Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Schwarm
ahd. swar(a)m, mhd. swarm, altgermanisch, verwandt mit ⇑ "schwirren", "surren", mit der Vorstellung einer unruhigen lärmenden Bewegung verknüpft.1.1 Zunächst vom Bienenschwarm, dann auch zur Bezeichnung einer unruhig sich bewegenden Vielzahl in bezug auf andere Insekten, auf Vögel, Fische, Menschen, bis ins 19. Jahrhundert häufig auf eine Gruppe von Soldaten bezogen (vgl. L308 Kaspar Stieler, L004 Johann Christoph Adelung), noch heute häufig in Verbindungen wie der gäste schwarm (Gotter; L059 DWb), übertragen Schwarm von Gedanken u.dgl.
1.2 Durch Anlehnung an das Verb zuweilen Tätigkeitsbezeichnung vom fröhlich feiernden Ziehen durch Straßen, Wirtshäuser: auszuruhn von diesem Fastnachtsschwarme(Wieland), so ein Fassnachts Goethe in Schwarm und Saus (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 17.2.75).
2 Von Luther religiös gedeutet ›Irrglauben‹ (vgl. L059 DWb), danach auch weltlich: hat ie ein narr so süszen schwarm erkiest(Gryphius; L059 DWb), weiterentwickelt zu einer positiven Deutung ›etwas/ jmd. , für das/ den man sich begeistert‹ seit dem 19. Jahrhundert umgangssprachlich: das ist mein schwarm nicht (L059 DWb), heute zumeist auf verehrte Personen bezogen.
Schwarmgeist (1527; ⇓ "S032" Luther) zunächst religiös ›Sektierer‹: wider die Schwarmgeister (ebenda), dann allgemeiner »lymphaticus« (›Wahnsinniger‹) (L308 Kaspar Stieler); heute wie Schwärmer (s. unten) nur noch vom begeistert Zugeneigten;
schwärmen ahd. sweremen, mhd. swermen, swarmen;
1.1 zunächst von einer Mehrheit ›als Schwarm sich bewegen‹, speziell von Bienen, wenn sie den Stock verlassen, um einen neuen Staat zu gründen (vgl. L308 Kaspar Stieler), ausschwärmen; weiterhin
1.2 auch von Einzelwesen ›unruhig umherschweifen‹: die Biene schwärmt um die Blume, die Mücke um das Licht; Liebe schwärmt auf allen Wegen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Claudine 379), wenn ich gleich diesen Sommer noch viel schwärmen muß (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 7.7.84); daraus abgeleitet ›sich einem lärmenden Vergnügen hingeben‹: er hat die ganze Nacht geschwärmt, wie haben Sie geschlafen auf das gestrige Schwärmen? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 13.4.76); speziell
2 zu Schwarm(2) seit der Reformationszeit für sektiererisches Abirren von der Kirchenlehre, so noch A075 Johann Wolfgang von Goethe in meinem Schwärmen den Unglauben (Brief vom 20.5.74), dann überhaupt auf einen Zustand übertragen, in dem die Gedanken der sinnlichen Gegenwart entrückt ganz von einem anderen Gegenstand in Anspruch genommen werden, um 1800 negativ gedeutet »dunkele oder verworrene Vorstellungen.. zum Bestimmungsgrunde seiner Urtheile und Handlungen annehmen« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), daneben wie heute nur noch »warm empfinden und.. begeistert werden« (L264 Daniel Sanders): schwärmen für etwas/ jmdn;
Schwärmer (⇓ "S032" Luther); zunächst und bis ins 19. Jahrhundert
1.1 ›religiös Irrgläubiger‹: papisten und schwermer (Luther; L059 DWb); daneben auch allgemeiner: schwermer und fantasten (1563; L059 DWb); im heutigen Sinn
1.2 von einem liebenden Verehrer seit dem späteren 18. Jahrhundert: glaub es, Laura, deinem Schwärmer(A222 Friedrich Schiller, Melancholie an Laura); seit dem 17. Jahrhundert auch
2 ›Nachtschwärmer‹ (L308 Kaspar Stieler); übertragen
3 ›eine Art kleiner Rakete als Feuerwerkskörper‹ (1664; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), seit dem 18. Jahrhundert
4 ›Schmetterlingsart‹, »Abendvögel« (L033 Joachim Heinrich Campe);
Schwärmerei ⇓ "S075" seit ⇓ "S032" Luther in den verschiedenen Bedeutungen von schwärmen.
1.2 Durch Anlehnung an das Verb zuweilen Tätigkeitsbezeichnung vom fröhlich feiernden Ziehen durch Straßen, Wirtshäuser: auszuruhn von diesem Fastnachtsschwarme(Wieland), so ein Fassnachts Goethe in Schwarm und Saus (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 17.2.75).
2 Von Luther religiös gedeutet ›Irrglauben‹ (vgl. L059 DWb), danach auch weltlich: hat ie ein narr so süszen schwarm erkiest(Gryphius; L059 DWb), weiterentwickelt zu einer positiven Deutung ›etwas/ jmd. , für das/ den man sich begeistert‹ seit dem 19. Jahrhundert umgangssprachlich: das ist mein schwarm nicht (L059 DWb), heute zumeist auf verehrte Personen bezogen.
Schwarmgeist (1527; ⇓ "S032" Luther) zunächst religiös ›Sektierer‹: wider die Schwarmgeister (ebenda), dann allgemeiner »lymphaticus« (›Wahnsinniger‹) (L308 Kaspar Stieler); heute wie Schwärmer (s. unten) nur noch vom begeistert Zugeneigten;
schwärmen ahd. sweremen, mhd. swermen, swarmen;
1.1 zunächst von einer Mehrheit ›als Schwarm sich bewegen‹, speziell von Bienen, wenn sie den Stock verlassen, um einen neuen Staat zu gründen (vgl. L308 Kaspar Stieler), ausschwärmen; weiterhin
1.2 auch von Einzelwesen ›unruhig umherschweifen‹: die Biene schwärmt um die Blume, die Mücke um das Licht; Liebe schwärmt auf allen Wegen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Claudine 379), wenn ich gleich diesen Sommer noch viel schwärmen muß (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 7.7.84); daraus abgeleitet ›sich einem lärmenden Vergnügen hingeben‹: er hat die ganze Nacht geschwärmt, wie haben Sie geschlafen auf das gestrige Schwärmen? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 13.4.76); speziell
2 zu Schwarm(2) seit der Reformationszeit für sektiererisches Abirren von der Kirchenlehre, so noch A075 Johann Wolfgang von Goethe in meinem Schwärmen den Unglauben (Brief vom 20.5.74), dann überhaupt auf einen Zustand übertragen, in dem die Gedanken der sinnlichen Gegenwart entrückt ganz von einem anderen Gegenstand in Anspruch genommen werden, um 1800 negativ gedeutet »dunkele oder verworrene Vorstellungen.. zum Bestimmungsgrunde seiner Urtheile und Handlungen annehmen« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), daneben wie heute nur noch »warm empfinden und.. begeistert werden« (L264 Daniel Sanders): schwärmen für etwas/ jmdn;
Schwärmer (⇓ "S032" Luther); zunächst und bis ins 19. Jahrhundert
1.1 ›religiös Irrgläubiger‹: papisten und schwermer (Luther; L059 DWb); daneben auch allgemeiner: schwermer und fantasten (1563; L059 DWb); im heutigen Sinn
1.2 von einem liebenden Verehrer seit dem späteren 18. Jahrhundert: glaub es, Laura, deinem Schwärmer(A222 Friedrich Schiller, Melancholie an Laura); seit dem 17. Jahrhundert auch
2 ›Nachtschwärmer‹ (L308 Kaspar Stieler); übertragen
3 ›eine Art kleiner Rakete als Feuerwerkskörper‹ (1664; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), seit dem 18. Jahrhundert
4 ›Schmetterlingsart‹, »Abendvögel« (L033 Joachim Heinrich Campe);
Schwärmerei ⇓ "S075" seit ⇓ "S032" Luther in den verschiedenen Bedeutungen von schwärmen.