Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schweigen
starkes Verb intransitiv (ursprünglich schwach), ahd. swigen, mhd. swigen, westgermanisch, urverwandt griech. sigan; der bis ins 19. Jahrhundert belegte transitive Gebrauch des schwachen Verbs ›zum Schweigen bringen‹ (ahd. / mhd. sweigen) erhalten in ↑ "geschweige", verschweigen; mittelhochdeutsch namentlich in der Zusammensetzung mit ge-auch ›aufhören zu reden, verstummen‹, dann Perfekt mit sein, so noch bei Luther: darnach, als sie geschwiegen waren. ›Stumm, still sein, nichts sagen‹, Gegensatz "reden", "sprechen", frühneuhochdeutsch mit Genitiv: ich schweige der Freuden (Luther); auch mit Akkusativ wie verschweigen: einen Grund darf ich nicht schweigen (Wieland), warum schweigst du mir das Kostbarste? (Schiller), jetzt mit von; anders zu etwas schweigen: Gang dein straaß vnnd Schweyg darzu (L200 Josua Maaler), negiert zur Bezeichnung von Empörung Ich kann dazu nicht schweigen (L169 Matthias Kramer), literarisch auch mit über: Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen (A282 Ludwig Wittgenstein, Tractatus 7); zur Bezeichnung einer Klimax in der elliptischen Infinitivkonstruktion (ganz) zu schweigen, daß (vgl. L308 Kaspar Stieler Zugeschweigen, daß etc.); mit Dativ: Meine Schwester, der ich so lange geschwiegen habe als dir (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 20.5.76), pleonastisch still schweigen (mhd. sweic er stille; L059 DWb), das Partizip Präsens mit ungenauer Verknüpfung stillschweigende Übereinkunft (Goethe; L059 DWb), schweigende Mehrheit (Die Welt 1970; L010 AWb) nach engl. silent majority; übertragen: wälder, felder schweigen still (A294 Wunderhorn, Ständchen), die Waffen schweigen (L169 Matthias Kramer), horchen, ob in der Ferne der ersehnte Kanonendonner endlich aufhört zu schweigen (J.A006 Jurek Becker, Lügner 110); Substantiv das Schweigen, beredtes Schweigen »aus dem man deutlich etwas entnehmen kann« (L059 DWb), Stillschweigen; dazu Schweigegeld (L059 DWb), im Sinn einer politischen Aussage Schweigemarsch, zum Ausdruck von Gedenken Schweigeminute.
starkes Verb intransitiv (ursprünglich schwach), ahd. swigen, mhd. swigen, westgermanisch, urverwandt griech. sigan; der bis ins 19. Jahrhundert belegte transitive Gebrauch des schwachen Verbs ›zum Schweigen bringen‹ (ahd. / mhd. sweigen) erhalten in ↑ "geschweige", verschweigen; mittelhochdeutsch namentlich in der Zusammensetzung mit ge-auch ›aufhören zu reden, verstummen‹, dann Perfekt mit sein, so noch bei Luther: darnach, als sie geschwiegen waren. ›Stumm, still sein, nichts sagen‹, Gegensatz "reden", "sprechen", frühneuhochdeutsch mit Genitiv: ich schweige der Freuden (Luther); auch mit Akkusativ wie verschweigen: einen Grund darf ich nicht schweigen (Wieland), warum schweigst du mir das Kostbarste? (Schiller), jetzt mit von; anders zu etwas schweigen: Gang dein straaß vnnd Schweyg darzu (L200 Josua Maaler), negiert zur Bezeichnung von Empörung Ich kann dazu nicht schweigen (L169 Matthias Kramer), literarisch auch mit über: Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen (A282 Ludwig Wittgenstein, Tractatus 7); zur Bezeichnung einer Klimax in der elliptischen Infinitivkonstruktion (ganz) zu schweigen, daß (vgl. L308 Kaspar Stieler Zugeschweigen, daß etc.); mit Dativ: Meine Schwester, der ich so lange geschwiegen habe als dir (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 20.5.76), pleonastisch still schweigen (mhd. sweic er stille; L059 DWb), das Partizip Präsens mit ungenauer Verknüpfung stillschweigende Übereinkunft (Goethe; L059 DWb), schweigende Mehrheit (Die Welt 1970; L010 AWb) nach engl. silent majority; übertragen: wälder, felder schweigen still (A294 Wunderhorn, Ständchen), die Waffen schweigen (L169 Matthias Kramer), horchen, ob in der Ferne der ersehnte Kanonendonner endlich aufhört zu schweigen (J.A006 Jurek Becker, Lügner 110); Substantiv das Schweigen, beredtes Schweigen »aus dem man deutlich etwas entnehmen kann« (L059 DWb), Stillschweigen; dazu Schweigegeld (L059 DWb), im Sinn einer politischen Aussage Schweigemarsch, zum Ausdruck von Gedenken Schweigeminute.