Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Sicht
ahd. / mhd. siht, zu ↑ "sehen"; bis ins Mittelhochdeutsche ›Fähigkeit zu sehen‹; dann1 ›Möglichkeit des (erkennenden) Sehens‹ aus der mittelniederdeutschen ⇓ "S196" Seemannssprache (15. Jahrhundert), seit dem 19. Jahrhundert allgemein, ohne Artikel in, außer, ohne Sicht, gute, schlechte Sicht (L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache), Zusammensetzungen Rundsicht, Fernsicht, dazu wohl erst neuer übertragen ›Blickweise‹: seine Sicht der Welt, aus meiner Sicht, aus der Sicht des Arztes (L337 WdG); seit dem 16. Jahrhundert (L277 Alfred Schirmer, Kaufmannssprache)
2 ⇓ "S106" kaufmannssprachlich: acht Tag nach Sicht (L169 Matthias Kramer), heute auf, bei Sicht (L059 DWb) Lehnübersetzung von ital. a vista zur Bezeichnung des Fälligkeitstermins von Zahlungen, daher ›Laufzeit‹ (17. Jahrhundert) in den festen Wendungen auf lange, kurze Sicht (L320 Trübner), übertragen ›lang-, kurzfristig‹; in Zusammensetzungen ⇑ "Absicht", "Ansicht", "Aufsicht", "Aussicht", "Einsicht", "Nachsicht", "Rücksicht", "Übersicht", "Umsicht", "Vorsicht", "Zuversicht", "Gesicht", "besichtigen".
sichtbar (um 1500; A180 Martin Luther, 2.Korinther 4,18) verkürzt aus veraltet sichtbarlich (um 1480); in der Bedeutung unmittelbar an "sehen" angelehnt;
1.1 ›mit den Augen wahrnehmbar‹, die sichtbare Welt (biblisch), die Physik läßt Unbegreifliches sichtbar sein (Goethe);
1.2 übertragen auf geistige Wahrnehmung ›offensichtlich‹: es ist sichtbar, daß dies seine Absicht war (L033 Joachim Heinrich Campe); veraltet adverbial ›sichtlich‹: sein Herz schlug sichtbar empor (Klopstock), sichtbar erfreut (C.F.Meyer), die sichtbar am Morgen erst geschriebenen Zeilen (Storm); im 18. Jahrhundert Lehnbedeutung nach franz. visible
2 ›für Besuch zu sprechen‹: wenn sie für einen Burleigh sichtbar ist (A222 Friedrich Schiller, Stuart 4,6);
sichtlich mhd. sihtlih; zunächst
1 (veraltet) ›sichtbar‹: allen sichtlichen Gegenständen (Herder), adverbial jeder bildende Künstler, der die handelnden Personen eines Romans sichtlich vor sich handeln läßt(Goethe); heute nur noch speziell
2 ›offenkundig, deutlich wahrnehmbar‹: er war sichtlich im zweifel(Alexis; L059 DWb), er ist sichtlich gewachsen, ähnlich "ersichtlich", an "ersehen" anschließend; daneben bis ins 19. Jahrhundert mundartlich, im 18. Jahrhundert auch in der Literatur
3 ›sehend‹: vor meinen sichtlichen Augen(J.T.Hermes; L059 DWb);
sichten1 ⇓ "S087" ⇓ "S196" seemannssprachlich ›in Sicht bekommen‹, nicht vor 1850 (L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache), häufig im Passiv: ein Schiff wird gesichtet ›kommt in Sicht‹ (1869; L265 Daniel Sanders Erg.);
sichtig mundartlich, mhd. sihtic, bis ins 18. Jahrhundert auch in der Literatur wie sichtlich (s. oben): mit meinen sichtigen Augen; frühneuhochdeutsch auch ›sichtbar‹; allgemein heute nur noch vom Wetter ›klar‹ wie Ende des 18. Jahrhunderts seemannssprachlich (L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache) und die Zusammensetzungen "kurzsichtig", fernsichtig, weitsichtig, scharfsichtig; ferner "ansichtig"; mit passivischem Sinn "durchsichtig"; dagegen "einsichtig" (zu ↑ "Einsicht"), "nachsichtig" (zu ↑ "nachsehen"), umsichtig (zu ↑ "Umsicht"), "vorsichtig" (zu ↑ "Vorsicht").
2 ⇓ "S106" kaufmannssprachlich: acht Tag nach Sicht (L169 Matthias Kramer), heute auf, bei Sicht (L059 DWb) Lehnübersetzung von ital. a vista zur Bezeichnung des Fälligkeitstermins von Zahlungen, daher ›Laufzeit‹ (17. Jahrhundert) in den festen Wendungen auf lange, kurze Sicht (L320 Trübner), übertragen ›lang-, kurzfristig‹; in Zusammensetzungen ⇑ "Absicht", "Ansicht", "Aufsicht", "Aussicht", "Einsicht", "Nachsicht", "Rücksicht", "Übersicht", "Umsicht", "Vorsicht", "Zuversicht", "Gesicht", "besichtigen".
sichtbar (um 1500; A180 Martin Luther, 2.Korinther 4,18) verkürzt aus veraltet sichtbarlich (um 1480); in der Bedeutung unmittelbar an "sehen" angelehnt;
1.1 ›mit den Augen wahrnehmbar‹, die sichtbare Welt (biblisch), die Physik läßt Unbegreifliches sichtbar sein (Goethe);
1.2 übertragen auf geistige Wahrnehmung ›offensichtlich‹: es ist sichtbar, daß dies seine Absicht war (L033 Joachim Heinrich Campe); veraltet adverbial ›sichtlich‹: sein Herz schlug sichtbar empor (Klopstock), sichtbar erfreut (C.F.Meyer), die sichtbar am Morgen erst geschriebenen Zeilen (Storm); im 18. Jahrhundert Lehnbedeutung nach franz. visible
2 ›für Besuch zu sprechen‹: wenn sie für einen Burleigh sichtbar ist (A222 Friedrich Schiller, Stuart 4,6);
sichtlich mhd. sihtlih; zunächst
1 (veraltet) ›sichtbar‹: allen sichtlichen Gegenständen (Herder), adverbial jeder bildende Künstler, der die handelnden Personen eines Romans sichtlich vor sich handeln läßt(Goethe); heute nur noch speziell
2 ›offenkundig, deutlich wahrnehmbar‹: er war sichtlich im zweifel(Alexis; L059 DWb), er ist sichtlich gewachsen, ähnlich "ersichtlich", an "ersehen" anschließend; daneben bis ins 19. Jahrhundert mundartlich, im 18. Jahrhundert auch in der Literatur
3 ›sehend‹: vor meinen sichtlichen Augen(J.T.Hermes; L059 DWb);
sichten1 ⇓ "S087" ⇓ "S196" seemannssprachlich ›in Sicht bekommen‹, nicht vor 1850 (L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache), häufig im Passiv: ein Schiff wird gesichtet ›kommt in Sicht‹ (1869; L265 Daniel Sanders Erg.);
sichtig mundartlich, mhd. sihtic, bis ins 18. Jahrhundert auch in der Literatur wie sichtlich (s. oben): mit meinen sichtigen Augen; frühneuhochdeutsch auch ›sichtbar‹; allgemein heute nur noch vom Wetter ›klar‹ wie Ende des 18. Jahrhunderts seemannssprachlich (L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache) und die Zusammensetzungen "kurzsichtig", fernsichtig, weitsichtig, scharfsichtig; ferner "ansichtig"; mit passivischem Sinn "durchsichtig"; dagegen "einsichtig" (zu ↑ "Einsicht"), "nachsichtig" (zu ↑ "nachsehen"), umsichtig (zu ↑ "Umsicht"), "vorsichtig" (zu ↑ "Vorsicht").