Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Sinn
ahd. / mhd. sin, verwandt mit ahd. sind ›Weg, Reise‹ (⇑ "sinnen", "senden", "Gesinde"), urverwandt mit lat. sensus, sentire, die die gleiche Entwicklung vom physischen zum psychischen Erfahren genommen haben (wie auch "erfahren"). Statt des Plurals Sinne im 17./ 18. Jahrhundert häufig Sinnen, meist nur, wenn der pluralische Sinn nicht deutlich hervortritt, eine Verwendung, die früher häufiger war als jetzt: Du hattest mir die Sinnen eingewiegt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie 516), das soll ihnen frische Sinnen geben(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 12.1.78), auch seine fünf Sinnen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 8.4.85); erhalten ist die schwache Form in Zusammensetzungen wie Sinnenlust, Sinnenfreude, Sinnenwelt (I.Kant); anfangs wohl ›Bemühung um Wahrnehmen‹, dann1 ›Bewußtsein‹, mhd. he were von den synnen (L059 DWb), Er ist kaum bey Sinnen (L200 Josua Maaler), seiner Sinnen gantz beraubet (ebenda), die Sinne vergehen, mir schwindeln alle Sinnen (Eichendorff), im Sinne von ›Leidenschaft‹ der sinnen wilde triebe (Lichtwer; L059 DWb); speziell physiologisch ›Riechen, Schmecken, Hören, Sehen, Tasten‹: seine fünff Sinn anwenden un brauche (L200 Josua Maaler), redensartlich wer seine fünf sinne nur noch einigermaszen beysammen hat (Klopstock; L059 DWb) ›wer bei Verstand ist‹,
⊚ der sechste Sinn ›Ahnung‹: aus einer gewissen unnennbaren empfindung, aus einem sechsten sinne (Herder; L059 DWb), im 18. Jahrhundert auch ›Geschlechtstrieb‹: unserm Amtmann krachts im sechsten Sinn(Schiller), nach einem alten Glauben besonders vom Bären: wenn ihn alle sieben Sinne jücken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Lili's Park 100), scherzhaft hastu auch dein sieben sinne alle bey einander? (16. Jahrhundert; L059 DWb); die Sinne literarisch »erweitert«: Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir! (A237 Kurt Schwitters, Anna Blume); auf einen bestimmten Sinn bezogen: Fern-Gespräch… nurmehr an einem Sinn hängt die Verbindung, dem Gehör(B.A254 Botho Strauß, Paare 39); die fünf äußeren Sinne vom inneren Sinn (mhd. ; L320 Trübner) im Sinne von ›Empfindung‹ unterschieden und im Singular gebraucht, daher dasz die ästhetische urtheilskraft eher, als die intellectuelle, den namen eines… sinnes führen könne (I.Kant; L059 DWb), der ästhetische sinn oder das gefühl für das schöne (Schiller; L059 DWb), Keinen Sinn für etwas haben »keine Empfindung, keine Empfänglichkeit« (L033 Joachim Heinrich Campe), Gegensatz Stumpfsinn (bei L308 Kaspar Stieler stumpfer Sinn), dazu Farbensinn, Formensinn, "Kunstsinn", Ortssinn, "Zartsinn"; abgeblaßt ›Stimmung‹ für mhd. muot: edler, hoher, reiner Sinn, dazu Frohsinn, Trübsinn, ↑ "Leichtsinn", "gesinnt"; im Singular auch
2 ›Denken an etwas Bestimmtes‹, auf Zukünftiges bezogen auch ›Streben‹: mhd. war ab stüende sin sin(Iwein; L059 DWb), Sein Sinn stehet nach Ehren (L308 Kaspar Stieler), Im Sinn haben (L200 Josua Maaler), Mein Sinn ist darauf nicht gerichtet(L308 Kaspar Stieler), er hat nichts Gutes im Sinn(ebenda), schlacht [schlagt] das hertzleidt ausz ewrem sin(Sachs; L059 DWb), seinen (gantzen) Sinn… auf etwas legen/ richten/ setzen (L169 Matthias Kramer), Nichts zu suchen / Das war mein Sinn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Gefunden), im Sinne von ›einfallen‹ Der thut was jm in Sinn kompt (L200 Josua Maaler), Nach seinem Sinn laben (L200 Josua Maaler), im Sinne von ›vergessen‹ Ein Märchen aus alten Zeiten / Das kommt mir nicht aus dem Sinn (A118 Heinrich Heine, Loreley),
⊚ aus den Augen, aus dem Sinn (L305 Christoph Ernst Steinbach); dazu ↑ "Eigensinn", Freisinn, Starrsinn; mittelhochdeutsch auch speziell ›Überlegung, Verstand‹, so noch bis ins 19. Jahrhundert: Gewürz… mit Sinn gewählt (Voß), du verteilst sie mit Sinn, ich müßte dem Zufall gehorchen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hermann und Dorothea 2,73), erhalten in der festen Verbindung
⊚ ohne Sinn und Verstand, bei L200 Josua Maaler Alle Sinn und verstand verlieren, kluger, weiser Sinn, dazu die Zusammensetzungen und Rückbildungen ⇑ "Blödsinn", "Irrsinn", "Scharfsinn" (bei L308 Kaspar Stieler scharfer Sinn), "Schwachsinn", "Tiefsinn", "Unsinn", "Wahnsinn"; speziell ›Meinung‹: eynes Sinnes sein (L037 Petrus Dasypodius), Ich bin deines Sinns / oder meinung(L200 Josua Maaler), anders Sinnes werden / seinen Sinn andern(ebenda), der redner sprach ganz in meinem sinne (L059 DWb); daneben
3 ⇓ "S208" ›Bedeutung‹, auf Texte bezogen bereits althochdeutsch: er… gebirgit tiefe sinna in sinen scripturis (Notker; L059 DWb), Der Sinn des Gesetzes (L308 Kaspar Stieler), aufschlieszung des geheimen sinnes (Wieland; L059 DWb), das in engerm sinne religiöse (Schleiermacher; L059 DWb), im Sinne von ›Hinsicht‹ wie ungebildet in jedem sinne die menschen seyen (Goethe; L059 DWb), nenn' es in gewissem Sinne mein! (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 1,3), verfestigt
⊚ der langen Rede kurzer Sinn (A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 1,2) und dunkel war der Rede Sinn (A222 Friedrich Schiller, Der Gang nach dem Eisenhammer); seit dem Mittelhochdeutschen auf den Gehalt von Wörtern bezogen: Der racht Sinn vnd bedeütung der worten (L200 Josua Maaler), der buchstabliche / … / Wort-Sinn (L169 Matthias Kramer), im reinen sinn des buchstabens(Hamann; L059 DWb), der veraltete… , figürliche Sinn[eines Wortes] (L003 Johann Christoph Adelung 1780), Im eigentlichen, uneigentlichen, bildlichen Sinne (L033 Joachim Heinrich Campe), dazu Doppelsinn, Nebensinn, Wortsinn; weitergedeutet zu ›Zweck, Ziel‹: es hat ein sin… es ist nützlich (16. Jahrhundert; L059 DWb), Geschrieben steht: am Anfang war der Sinn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1229);
⊚⊚ das alles hat ja keinen Sinn (L320 Trübner), neu (keinen/ wenig) Sinn machen (Spiegel 1979) wohl nach engl. to make (no) sense (L010 AWb).
Sinnbild 1648 Harsdörffer (1626 Zinkgref Sinnebild), ⇓ "S123" Lehnschöpfung für "Emblem", "Symbol": versetzte bäume blühn und tragen grössre frucht / dies sinnbild zeigt mir ietzt die absicht deiner reisen(J.Ch.Günther; L059 DWb);
Sinnesart (I.Kant, Wieland, Herder) ›Wesensart, Gesinnung‹: die Sinnesarten der handelnden Menschen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,141,12);
sinnfällig (Ende des 19. Jahrhunderts), eigentlich ›in die Sinne fallend, sich deutlich bemerkbar machend‹, gebildet wie augenfällig (↑ "Auge"); ›deutlich, verständlich‹: Der Reim macht den Schluß des Verses sinnfälliger (L264 Daniel Sanders);
Sinngedicht 1649 ⇓ "S071" Zesen; ⇓ "S123" Lehnschöpfung für "Epigramm", bis ins 18. Jahrhundert viel gebraucht, ähnlich Sinnspruch (L003 Johann Christoph Adelung 1780); bei G.Keller übertragen Titel seiner Novellensammlung Das Sinngedicht (1881);
Sinnpflanze (L003 Johann Christoph Adelung 1780), auch Sinnkraut; eigentlich gewissermaßen ›mit Empfindung begabte Pflanze‹, ›Mimose‹ (↑ "Mimose"), weil sie sich bei Berührung zusammenzieht;
sinnig ahd. sinnig, mhd. sinnec, sinnic, im 17./ 18. Jahrhundert wenig belegt;
1 an Sinn(2) anschließend, zunächst auf einen bestimmten Zustand bezogen ›mit Verstand begabt‹, so bis ins 19. Jahrhundert als Eigenschaftsbezeichnung: die sinnige Penelopeia (Voß; L059 DWb), zugleich sinnig verständig (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 11.11.11), erhalten in unsinnig; daneben im 18. Jahrhundert ›in Gedanken vertieft‹: sinnig sitz' ich oft und frage (G.A.Bürger), so still und so sinnig! es fehlt dir was (Goethe); auch auf die Seelenlage bezogen, so seit dem 19. Jahrhundert vor allem erhalten in sinniges Gemüt (L059 DWb); dazu niederdeutsch speziell ›langsam‹: nu man sinnig ›nicht so hastig‹ (vgl. L059 DWb);
2 seit dem späteren 19. Jahrhundert wohl auch mit Sinn(3) korrespondierend, häufig ironisch abwertend ›banal‹: ein Duell mit einem Kritiker… , der mich… einen sinnigen Menschen genannt hatte(Raabe; L320 Trübner), sehr sinnig ›überdeutlich‹, häufig ironisch: Wie sinnig!, ein sinniges Geschenk ›passend, aber einfallslos‹; Bildungen wie "wahnsinnig", hochsinnig usw. sind Ableitungen aus "Wahnsinn", Hochsinn (hoher Sinn) usw.;
sinnlich mhd. sin(ne)lich; seit dem 18. Jahrhundert nur auf die äußeren Sinne bezogen;
1 im Hinblick auf Erkenntnis: sinnlicher Ausdruck, sinnliche Erfahrung, Darstellung(für die Sinne faßbar, anschaulich), der sinnliche Ursprung der Begriffe(L033 Joachim Heinrich Campe), daher im 18. und 19. Jahrhundert als lexikographischer Terminus ›eigentlich‹ (↑ "versinnlichen"), Gegensatz "figürlich"; im Sinne von ›deutlich‹ um sinnlich zu machen, daß auch das Nützlichste schädlich sein kann (Heinse); landschaftlich mir ist sinnlich ›ich glaube, mich zu erinnern‹; dazu übersinnlich;
2 im Hinblick auf Genuß, die sinnliche Begierde (L169 Matthias Kramer), ein sinnlicher Mund, der Begriff des sinnlichen und sittlichen Menschen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 29,144,25), Sie war durchaus nicht lüstern, sie war sinnlich (A199 Robert Musil, Mann 42), sexuell gedeutet sinnliche… Wollusten(L169 Matthias Kramer); dazu unsinnlich;
Sinnlichkeit mhd. sinnelicheit; zunächst und seit dem 18. Jahrhundert seltener zu sinnlich(1) auf den Verstand bezogen; daneben zumeist zu sinnlich(2), speziell ›Wollust‹: Die Sinnlichkeit hat ihn so weit gebracht – / Beneidenswert, wer frei davon!(B.A025 Bertolt Brecht, Dreigroschenoper; 2,469);
sinnlos ahd. sinnilos, mhd. sinnelos;
1 zu Sinn(2) ›ohnmächtig, bewußtlos‹ bis ins 19. Jahrhundert (vgl. L264 Daniel Sanders, L059 DWb): man brachte ihn sinnlos weg(Miller), erhalten in den Verbindungen Wo rohe Kräfte sinnlos walten(A222 Friedrich Schiller, Glocke), sinnlos betrunken; seit dem 18. Jahrhundert zu Sinn(3) in der heutigen Bedeutung
2 ›ohne Bedeutung‹: sinnloses Geschwätz (L033 Joachim Heinrich Campe), auch ›nutzlos, zwecklos‹; Gegensatz
sinnvoll (18. Jahrhundert);
1 im Anschluß an Sinn(2) bis ins 19. Jahrhundert auch auf Menschen bezogen ›verständig‹;
2 zu Sinn(3): sinnvoll, inhaltsvoll (Denis; L059 DWb), übertragen adverbial: Sehn wir doch das Große aller Zeiten / … / Sinnvoll an uns vorübergehn (A222 Friedrich Schiller, An die Freunde); speziell ein verständiger satz… ein sinnvolles wort (Immermann; L059 DWb); auch ›zweckmäßig‹, sinnvoll eingerichtet.
⊚ der sechste Sinn ›Ahnung‹: aus einer gewissen unnennbaren empfindung, aus einem sechsten sinne (Herder; L059 DWb), im 18. Jahrhundert auch ›Geschlechtstrieb‹: unserm Amtmann krachts im sechsten Sinn(Schiller), nach einem alten Glauben besonders vom Bären: wenn ihn alle sieben Sinne jücken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Lili's Park 100), scherzhaft hastu auch dein sieben sinne alle bey einander? (16. Jahrhundert; L059 DWb); die Sinne literarisch »erweitert«: Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir! (A237 Kurt Schwitters, Anna Blume); auf einen bestimmten Sinn bezogen: Fern-Gespräch… nurmehr an einem Sinn hängt die Verbindung, dem Gehör(B.A254 Botho Strauß, Paare 39); die fünf äußeren Sinne vom inneren Sinn (mhd. ; L320 Trübner) im Sinne von ›Empfindung‹ unterschieden und im Singular gebraucht, daher dasz die ästhetische urtheilskraft eher, als die intellectuelle, den namen eines… sinnes führen könne (I.Kant; L059 DWb), der ästhetische sinn oder das gefühl für das schöne (Schiller; L059 DWb), Keinen Sinn für etwas haben »keine Empfindung, keine Empfänglichkeit« (L033 Joachim Heinrich Campe), Gegensatz Stumpfsinn (bei L308 Kaspar Stieler stumpfer Sinn), dazu Farbensinn, Formensinn, "Kunstsinn", Ortssinn, "Zartsinn"; abgeblaßt ›Stimmung‹ für mhd. muot: edler, hoher, reiner Sinn, dazu Frohsinn, Trübsinn, ↑ "Leichtsinn", "gesinnt"; im Singular auch
2 ›Denken an etwas Bestimmtes‹, auf Zukünftiges bezogen auch ›Streben‹: mhd. war ab stüende sin sin(Iwein; L059 DWb), Sein Sinn stehet nach Ehren (L308 Kaspar Stieler), Im Sinn haben (L200 Josua Maaler), Mein Sinn ist darauf nicht gerichtet(L308 Kaspar Stieler), er hat nichts Gutes im Sinn(ebenda), schlacht [schlagt] das hertzleidt ausz ewrem sin(Sachs; L059 DWb), seinen (gantzen) Sinn… auf etwas legen/ richten/ setzen (L169 Matthias Kramer), Nichts zu suchen / Das war mein Sinn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Gefunden), im Sinne von ›einfallen‹ Der thut was jm in Sinn kompt (L200 Josua Maaler), Nach seinem Sinn laben (L200 Josua Maaler), im Sinne von ›vergessen‹ Ein Märchen aus alten Zeiten / Das kommt mir nicht aus dem Sinn (A118 Heinrich Heine, Loreley),
⊚ aus den Augen, aus dem Sinn (L305 Christoph Ernst Steinbach); dazu ↑ "Eigensinn", Freisinn, Starrsinn; mittelhochdeutsch auch speziell ›Überlegung, Verstand‹, so noch bis ins 19. Jahrhundert: Gewürz… mit Sinn gewählt (Voß), du verteilst sie mit Sinn, ich müßte dem Zufall gehorchen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hermann und Dorothea 2,73), erhalten in der festen Verbindung
⊚ ohne Sinn und Verstand, bei L200 Josua Maaler Alle Sinn und verstand verlieren, kluger, weiser Sinn, dazu die Zusammensetzungen und Rückbildungen ⇑ "Blödsinn", "Irrsinn", "Scharfsinn" (bei L308 Kaspar Stieler scharfer Sinn), "Schwachsinn", "Tiefsinn", "Unsinn", "Wahnsinn"; speziell ›Meinung‹: eynes Sinnes sein (L037 Petrus Dasypodius), Ich bin deines Sinns / oder meinung(L200 Josua Maaler), anders Sinnes werden / seinen Sinn andern(ebenda), der redner sprach ganz in meinem sinne (L059 DWb); daneben
3 ⇓ "S208" ›Bedeutung‹, auf Texte bezogen bereits althochdeutsch: er… gebirgit tiefe sinna in sinen scripturis (Notker; L059 DWb), Der Sinn des Gesetzes (L308 Kaspar Stieler), aufschlieszung des geheimen sinnes (Wieland; L059 DWb), das in engerm sinne religiöse (Schleiermacher; L059 DWb), im Sinne von ›Hinsicht‹ wie ungebildet in jedem sinne die menschen seyen (Goethe; L059 DWb), nenn' es in gewissem Sinne mein! (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 1,3), verfestigt
⊚ der langen Rede kurzer Sinn (A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 1,2) und dunkel war der Rede Sinn (A222 Friedrich Schiller, Der Gang nach dem Eisenhammer); seit dem Mittelhochdeutschen auf den Gehalt von Wörtern bezogen: Der racht Sinn vnd bedeütung der worten (L200 Josua Maaler), der buchstabliche / … / Wort-Sinn (L169 Matthias Kramer), im reinen sinn des buchstabens(Hamann; L059 DWb), der veraltete… , figürliche Sinn[eines Wortes] (L003 Johann Christoph Adelung 1780), Im eigentlichen, uneigentlichen, bildlichen Sinne (L033 Joachim Heinrich Campe), dazu Doppelsinn, Nebensinn, Wortsinn; weitergedeutet zu ›Zweck, Ziel‹: es hat ein sin… es ist nützlich (16. Jahrhundert; L059 DWb), Geschrieben steht: am Anfang war der Sinn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1229);
⊚⊚ das alles hat ja keinen Sinn (L320 Trübner), neu (keinen/ wenig) Sinn machen (Spiegel 1979) wohl nach engl. to make (no) sense (L010 AWb).
Sinnbild 1648 Harsdörffer (1626 Zinkgref Sinnebild), ⇓ "S123" Lehnschöpfung für "Emblem", "Symbol": versetzte bäume blühn und tragen grössre frucht / dies sinnbild zeigt mir ietzt die absicht deiner reisen(J.Ch.Günther; L059 DWb);
Sinnesart (I.Kant, Wieland, Herder) ›Wesensart, Gesinnung‹: die Sinnesarten der handelnden Menschen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,141,12);
sinnfällig (Ende des 19. Jahrhunderts), eigentlich ›in die Sinne fallend, sich deutlich bemerkbar machend‹, gebildet wie augenfällig (↑ "Auge"); ›deutlich, verständlich‹: Der Reim macht den Schluß des Verses sinnfälliger (L264 Daniel Sanders);
Sinngedicht 1649 ⇓ "S071" Zesen; ⇓ "S123" Lehnschöpfung für "Epigramm", bis ins 18. Jahrhundert viel gebraucht, ähnlich Sinnspruch (L003 Johann Christoph Adelung 1780); bei G.Keller übertragen Titel seiner Novellensammlung Das Sinngedicht (1881);
Sinnpflanze (L003 Johann Christoph Adelung 1780), auch Sinnkraut; eigentlich gewissermaßen ›mit Empfindung begabte Pflanze‹, ›Mimose‹ (↑ "Mimose"), weil sie sich bei Berührung zusammenzieht;
sinnig ahd. sinnig, mhd. sinnec, sinnic, im 17./ 18. Jahrhundert wenig belegt;
1 an Sinn(2) anschließend, zunächst auf einen bestimmten Zustand bezogen ›mit Verstand begabt‹, so bis ins 19. Jahrhundert als Eigenschaftsbezeichnung: die sinnige Penelopeia (Voß; L059 DWb), zugleich sinnig verständig (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 11.11.11), erhalten in unsinnig; daneben im 18. Jahrhundert ›in Gedanken vertieft‹: sinnig sitz' ich oft und frage (G.A.Bürger), so still und so sinnig! es fehlt dir was (Goethe); auch auf die Seelenlage bezogen, so seit dem 19. Jahrhundert vor allem erhalten in sinniges Gemüt (L059 DWb); dazu niederdeutsch speziell ›langsam‹: nu man sinnig ›nicht so hastig‹ (vgl. L059 DWb);
2 seit dem späteren 19. Jahrhundert wohl auch mit Sinn(3) korrespondierend, häufig ironisch abwertend ›banal‹: ein Duell mit einem Kritiker… , der mich… einen sinnigen Menschen genannt hatte(Raabe; L320 Trübner), sehr sinnig ›überdeutlich‹, häufig ironisch: Wie sinnig!, ein sinniges Geschenk ›passend, aber einfallslos‹; Bildungen wie "wahnsinnig", hochsinnig usw. sind Ableitungen aus "Wahnsinn", Hochsinn (hoher Sinn) usw.;
sinnlich mhd. sin(ne)lich; seit dem 18. Jahrhundert nur auf die äußeren Sinne bezogen;
1 im Hinblick auf Erkenntnis: sinnlicher Ausdruck, sinnliche Erfahrung, Darstellung(für die Sinne faßbar, anschaulich), der sinnliche Ursprung der Begriffe(L033 Joachim Heinrich Campe), daher im 18. und 19. Jahrhundert als lexikographischer Terminus ›eigentlich‹ (↑ "versinnlichen"), Gegensatz "figürlich"; im Sinne von ›deutlich‹ um sinnlich zu machen, daß auch das Nützlichste schädlich sein kann (Heinse); landschaftlich mir ist sinnlich ›ich glaube, mich zu erinnern‹; dazu übersinnlich;
2 im Hinblick auf Genuß, die sinnliche Begierde (L169 Matthias Kramer), ein sinnlicher Mund, der Begriff des sinnlichen und sittlichen Menschen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 29,144,25), Sie war durchaus nicht lüstern, sie war sinnlich (A199 Robert Musil, Mann 42), sexuell gedeutet sinnliche… Wollusten(L169 Matthias Kramer); dazu unsinnlich;
Sinnlichkeit mhd. sinnelicheit; zunächst und seit dem 18. Jahrhundert seltener zu sinnlich(1) auf den Verstand bezogen; daneben zumeist zu sinnlich(2), speziell ›Wollust‹: Die Sinnlichkeit hat ihn so weit gebracht – / Beneidenswert, wer frei davon!(B.A025 Bertolt Brecht, Dreigroschenoper; 2,469);
sinnlos ahd. sinnilos, mhd. sinnelos;
1 zu Sinn(2) ›ohnmächtig, bewußtlos‹ bis ins 19. Jahrhundert (vgl. L264 Daniel Sanders, L059 DWb): man brachte ihn sinnlos weg(Miller), erhalten in den Verbindungen Wo rohe Kräfte sinnlos walten(A222 Friedrich Schiller, Glocke), sinnlos betrunken; seit dem 18. Jahrhundert zu Sinn(3) in der heutigen Bedeutung
2 ›ohne Bedeutung‹: sinnloses Geschwätz (L033 Joachim Heinrich Campe), auch ›nutzlos, zwecklos‹; Gegensatz
sinnvoll (18. Jahrhundert);
1 im Anschluß an Sinn(2) bis ins 19. Jahrhundert auch auf Menschen bezogen ›verständig‹;
2 zu Sinn(3): sinnvoll, inhaltsvoll (Denis; L059 DWb), übertragen adverbial: Sehn wir doch das Große aller Zeiten / … / Sinnvoll an uns vorübergehn (A222 Friedrich Schiller, An die Freunde); speziell ein verständiger satz… ein sinnvolles wort (Immermann; L059 DWb); auch ›zweckmäßig‹, sinnvoll eingerichtet.