Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Schwester
ahd. swestar, mhd. swester, indogermanisch (altind. svásar-, altslaw. sestra, lat. soror);1.1 bezogen auf das Verwandtschaftsverhältnis Absalom… hatte eine schöne Schwester / die hies Thamar (A180 Martin Luther, 2.Samuel 13,1), in der familiären Gemeinschaft Ein Sohn… zwischen beiden Schwestern nun Orest… wuchs (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie 410f)., bezogen auf die Reihenfolge der Geburt die vierte Schwester… die jüngste. Sie wußte von nichts (A215 Rainer Maria Rilke, Aufzeichnungen 838), für diese auch der Diminutiv Mein Schwesterchen ist tot, / Ich hatte mit dem Kind wohl meine liebe Not (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,3121f.), Klapperstorch, Langebein, bring' mir doch ein Schwesterlein (C.A026 Clemens Brentano, Tagebuch der Ahnfrau; Werke 3, 1965, 852); in der direkten ⇓ "S011" Anrede sieh dich vor, schwester! (Lessing; L059 DWb), als Redegegenstand seit dem 19. Jahrhundert »in förmlicher Sprache« ihr fräulein schwester (L059 DWb); allgemeiner
1.2 von zueinander in enger Beziehung stehenden weiblichen Personen, seit dem Mittelhochdeutschen ›Nonne‹, geistliche swestern (L190 Lexer), Klosterschwester, Ordensschwester (L308 Kaspar Stieler), barmherzige Schwestern die sich vornehmlich der Krankenpflege widmen, seit dem 18. Jahrhundert studentensprachlich spöttisch ›Prostituierte‹ (L164 Friedrich Kluge; L115 Helmut Henne/ L115 Georg Objartel 5); ohne Zusatz verkürzte Berufsbezeichnung ›Krankenschwester‹: die Schwester… / hält sterile Tupfer hin (A010 Gottfried Benn, Blinddarm); im Sinne von ›Freundin, Geliebte‹: Du hast mir das hertz genomen / meine Schwester liebe Braut (A180 Martin Luther, Hohelied 4,9), Brüder! Schwestern! jauchzt der Liebe (A131 Friedrich Hölderlin, Lied der Liebe; 1,111), speziell von Frauen untereinander einer ihre Schwester seyn (L169 Matthias Kramer), Prothoe! Meiner Seelen Schwester! Willst du mir folgen? (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Penthesilea 5), so seit späterem 20. Jahrhundert in der Emanzipationsbewegung von gleichgesinnten Frauen: Schwester wohin geht die Reise? (1977 Kursbuch 47,185ff.); übertragen zur Bezeichnung von Ähnlichkeit: wenn der Schmerz mit seiner Schwester / Der Wonne sich versöhnt (A131 Friedrich Hölderlin, Emilie vor ihrem Brauttag), von Blumen: Die lezte deiner… schwestern / Fiel tot… zur erde gestern (S.A067 Stefan George, November-Rose); wohl erst ⇓ "S147" seit neuester Zeit
1.3"S103" jargonal ›Homosexueller‹ (L098 2GWb). ⇑ "Geschwister", "Verwandtschaft".
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