Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
singen
ahd. singan, gemeingermanisch (got. siggwan, engl. sing), urverwandt griech. omphe ›Stimme‹; die alte Form des Plural Prät. wegen des Reims bewahrt in wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen;1.1 ›mit der Stimme harmonische Töne erklingen lassen‹, als Objekt zuweilen schon in älterer Sprache der Gegenstand, von dem man singt:
⊚ das Lob jmds. singen, literarisch seit Klopstock: sing', unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung, auch mit persönlichem Objekt: wie Gna im Fluge sing' ich meine Freunde; ⇓ "S007" formelhaft singen und sagen (westgermanisch) nach kirchenlat. cantare et dicere (psalmum) (J.Schwietering, Singen und Sagen, 1908), meint ursprünglich einen einheitlichen Vorgang (den man erst später auf Lyrik und Epik aufteilt): zwiefache Thätigkeit des Dichters, Singen und Sagen (1835 K.Lachmann, Über Singen und Sagen; Kleine Schriften 1,461), wobei sich sagen auf den Inhalt, singen auf die Vortragsweise bezieht: Der guten Mehr bring ich so viel, / Davon ich singen und sagen wil (Luther, Kinderlied auf die Weihnacht); vom kunstmäßigen Vortrag transitiv und intransitiv: Den Alt… den Baß singen (L308 Kaspar Stieler), die Knaben haben singen gelernt (L305 Christoph Ernst Steinbach), auf eine bestimmte Rolle bezogen den Lohengrin singen (L059 DWb), auf einen Komponisten: so sänge man dich überall(Goethe an Zelter; L059 DWb), präpositional mit zu (L200 Josua Maaler) auf ein Instrument bezogen: zur Laute, zum Claviere singen (L003 Johann Christoph Adelung 1780); in festen Wendungen
⊚⊚ das ist ihm nicht an der Wiege gesungen [›prophezeit‹] worden, bei A177 Gotthold Ephraim Lessing (Nathan 1,1) mit vor, In Schlaf gesungen von des Himmels Sternen (A131 Friedrich Hölderlin, Emilie vor ihrem Brauttag), ich kan euch ein Liedlein davon singen (L169 Matthias Kramer) zur Bezeichnung leidiger Erfahrungen; schon mittelhochdeutsch auf den Dichter eines zu singenden Liedes bezogen, seit dem 17. Jahrhundert
1.2 ›dichten‹ unter Einfluß von lat. poeta›Dichter‹; seit dem Mittelhochdeutschen auch
1.3 Ausdruck für Lebensfreude: tanzen lachen unde singen (Walther v. d.Vogelweide; L059 DWb);
1.4 übertragen,
1.4.1 auf eine bestimmte Sprechweise bezogen »Fehler der Aussprache, wenn man die Sylben mit gedehntem hell tönendem Laute ausspricht« (L003 Johann Christoph Adelung 1780);
1.4.2 von gleichmäßig hohen Tönen, vom Rauschen des Blutes: Die oren singend / sausend oder pfeyfend mir (L200 Josua Maaler), »ein Gesausse und Gepfeiffe in der Luft machen mit etwas.. als eine Spißruthe« (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), die telegraphendrähte singen (L059 DWb), auch von dem Ton fast kochender Flüssigkeiten, beim Braten in der Pfanne, vom Knistern des Feuers; seit dem Mittelhochdeutschen
1.4.3 auf Vögel bezogen: schone sanc diu nahtegal (Walther v. d.Vogelweide; L059 DWb), Singe, wem Gesang gegeben… / Das ist Freude… / Wenn's von allen Zweigen schallt (A267 Ludwig Uhland, Freie Kunst); seit dem frühen 20. Jahrhundert
1.4.4 umgangssprachlich ›gestehen‹ von Kriminellen beim Verhör (1907 S.A.L348 Siegmund A. Wolf, Rotwelsch 5353); (↑ "Gesang"). In direktem Anschluß an singen(1.2)
Singer mhd. singære ursprünglich vom Dichter und Vortragenden zugleich; seit späterem 18. Jahrhundert veraltet (L003 Johann Christoph Adelung 1780), erhalten in Meistersinger (↑ {{link}}Meistergesang{{/link}}, frühnhd., mhd. ›Liederdichter‹), Minnesinger (mhd. , von Bodmer wiederbelebt) und ersetzt durch ↑ "Sänger";
Singspiel um 1675 ⇓ "S125" Lehnübertragung für Melodrama;
Singsang (18. Jahrhundert) ⇓ "S121" lautmalerisch, ⇓ "S053" reduplizierend; ›(schlechter, eintöniger) Gesang‹: elender Singsang (L033 Joachim Heinrich Campe).
⊚ das Lob jmds. singen, literarisch seit Klopstock: sing', unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung, auch mit persönlichem Objekt: wie Gna im Fluge sing' ich meine Freunde; ⇓ "S007" formelhaft singen und sagen (westgermanisch) nach kirchenlat. cantare et dicere (psalmum) (J.Schwietering, Singen und Sagen, 1908), meint ursprünglich einen einheitlichen Vorgang (den man erst später auf Lyrik und Epik aufteilt): zwiefache Thätigkeit des Dichters, Singen und Sagen (1835 K.Lachmann, Über Singen und Sagen; Kleine Schriften 1,461), wobei sich sagen auf den Inhalt, singen auf die Vortragsweise bezieht: Der guten Mehr bring ich so viel, / Davon ich singen und sagen wil (Luther, Kinderlied auf die Weihnacht); vom kunstmäßigen Vortrag transitiv und intransitiv: Den Alt… den Baß singen (L308 Kaspar Stieler), die Knaben haben singen gelernt (L305 Christoph Ernst Steinbach), auf eine bestimmte Rolle bezogen den Lohengrin singen (L059 DWb), auf einen Komponisten: so sänge man dich überall(Goethe an Zelter; L059 DWb), präpositional mit zu (L200 Josua Maaler) auf ein Instrument bezogen: zur Laute, zum Claviere singen (L003 Johann Christoph Adelung 1780); in festen Wendungen
⊚⊚ das ist ihm nicht an der Wiege gesungen [›prophezeit‹] worden, bei A177 Gotthold Ephraim Lessing (Nathan 1,1) mit vor, In Schlaf gesungen von des Himmels Sternen (A131 Friedrich Hölderlin, Emilie vor ihrem Brauttag), ich kan euch ein Liedlein davon singen (L169 Matthias Kramer) zur Bezeichnung leidiger Erfahrungen; schon mittelhochdeutsch auf den Dichter eines zu singenden Liedes bezogen, seit dem 17. Jahrhundert
1.2 ›dichten‹ unter Einfluß von lat. poeta›Dichter‹; seit dem Mittelhochdeutschen auch
1.3 Ausdruck für Lebensfreude: tanzen lachen unde singen (Walther v. d.Vogelweide; L059 DWb);
1.4 übertragen,
1.4.1 auf eine bestimmte Sprechweise bezogen »Fehler der Aussprache, wenn man die Sylben mit gedehntem hell tönendem Laute ausspricht« (L003 Johann Christoph Adelung 1780);
1.4.2 von gleichmäßig hohen Tönen, vom Rauschen des Blutes: Die oren singend / sausend oder pfeyfend mir (L200 Josua Maaler), »ein Gesausse und Gepfeiffe in der Luft machen mit etwas.. als eine Spißruthe« (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), die telegraphendrähte singen (L059 DWb), auch von dem Ton fast kochender Flüssigkeiten, beim Braten in der Pfanne, vom Knistern des Feuers; seit dem Mittelhochdeutschen
1.4.3 auf Vögel bezogen: schone sanc diu nahtegal (Walther v. d.Vogelweide; L059 DWb), Singe, wem Gesang gegeben… / Das ist Freude… / Wenn's von allen Zweigen schallt (A267 Ludwig Uhland, Freie Kunst); seit dem frühen 20. Jahrhundert
1.4.4 umgangssprachlich ›gestehen‹ von Kriminellen beim Verhör (1907 S.A.L348 Siegmund A. Wolf, Rotwelsch 5353); (↑ "Gesang"). In direktem Anschluß an singen(1.2)
Singer mhd. singære ursprünglich vom Dichter und Vortragenden zugleich; seit späterem 18. Jahrhundert veraltet (L003 Johann Christoph Adelung 1780), erhalten in Meistersinger (↑ {{link}}Meistergesang{{/link}}, frühnhd., mhd. ›Liederdichter‹), Minnesinger (mhd. , von Bodmer wiederbelebt) und ersetzt durch ↑ "Sänger";
Singspiel um 1675 ⇓ "S125" Lehnübertragung für Melodrama;
Singsang (18. Jahrhundert) ⇓ "S121" lautmalerisch, ⇓ "S053" reduplizierend; ›(schlechter, eintöniger) Gesang‹: elender Singsang (L033 Joachim Heinrich Campe).