Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Schnur
1 ahd. / mhd. snuor, west- und nordgermanisch (dazu got. snorjo ›Netz‹), besonders süddeutsch für norddt. ↑ "Bindfaden", westmitteldt. ↑ "Kordel" (L066 Jürgen Eichhoff, Karte 74), Plural Schnüre, zuweilen Schnuren (Gellert, Wieland, Goethe, Schiller); »Mittel zwischen dem.. Faden und der.. Leine« (L004 Johann Christoph Adelung), vom Zelt (mhd. ; L059 DWb), bei bestimmten Handwerken (vgl. L190 Lexer), von der Angel (L033 Joachim Heinrich Campe), Perlen auf eine Schnur ziehen und eine Schnur Perlen (L004 Johann Christoph Adelung), an Uniformen (L059 DWb), leinene, seidene Schnur, Klingelschnur, Meßschnur, Peitschenschnur, Richtschnur, Nabelschnur usw.; auch als Maßbezeichnung (Luther); heute auch umgangssprachlich ›elektrisches Kabel‹: Schnur des Bügeleisens; auf die Richtschnur bezogen schnurgerade (L169 Matthias Kramer), schnurstracks (17. Jahrhundert; L059 DWb) sowie (L019 Wilhelm Borchardt 436)⊚⊚ über die Schnur hauen (mhd. ) wie Stränge (↑ "Strang") ›kein Maß finden‹; wohl von der Gebetsschnur etwas geht/ klappt/ läuft wie am Schnürchenohne Stocken, vollkommen reibungslos‹ (vgl. A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,73,4).
schnüren mhd. snüeren; als Objekt der wie eine Schnur verwendete Gegenstand, meist mit einer Bestimmung, die angibt, wie derselbe angebracht wird: einen Faden, einen Riemen um ein Paket schnüren, jmdm. den Strick um den Hals schnüren; gewöhnlicher als Objekt der Gegenstand, der mit einer Schnur umgeben wird, ›verschnüren, zuschnüren‹: sein Bündel schnürensich zur Abreise fertig machen‹, übertragen umgangssprachlich wie ›einpacken‹: Wer's mit der Welt nicht lustig nehmen will, / Der mag… sein Bündel schnüren (A075 Johann Wolfgang von Goethe, 15,2,219), jmdm. die Hände auf den Rücken schnüren; am gebräuchlichsten von dem Durchziehen einer Schnur durch hierfür auf zwei Seiten angebrachte Löcher: Schuhe (enger) schnüren, früher auch: einen Rock schnüren; sich schnüren mit Beziehung auf das Mieder; übertragen gählings schnürt dich der tötliche Wirbel (der Schlange) (Schiller), Angst schnürt jmdm. die Kehle; landschaftlich auch ›auf eine Schnur ziehen‹: Perlen schnüren; ⇓ "S100" jägersprachlich seit Mitte des 18. Jahrhunderts »wenn ein wolf.. mit den hintern klauen.. accurat in die vördersten tritte eintritt« (1749; L059 DWb). Zusammensetzungen ↑ "abschnüren", aufschnüren, einschnüren; Schnürband, Schnürbrust, Schnürnadel, Schnürriemen (L003 Johann Christoph Adelung 1780);
Schnürschuh (L033 Joachim Heinrich Campe), Kamerad Schnürschuh für den österreichischen Soldaten;
Schnürsenkel (Anfang des 16. Jahrhunderts), zu landschaftlichen Synonymen vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 87;
Schnürboden »im bühnenraume des theaters der boden zum befestigen und handhaben der schnüre, an denen die decorationsstücke hangen« (1873; L059 DWb); nach dem süddeutschen Diminutiv Schnürl
Schnürlregen (1929; L320 Trübner) ›langanhaltender Regen‹, ↑ "Bindfaden".
2 ahd. snur(a), mhd. snu(o)r, veraltet (noch landschaftlich) ›Schwiegertochter‹ (↑ "Schwieger"): denn ich bin komen, den menschen zu erregen wider seinen vater, und die tochter wider jre mutter, und die schnur wider jre schwiger (A180 Martin Luther, Matthäus 10,35), von Th.A183 Thomas Mann historisierend verwendet: da war Jehuda, der es versehentlich mit seiner Schnur getrieben (Joseph; Gesammelte Werke 4–5, 1789). ↑ "Verwandtschaft".
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