Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schreiben
ahd. scriban, mhd. schriben, mit der lateinischen Schrift früh entlehnt < ⇓ "S120" lat. scribere (↑ "Buchstabe", ⇑ "reißen", "Rune", "lesen").1 Intransitiv, komplementär zu ›lesen‹, häufig in der Formel: si kunde schriben unde lesen (Tristan; L059 DWb), schon (L308 Kaspar Stieler), leserlich schreiben (L003 Johann Christoph Adelung 1780), er schreibet nicht gerne (L308 Kaspar Stieler), im Partizip Prät. dar an stuont geschriben (Hartmann von Aue; L059 DWb), es ist falsch geschrieben(ebenda), heute
⊚ etwas wird groß geschrieben, wenn darauf große Aufmerksamkeit verwandt wird, häufig in der Geschäftswelt: Service wird bei uns groß geschrieben; zum Ausdruck von Verbindlichkeit das geschriebene Wort Gottes »zum Unterschiede von dem gesprochenen« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), substantiviert Was Geschriebnes forderst du Pedant?(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1716), so auch zur Bezeichnung von Ungläubigkeit Und wo steht denn geschrieben (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Lager 8); in der Emphase
⊚ sage und schreibe (L320 Trübner); in künstlerischem Sinn: Schreyben/ Dichten/ Ein buch machen (L200 Josua Maaler), untersagte man mir bei strafe der vestung– zu schreiben (Schiller; L059 DWb), Das Buch ist vortrefflich geschrieben (L003 Johann Christoph Adelung 1780), Schreiben heißt auch, gegen den individuellen Blick vorgehen, das treffende Detail abwehren (B.A254 Botho Strauß, Paare 114), Sie kann schreiben ›hat Talent zur Dichterin, Journalistin u.ä.‹; ohne Angabe des handelnden Subjekts Die Feder schreibt gut.
2 Transitiv Briefe schreiben (L308 Kaspar Stieler), ein Worter-Buch schreiben, und dergleichen (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), Schwester weißt du nicht, wie schreibt man Madam (J.M.R.A174 Jakob Michael Reinhold Lenz, Soldaten 1,1), der veraltete Akkusativ des Inhalts (↑ "beschreiben") – dein wesen… ist nicht… zu schreiben(Weckherlin; L059 DWb) – erhalten in Weltgeschichte schreiben (A222 Friedrich Schiller, Karlos 3,10); krank schreiben ursprünglich reflexiv Ich werde mich wohl krank schreiben ›melden‹ (L264 Daniel Sanders), heute nur vom Arzt bzw. sich krank schreiben lassen; im Sinne von ›komponieren‹ Noten schreiben (L264 Daniel Sanders).
3 Reflexiv Wie schreibt er sich? (L003 Johann Christoph Adelung 1780) ›wie schreibt man seinen Namen?‹; in der veralteten Wendung sich woher schreiben ›seinen Ursprung woher haben‹: woher sich unsere höheren Güter schreiben (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 27,319,15).
4 Präpositional ir name an minem herzen geschrieben stat(zitiert nach L059 DWb; dafür heute in), Die schrifft… war auff Syrisch geschrieben (A180 Martin Luther, Esra 4,7), Etwas ins Reine schreiben (L003 Johann Christoph Adelung 1780), an wen soll ich schreiben? (A222 Friedrich Schiller, Kabale und Liebe 3,6), sich etwas von der Seele schreiben (L264 Daniel Sanders), über etwas schreiben, für die Presse, das Theater u.ä. schreiben;
⊚⊚ sich etwas hinter die Ohren schreiben (L305 Christoph Ernst Steinbach) häufig in der Aufforderung im Sinne von ›merken‹, gleichbedeutend gehoben einem etwas ins stammbuch schreiben (L059 DWb), etwas auf jmds. Rechnung schreiben ›anrechnen‹; etwas in den Schornstein schreiben(↑ "Schornstein"); es steht in den Sternen geschrieben von unbekannter Vorausbestimmung: so stand es in den sternen geschrieben, dasz wir… in das haus gelangen sollten(Goethe; L059 DWb); es steht ihm auf der Stirn geschrieben (L305 Christoph Ernst Steinbach) nach biblisch Vnd an jrer Stirn geschrieben den Namen (A180 Martin Luther, Offenbarung 17,5).
5 Mit Dativ an einem Roman schreiben zur Bezeichnung eines zeitlichen Prozesses, Schreibe mir doch fein oft (L308 Kaspar Stieler), so auch sich mit jmdm. schreiben ›mit jmdm. in (ständigem) Briefwechsel stehen‹.
6 In der Dativ-Akkusativ-Konstruktion jmdm. über etwas schreiben ›berichten‹, dem schauspieler eine rolle auf den leib schreiben (L059 DWb);
⊚ jmdm. etwas zugute/ zur Last schreiben ›anrechnen‹. Schwinden des ursprünglichen Sinns in den Zusammensetzungen ⇑ "beschreiben", "umschreiben", "zuschreiben", vorschreiben; dazu ⇑ "Schrift", "einschreiben", "verschreiben". Substantiviert
Schreiben Neutr. (1535; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); auf die Handlung bezogen: sich auff Schreyben legen (L200 Josua Maaler); im Sinne von ›Schriftstück, Brief‹: o niegewünschte post, o nieverlangtes schreiben(J.Ch.Günther; L059 DWb), heute häufig in festeren Wendungen ein Schreiben abfassen, aufsetzen (L337 WdG);
Schreibart ⇓ "S123" Lehnschöpfung für ›Stil‹: gebunden- und ungebundener Schreibarten1644 A299 Georg Philipp Harsdörffer, Gesprächsspiele 1,19, Schreibart oder stylus (L284 Justus Georg Schottelius);
Schreibtisch 1410 Frankfurt/ M. (L059 DWb), dazu
Schreibtischtäter ⇓ "S149" seit Mitte der 60er Jahre ›Person, die verbrecherische Handlungen plant und von anderen ausführen läßt‹, besonders auf ehemalige Nationalsozialisten bezogen: Den Schreibtischtätern auf der Spur. Noch zwei Jahre bis zur Verjährung von NS-Gewaltverbrechen (FAZ 17.3.1967), NS-Schreibtischtäter, gleichbedeutend Schreibtischmörder;
Schreibverbot ⇓ "S149" in der Hitler-Zeit… erhielt [er] Schreibverbot (Bronnen; L337 WdG);
Schreibweise (L269 Daniel Sanders/ L269 J. Ernst Wülfing)
1 »schriftliche Form eines Wortes«,
2 »Stil« (L344 Wessely-Schmidt);
Schreibe ⇓ "S149" Fem. umgangssprachlich
1 ›das Geschriebene‹: eine Rede ist keine Schreibe (L337 WdG), häufig auf Journalisten bezogen eine gute, flotte Schreibe; daneben
2 umgangssprachlich kurz ›Schreibgerät‹ (L337 WdG);
Schreiber ahd. skribari, mhd. schribære; allgemein ›Verfasser eines Schriftstücks‹, bis ins 19. Jahrhundert auch Berufsbezeichnung ›Kopist, Sekretär‹; speziell auf den Autor eines literarischen Werks bezogen, abwertend ›Schriftsteller‹: hofschranzen würden verechtlich von schreibern reden (Luther; L059 DWb);
Schreibung mhd. schribunge; als Handlungsbezeichnung nur noch in "Abschreibung", Ausschreibung, Beschreibung, Geschichtsschreibung usw.; ›Art und Weise des Schreibens‹: Die Schreibungen in der Deutschen Sprache sind verschieden… wir haben noch keine allgemeine Rechtschreibung (L033 Joachim Heinrich Campe).
⊚ etwas wird groß geschrieben, wenn darauf große Aufmerksamkeit verwandt wird, häufig in der Geschäftswelt: Service wird bei uns groß geschrieben; zum Ausdruck von Verbindlichkeit das geschriebene Wort Gottes »zum Unterschiede von dem gesprochenen« (L003 Johann Christoph Adelung 1780), substantiviert Was Geschriebnes forderst du Pedant?(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1716), so auch zur Bezeichnung von Ungläubigkeit Und wo steht denn geschrieben (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Lager 8); in der Emphase
⊚ sage und schreibe (L320 Trübner); in künstlerischem Sinn: Schreyben/ Dichten/ Ein buch machen (L200 Josua Maaler), untersagte man mir bei strafe der vestung– zu schreiben (Schiller; L059 DWb), Das Buch ist vortrefflich geschrieben (L003 Johann Christoph Adelung 1780), Schreiben heißt auch, gegen den individuellen Blick vorgehen, das treffende Detail abwehren (B.A254 Botho Strauß, Paare 114), Sie kann schreiben ›hat Talent zur Dichterin, Journalistin u.ä.‹; ohne Angabe des handelnden Subjekts Die Feder schreibt gut.
2 Transitiv Briefe schreiben (L308 Kaspar Stieler), ein Worter-Buch schreiben, und dergleichen (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), Schwester weißt du nicht, wie schreibt man Madam (J.M.R.A174 Jakob Michael Reinhold Lenz, Soldaten 1,1), der veraltete Akkusativ des Inhalts (↑ "beschreiben") – dein wesen… ist nicht… zu schreiben(Weckherlin; L059 DWb) – erhalten in Weltgeschichte schreiben (A222 Friedrich Schiller, Karlos 3,10); krank schreiben ursprünglich reflexiv Ich werde mich wohl krank schreiben ›melden‹ (L264 Daniel Sanders), heute nur vom Arzt bzw. sich krank schreiben lassen; im Sinne von ›komponieren‹ Noten schreiben (L264 Daniel Sanders).
3 Reflexiv Wie schreibt er sich? (L003 Johann Christoph Adelung 1780) ›wie schreibt man seinen Namen?‹; in der veralteten Wendung sich woher schreiben ›seinen Ursprung woher haben‹: woher sich unsere höheren Güter schreiben (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 27,319,15).
4 Präpositional ir name an minem herzen geschrieben stat(zitiert nach L059 DWb; dafür heute in), Die schrifft… war auff Syrisch geschrieben (A180 Martin Luther, Esra 4,7), Etwas ins Reine schreiben (L003 Johann Christoph Adelung 1780), an wen soll ich schreiben? (A222 Friedrich Schiller, Kabale und Liebe 3,6), sich etwas von der Seele schreiben (L264 Daniel Sanders), über etwas schreiben, für die Presse, das Theater u.ä. schreiben;
⊚⊚ sich etwas hinter die Ohren schreiben (L305 Christoph Ernst Steinbach) häufig in der Aufforderung im Sinne von ›merken‹, gleichbedeutend gehoben einem etwas ins stammbuch schreiben (L059 DWb), etwas auf jmds. Rechnung schreiben ›anrechnen‹; etwas in den Schornstein schreiben(↑ "Schornstein"); es steht in den Sternen geschrieben von unbekannter Vorausbestimmung: so stand es in den sternen geschrieben, dasz wir… in das haus gelangen sollten(Goethe; L059 DWb); es steht ihm auf der Stirn geschrieben (L305 Christoph Ernst Steinbach) nach biblisch Vnd an jrer Stirn geschrieben den Namen (A180 Martin Luther, Offenbarung 17,5).
5 Mit Dativ an einem Roman schreiben zur Bezeichnung eines zeitlichen Prozesses, Schreibe mir doch fein oft (L308 Kaspar Stieler), so auch sich mit jmdm. schreiben ›mit jmdm. in (ständigem) Briefwechsel stehen‹.
6 In der Dativ-Akkusativ-Konstruktion jmdm. über etwas schreiben ›berichten‹, dem schauspieler eine rolle auf den leib schreiben (L059 DWb);
⊚ jmdm. etwas zugute/ zur Last schreiben ›anrechnen‹. Schwinden des ursprünglichen Sinns in den Zusammensetzungen ⇑ "beschreiben", "umschreiben", "zuschreiben", vorschreiben; dazu ⇑ "Schrift", "einschreiben", "verschreiben". Substantiviert
Schreiben Neutr. (1535; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); auf die Handlung bezogen: sich auff Schreyben legen (L200 Josua Maaler); im Sinne von ›Schriftstück, Brief‹: o niegewünschte post, o nieverlangtes schreiben(J.Ch.Günther; L059 DWb), heute häufig in festeren Wendungen ein Schreiben abfassen, aufsetzen (L337 WdG);
Schreibart ⇓ "S123" Lehnschöpfung für ›Stil‹: gebunden- und ungebundener Schreibarten1644 A299 Georg Philipp Harsdörffer, Gesprächsspiele 1,19, Schreibart oder stylus (L284 Justus Georg Schottelius);
Schreibtisch 1410 Frankfurt/ M. (L059 DWb), dazu
Schreibtischtäter ⇓ "S149" seit Mitte der 60er Jahre ›Person, die verbrecherische Handlungen plant und von anderen ausführen läßt‹, besonders auf ehemalige Nationalsozialisten bezogen: Den Schreibtischtätern auf der Spur. Noch zwei Jahre bis zur Verjährung von NS-Gewaltverbrechen (FAZ 17.3.1967), NS-Schreibtischtäter, gleichbedeutend Schreibtischmörder;
Schreibverbot ⇓ "S149" in der Hitler-Zeit… erhielt [er] Schreibverbot (Bronnen; L337 WdG);
Schreibweise (L269 Daniel Sanders/ L269 J. Ernst Wülfing)
1 »schriftliche Form eines Wortes«,
2 »Stil« (L344 Wessely-Schmidt);
Schreibe ⇓ "S149" Fem. umgangssprachlich
1 ›das Geschriebene‹: eine Rede ist keine Schreibe (L337 WdG), häufig auf Journalisten bezogen eine gute, flotte Schreibe; daneben
2 umgangssprachlich kurz ›Schreibgerät‹ (L337 WdG);
Schreiber ahd. skribari, mhd. schribære; allgemein ›Verfasser eines Schriftstücks‹, bis ins 19. Jahrhundert auch Berufsbezeichnung ›Kopist, Sekretär‹; speziell auf den Autor eines literarischen Werks bezogen, abwertend ›Schriftsteller‹: hofschranzen würden verechtlich von schreibern reden (Luther; L059 DWb);
Schreibung mhd. schribunge; als Handlungsbezeichnung nur noch in "Abschreibung", Ausschreibung, Beschreibung, Geschichtsschreibung usw.; ›Art und Weise des Schreibens‹: Die Schreibungen in der Deutschen Sprache sind verschieden… wir haben noch keine allgemeine Rechtschreibung (L033 Joachim Heinrich Campe).