielet (L033 Joachim Heinrich Campe), so heute auch allgemein ›in Betrieb sein‹ von Radio, Plattenspieler u.ä.; auf die sportliche Betätigung bezogen
1.3 Ball, Tennis spielen, drei… amerikanische Jünglinge mit ihrem Gouverneur, der… mit ihnen Fußball spielte1903 (Th.A183 Thomas Mann, Tonio Kröger 326) (⇑ "bolzen", "kicken", "Fuß", "fummeln"; vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–30); vom Glücksspiel
1.4 auf Karten bezogen (15. Jahrhundert; L320 Trübner), intransitiv Gegensatz "passen": ihr passet und ich spiele (L169 Matthias Kramer), transitiv wie viele zehner, asse und zweier gespielt… worden sind (Krünitz; L059 DWb), danach redensartlich übertragen einem ein Amt zue – [oder] in die Hande spielen (L308 Kaspar Stieler), dazu ↑ "ausspielen", verspielen; allgemeiner präpositional mit um: umb gelt… zu spilen mit nichten gestattet (frühnhd.; L059 DWb), übertragen zum Ausdruck von Willkür: mit Menschen wie mit Würfeln spielen (Schiller); intransitiv falsch spielen (L308 Kaspar Stieler), er spielt gern »er ist dem Spielen erlegen« (L169 Matthias Kramer), ich höre, daß Sie spielen… an Orten, wo etwas zu gewinnen ist (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Minna 4,2); auf die Beschäftigung der Kinder bezogen
1.5 präpositional mit Puppen, Bleisoldaten spielen, ein bal / … da die kint mite / spilen nach kintlichem site (Heinrich von Freiberg; L059 DWb); transitiv Als wir klein waren und ›Kriegen‹ spielten (Th.A183 Thomas Mann, Buddenbrooks 596), häufig intransitiv: daz kind spilete und was fro (Graf Rudolf; L059 DWb); seit dem 18. Jahrhundert technisch
2 ›den zur freien Bewegung benötigten Raum haben‹: die Zapfen des Rades… spielen in ihrer Pfanne (L003 Johann Christoph Adelung 1780), dazu einspielen.
Spieler ahd. spilari, mhd. spilære, spiler; zunächst allgemein Spiel folgend, vor allem bei Gesellschaftsspielen bzw. auf einen bestimmten Sportler bezogen: die spieler dürfen den spielplatz nur mit tennisschuhen betreten (L059 DWb); seit dem 18. Jahrhundert zunehmend eingeschränkt vor allem »derjenige, welcher aus dem Spielen um Geld sein vornehmstes Geschäft macht.. bey welchem das Spielen um Geld zur Leidenschaft geworden ist« (L003 Johann Christoph Adelung 1780): Unter allen Abentheurern sind, nach meiner Empfindung, die Spieler vom Handwerke die verachtlichsten A164 Adolf Freiherr von Knigge, 5Umgang 720; ↑ "Gauner";
Spielerei (1535; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); von der unernsten Tätigkeit: seine spielereyen selbst hatten einen anstrich von grösze (Schiller; L059 DWb); metonymisch »ein.. aus dieser Ursache hervorgebrachtes Werk« (L003 Johann Christoph Adelung 1780); heute häufig im Plural auf eine übertriebene Ausstattung bezogen: technische Spielereien;
spielerisch (16. Jahrhundert); zunächst
1.1 ›verspielt‹: er (sie) ist gar spielerisch (L169 Matthias Kramer); seit früherem 20. Jahrhundert (vgl. L320 Trübner) häufiger
1.2 »des rechten Ernstes ermangelnd« (L269 Daniel Sanders/ L269 J. Ernst Wülfing), wohl erst seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts auch mit dem Merkmal ›leicht‹: mit spielerischer Leichtigkeit (L097 GWb); neu auf die sportliche Tätigkeit bezogen
2 ›technisch‹ ein spielerisch hervorragender Gegner(L052 Duden Bedeutungswb. 1970).