Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schütten
ahd. scut(t)en, mhd. schüten, verwandt mit ↑ "schaudern"; ursprünglich ›schütteln‹ (↑ "ausschütten"), mit Richtungsbezeichnungen verbunden trat die Vorstellung des Niederfallenlassens hervor, daher seit dem Mittelhochdeutschen in der heutigen Bedeutung ›fließen lassen‹ (von Flüssigkeiten, Pulvern, körnigen Stoffen), Wasser in den Wein schütten (L308 Kaspar Stieler), mit Akkusativ des Inhalts (wie aufschütten)einen Wall, ein Grabmal schütten, seit dem 19. Jahrhundert fachsprachlich im Bauwesen einen deich schütten (L059 DWb), Beton schütten, wenn er in die Schalung gebracht wird; ohne ausgedrücktes Objekt fachsprachlich: Getreide schüttet gut, schlecht(gibt guten, schlechten Körnerertrag), daher gute (reiche) Schüttung; unpersönlich umgangssprachlich es schüttetregnet stark‹ (Hebel; L264 Daniel Sanders); ⇑ "schüttern", "verschütten". Dazu das Iterativumschütteln ahd. scutilon, mhd. schüteln, Das Fieber schuttelt ihn (L308 Kaspar Stieler), Schüttelfrost (L059 DWb), reflexiv Er schuttelt sich (L308 Kaspar Stieler), auch unpersönlich mich schüttelts (L059 DWb), z. B. vor Ekel, Lachen; im Sinne von ›ernteneinen Baum schütteln (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch); wie aufschütteln von Betten (vgl. L059 DWb); jmdn. schütteln »in zorn, oder um ihn der unbeweglichkeit oder trägheit zu entreiszen« (L059 DWb); als Geste, zum Ausdruck von Ablehnung, Verwunderung: Die… lesterten jn / vnd schüttelten jre Köpffe (A180 Martin Luther, Matthäus 27), Zeichen der Begrüßung, des Abschieds Jemanden die Hände schütteln (L004 Johann Christoph Adelung);
⊚⊚ den Staub von den Füßen schütteln (nach Matthäus 10,14) gehoben, wenn etwas aufgegeben wird, etwas aus dem Ärmel schüttelnohne Vorbereitung und Schwierigkeiten hervorbringen‹, zunächst wohl auf eine Predigt bezogen in Hinblick auf die weiten Ärmel des Predigerrocks (frühes 17. Jahrhundert; L059 DWb).
Schüttelreim (Ende des 19. Jahrhunderts; L320 Trübner) »ein durch Lautverstellung erreichtes Lautspiel« (ebenda), z. B. Fink und Star > … stink und fahr;
Schütte Fem. mhd. schüt(e) (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); anfangs z. T. wie jüngeres "Schutt" ›Erdwall‹, speziell ›angeschwemmtes Erdreich‹; als quantitativer Begriff weiterentwickelt
1Aufgeschüttetes‹, ⇓ "S163" oberdeutsch von Steinen, Kies u.ä., besonders von Stroh ›Bündel‹: eine Schütte Stroh (L308 Kaspar Stieler), daher bis zum 19. Jahrhundert übertragen auch ›Lager‹: hütte, / wo der freund auf seiner schütte / … lag (Geibel; L059 DWb); räumlich
2"S195" schweizerisch ›Boden, auf dem Stroh, Getreide gelagert wird‹, ⇓ "S100" jägersprachlich auch ›angelegter Futterplatz‹; allgemein üblich ⇓ "S029" seit etwa 1930 nur noch
3kleine Schublade an Küchenschränken zur Aufbewahrung von Lebensmitteln, die sich schütten lassen‹;
Schutt Mask. (15. Jahrhundert); zuerst und bis ins 18. Jahrhundert ›aufgeschütteter Wall‹, so bei Luther, auch mit einem Plural Schütte, seit dem 17. Jahrhundert wie heute ›Trümmer, Abfall‹, auf kriegszerstörte Städte bezogen: ihr zerstörten Schlösser und Städte voller Schutt und Stein(P.Gerhardt), Nazi-Schufte [..], die… die deutschen Städte in Schutt sinken lassen (Th.A183 Thomas Mann, Rundfunkreden 20.3.1945), in der Doppelformel in Schutt und Asche (L320 Trübner) ›vollkommen zerstört‹; landschaftlich auch ›Müll‹ (↑ "Müll") (vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 4–16); übertragen zur Bezeichnung von Überkommenem ein neues schönes weltgebäude / wird aus des alten schutt entstehn (Cronegk; L059 DWb); daneben wie "Schotter" auf das Geröll im Gebirge (vgl. L059 DWb) bezogen.
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