Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schwindeln
ahd. swintilon, mhd. swindeln, zu ↑ "schwinden";1 ›taumeln, bewußtlos werden‹, unpersönlich mir (früher vereinzelt auch mich) schwindelt: Es schwindelt mir… / … / Nur wer die Sehnsucht kennt, / Weiß, was ich leide (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Lehrjahre 1,22,67), daneben auch mir schwindelt der Kopf, ich schwindle; das Partizip Präsens in ungenauer Verknüpfung: der schwindelnde Taumel (Klopstock), schwindelnde Angst (Leisewitz), mit schwindelndem Drehen(Schiller), eine schwindelnde Höhe, auch schwindelnder Abhang; übertragen der stolzeste dieser schwindelnden Eroberer (Klopstock), von Freiheit und Überfluß schwindelnd (Schiller); seit dem 18. Jahrhundert
2 »unwahrscheinliche, abentheuerliche Entwürfe machen« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), ›flunkern, lügen‹; seit Ende des 18. Jahrhunderts auch ›betrügen‹ (L059 DWb), wohl erst neuer auch transitiv präpositional: Er schwindelte ihn auf die Liste der ersten Heimkehrer (H.Kant; L337 WdG), älter die Zusammensetzungen abschwindeln, anschwindeln, beschwindeln, durchschwindeln, erschwindeln, vorschwindeln; daraus ⇓ "S183" rückgebildet mit analoger Bedeutungsentwicklung
Schwindel spätmhd. swindel;
1 zuerst für den körperlichen Zustand, auf dem Theater häufig zur Darstellung heftiger Gemütsbewegung: komm! hilf mir auf! – es ist nur ein anstos von schwindel (A222 Friedrich Schiller, Räuber 5,1), häufig als Reaktion auf große Höhe: Nicht ohne Schwindel hinab sehen können (L003 Johann Christoph Adelung 1780); dann wie "Taumel" auf einen geistigen Zustand übertragen, bei dem Besonnenheit und klare Überlegung geschwunden ist: schwindel ritterlicher oder religiöser begeisterung (Schiller; L059 DWb), so auch in Schwindelgeist (A180 Martin Luther, Jesaja 19,14), Schwindelkopf (Wieland; A222 Friedrich Schiller, Räuber 4,8); seit dem 16. Jahrhundert über ›unbesonnenes Handeln‹ weiterentwickelt zu
2 ›unlauteres Handeln, Betrug‹, Schwindel in der Handlung »welcher den Marchand Avanturier ausmacht« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), im 19. Jahrhundert durchgesetzt; dann auch verächtlich ›wertloses Zeug‹: ich musz mir… den schwindel einmal ansehen (L059 DWb);
schwind(e)lig Anfang des 16. Jahrhunderts, Nebenform schwindelicht (1678; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); schwindeln(1) entsprechend er ist vom Tanzen schwindlig, auch mir ist schwindlig; auf geistigen Zustand übertragen ein gleichmütiger, unbeweglicher Charakter, den kein Glücksfall schwindlicht machen konnte (Schiller), mit ungenauer Verknüpfung am Abgrund leitet der schwindlichte Steg (Schiller), zwischen schwindlig tiefen Schlünden(Wieland);
Schwindler (L308 Kaspar Stieler) zu schwindeln(2); ursprünglich ›Phantast, Lügner‹; im 18. Jahrhundert verstärkt ›Betrüger‹, von gleichbedeutend engl. swindler (1775; L228 OED) beeinflußt, zunächst speziell auf Geldgeschäfte bezogen: ein geldgeschäft?… ja darin bist du grosz… als… schwindler! (Freytag; L059 DWb).
2 »unwahrscheinliche, abentheuerliche Entwürfe machen« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), ›flunkern, lügen‹; seit Ende des 18. Jahrhunderts auch ›betrügen‹ (L059 DWb), wohl erst neuer auch transitiv präpositional: Er schwindelte ihn auf die Liste der ersten Heimkehrer (H.Kant; L337 WdG), älter die Zusammensetzungen abschwindeln, anschwindeln, beschwindeln, durchschwindeln, erschwindeln, vorschwindeln; daraus ⇓ "S183" rückgebildet mit analoger Bedeutungsentwicklung
Schwindel spätmhd. swindel;
1 zuerst für den körperlichen Zustand, auf dem Theater häufig zur Darstellung heftiger Gemütsbewegung: komm! hilf mir auf! – es ist nur ein anstos von schwindel (A222 Friedrich Schiller, Räuber 5,1), häufig als Reaktion auf große Höhe: Nicht ohne Schwindel hinab sehen können (L003 Johann Christoph Adelung 1780); dann wie "Taumel" auf einen geistigen Zustand übertragen, bei dem Besonnenheit und klare Überlegung geschwunden ist: schwindel ritterlicher oder religiöser begeisterung (Schiller; L059 DWb), so auch in Schwindelgeist (A180 Martin Luther, Jesaja 19,14), Schwindelkopf (Wieland; A222 Friedrich Schiller, Räuber 4,8); seit dem 16. Jahrhundert über ›unbesonnenes Handeln‹ weiterentwickelt zu
2 ›unlauteres Handeln, Betrug‹, Schwindel in der Handlung »welcher den Marchand Avanturier ausmacht« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), im 19. Jahrhundert durchgesetzt; dann auch verächtlich ›wertloses Zeug‹: ich musz mir… den schwindel einmal ansehen (L059 DWb);
schwind(e)lig Anfang des 16. Jahrhunderts, Nebenform schwindelicht (1678; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); schwindeln(1) entsprechend er ist vom Tanzen schwindlig, auch mir ist schwindlig; auf geistigen Zustand übertragen ein gleichmütiger, unbeweglicher Charakter, den kein Glücksfall schwindlicht machen konnte (Schiller), mit ungenauer Verknüpfung am Abgrund leitet der schwindlichte Steg (Schiller), zwischen schwindlig tiefen Schlünden(Wieland);
Schwindler (L308 Kaspar Stieler) zu schwindeln(2); ursprünglich ›Phantast, Lügner‹; im 18. Jahrhundert verstärkt ›Betrüger‹, von gleichbedeutend engl. swindler (1775; L228 OED) beeinflußt, zunächst speziell auf Geldgeschäfte bezogen: ein geldgeschäft?… ja darin bist du grosz… als… schwindler! (Freytag; L059 DWb).