Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Sorge
ahd. sor(a)ga, gemeingermanisch (got. saúrga, engl. sorrow); ⇓ "S075" ursprünglich und vereinzelt bis ins Frühneuhochdeutsche ›seelischer Schmerz‹, mittelhochdeutsch häufig ›Liebeskummer‹; daran anschließend seit dem Althochdeutschen wie heute1 ›bedrückende innere Unruhe‹, häufig im Plural: voller Sorgen (ahd. ), Sorge haben um (mhd. ), in Sorge (um) (mhd. ), ohn Sorg sein (L037 Petrus Dasypodius), Sorg… auß mangel deß galts(L200 Josua Maaler), von Sorgen entledigen (L200 Josua Maaler), heute gehoben aller Sorgen ledig, das ist meine geringste Sorge (L169 Matthias Kramer), einem tausend Sorgen machen (L003 Johann Christoph Adelung 1780), seit dem 18. Jahrhundert mit vor und Akkusativ/ Dativ: aus sorge vor der viehseuche, die sorge für das linke Rheinufer (beide Goethe; L059 DWb), mit Sorgen in die Zukunft sehen (L033 Joachim Heinrich Campe), auch ›Zweifel, Bedenken‹: das examen ist meine gröszte sorge (L059 DWb), ich habe keine Sorge, daß… ; philosophischer Begriff bei M.Heidegger: Die Sorge um das Dasein hat jeweils das Sein in die Sorge gestellt (1924 Der Begriff der Zeit; publ. 1989,14); daneben seit dem Althochdeutschen
2 ›Hilfe, Unterstützung‹, ohne Plural: trage sorge fur alle Gemeinen (A180 Martin Luther, 2.Korinther 11,28), heute veraltet mit Genitiv: Sorgen der Nahrung (Luther), die Sorge möglichen Verlustes(Goethe); einem die Sorge… auftragen (L169 Matthias Kramer); in der festen Wendung etwas jmds. Sorge sein lassen (ahd. ), zurückweisend im Dialog: Das lassen Sie meine Sorge seyn, gnädiger Herr (A222 Friedrich Schiller, Kabale und Liebe 3,1) ›das geht Sie nichts an‹; hierher ⇑ "Fürsorge", "Vorsorge", Seelsorge (L200 Josua Maaler); weitere Zusammensetzungen Nahrungssorgen, Geldsorgen, Geschäftssorgen.
sorglich ahd. sorglih; bis ins 19. Jahrhundert auch zu Sorge(1): die Stimmung sorglich und bedenklich (Goethe); dann nur noch (wie bereits ahd. ) zu Sorge(2) ›umsichtig gewissenhaft‹ (heute veraltend und durch sorgsam ersetzt): die sorglichste Wache (Goethe), Sorglichkeit (15. Jahrhundert);
sorgsam (ahd. ); ursprünglich auch zu Sorge(1): ich bin aus mehr als einer Ursache sorgsam (Goethe, Briefe); dann nur noch zu Sorge(2) ›mit bedachtsamer umsichtiger Gewissenhaftigkeit‹: geh doch sorgsam mit deiner uhr um (L059 DWb);
sorgfältig mhd. sorcveltic, ursprünglich nur ⇓ "S137" mitteldeutsch; zunächst und bis ins Frühneuhochdeutsche auch zu Sorge(1): vor wem bist du so sorgfältig und fürchtest also (Luther); seit dem Frühneuhochdeutschen nur noch zu Sorge(2) speziell ›genau, gewissenhaft‹: Eine sorgfältige Untersuchung (L003 Johann Christoph Adelung 1780), sorgfältig etwas untersuchen, behandeln (L033 Joachim Heinrich Campe), dazu Sorgfältigkeit (14. Jahrhundert) für jetzt eher ⇓ "S183"
Sorgfalt (L308 Kaspar Stieler, Nachschuß);
Sorgenbrecher von L033 Joachim Heinrich Campe der höheren Schreibart zugewiesen, heute umgangssprachlich, zumeist auf alkoholische Getränke bezogen: Moslerwein, der Sorgenbrecher (E. v.Kleist; L033 Joachim Heinrich Campe);
Sorgenkind ›Kind, um das man sich ständig sorgt‹, L056 Duden 91915, der älteste Sohn war und blieb das Sorgenkind der Familie (L337 WdG), literarisch akzentuiert: Aber es [behindertes Mädchen] ist ein Sorgenkind (H.Lind, Das Superweib 1994, 248);
sorgen ahd. sor(a)gen; Sorge folgend
1 ›bedrückt, ängstlich sein‹, ursprünglich nicht reflexiv, präpositional mit um (ahd. ), mit abhängigem Fragesatz: daß ihr nicht sorget, wie ihr euch verantworten sollt (Luther); seit dem 19. Jahrhundert reflexiv, präpositional auch mit wegen(vgl. L059 DWb); daneben
2 ›sich um jmdn. / etwas kümmern, jmdm. helfen‹, bis ins 19. Jahrhundert auch absolut gebraucht; speziell ›veranlassen‹: Ich werde sorgen, daß Sie den Betrag… erhalten (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 3.12.80), ebenso präpositional mit für: Hierfür hab ich schon gesorget (L169 Matthias Kramer); im Partizip Prät. ohne Subjekt: für die erhaltung seiner art war durch den geschlechtstrieb gesorgt(Schiller; L059 DWb). vorsorgen, ⇑ "besorgen", "versorgen".
2 ›Hilfe, Unterstützung‹, ohne Plural: trage sorge fur alle Gemeinen (A180 Martin Luther, 2.Korinther 11,28), heute veraltet mit Genitiv: Sorgen der Nahrung (Luther), die Sorge möglichen Verlustes(Goethe); einem die Sorge… auftragen (L169 Matthias Kramer); in der festen Wendung etwas jmds. Sorge sein lassen (ahd. ), zurückweisend im Dialog: Das lassen Sie meine Sorge seyn, gnädiger Herr (A222 Friedrich Schiller, Kabale und Liebe 3,1) ›das geht Sie nichts an‹; hierher ⇑ "Fürsorge", "Vorsorge", Seelsorge (L200 Josua Maaler); weitere Zusammensetzungen Nahrungssorgen, Geldsorgen, Geschäftssorgen.
sorglich ahd. sorglih; bis ins 19. Jahrhundert auch zu Sorge(1): die Stimmung sorglich und bedenklich (Goethe); dann nur noch (wie bereits ahd. ) zu Sorge(2) ›umsichtig gewissenhaft‹ (heute veraltend und durch sorgsam ersetzt): die sorglichste Wache (Goethe), Sorglichkeit (15. Jahrhundert);
sorgsam (ahd. ); ursprünglich auch zu Sorge(1): ich bin aus mehr als einer Ursache sorgsam (Goethe, Briefe); dann nur noch zu Sorge(2) ›mit bedachtsamer umsichtiger Gewissenhaftigkeit‹: geh doch sorgsam mit deiner uhr um (L059 DWb);
sorgfältig mhd. sorcveltic, ursprünglich nur ⇓ "S137" mitteldeutsch; zunächst und bis ins Frühneuhochdeutsche auch zu Sorge(1): vor wem bist du so sorgfältig und fürchtest also (Luther); seit dem Frühneuhochdeutschen nur noch zu Sorge(2) speziell ›genau, gewissenhaft‹: Eine sorgfältige Untersuchung (L003 Johann Christoph Adelung 1780), sorgfältig etwas untersuchen, behandeln (L033 Joachim Heinrich Campe), dazu Sorgfältigkeit (14. Jahrhundert) für jetzt eher ⇓ "S183"
Sorgfalt (L308 Kaspar Stieler, Nachschuß);
Sorgenbrecher von L033 Joachim Heinrich Campe der höheren Schreibart zugewiesen, heute umgangssprachlich, zumeist auf alkoholische Getränke bezogen: Moslerwein, der Sorgenbrecher (E. v.Kleist; L033 Joachim Heinrich Campe);
Sorgenkind ›Kind, um das man sich ständig sorgt‹, L056 Duden 91915, der älteste Sohn war und blieb das Sorgenkind der Familie (L337 WdG), literarisch akzentuiert: Aber es [behindertes Mädchen] ist ein Sorgenkind (H.Lind, Das Superweib 1994, 248);
sorgen ahd. sor(a)gen; Sorge folgend
1 ›bedrückt, ängstlich sein‹, ursprünglich nicht reflexiv, präpositional mit um (ahd. ), mit abhängigem Fragesatz: daß ihr nicht sorget, wie ihr euch verantworten sollt (Luther); seit dem 19. Jahrhundert reflexiv, präpositional auch mit wegen(vgl. L059 DWb); daneben
2 ›sich um jmdn. / etwas kümmern, jmdm. helfen‹, bis ins 19. Jahrhundert auch absolut gebraucht; speziell ›veranlassen‹: Ich werde sorgen, daß Sie den Betrag… erhalten (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 3.12.80), ebenso präpositional mit für: Hierfür hab ich schon gesorget (L169 Matthias Kramer); im Partizip Prät. ohne Subjekt: für die erhaltung seiner art war durch den geschlechtstrieb gesorgt(Schiller; L059 DWb). vorsorgen, ⇑ "besorgen", "versorgen".