Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schnell
ahd. / mhd. snel, altgermanisch (altnord. snjallr) ⇓ "S063" ungeklärter Herkunft; literarisch auch schnelle: Und schnell und unbegreiflich schnelle / Dreht sich umher der Erde Pracht (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,251); ursprünglich ›kräftig‹, so mittelhochdeutsch noch vorwiegend, nicht mehr bei Luther; am nächsten steht es der ursprünglichen Bedeutung, wenn schnell1 als ⇓ "S012" Gegensatz zu "langsam" wie "flink" und "hurtig" die Fähigkeit zu rascher, körperlicher Bewegung bezeichnet: seine Rosse sind schneller denn Adeler (A180 Martin Luther, Jeremia 4,13), hierher auch die Chaldäer, ein bitter und schnell [Vulgata: velocem] Volk (Luther); umgangssprachlich und landschaftlich synonym ⇓ "S237" ⇑ "fix"(2), "flink", "flott"(2), "flugs", "geschwind", "hurtig", "rasch" (vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–41), bereits mittelhochdeutsch
1.1 auf Vorgänge bezogen: hin vuoren sie mit sneller vart(13. Jahrhundert; L059 DWb), schnälle flucht (L200 Josua Maaler), schneller Lauf (L308 Kaspar Stieler), adverbial als das die anderen kinder gewahreten, liefen sie schnell nach hause (Trösteinsamkeit; L059 DWb), seit dem frühen 20. Jahrhundert vor allem im Sport: Deutschlands schnellste Sprinterin, daneben wie "eilends" auf die eilige Handlung bezogen: laß mich nur schnell noch in den Spiegel schauen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,2599), auch von der verlegenen Eile: kleine Gegenstände wurden… nachdem… sie sofort zerbrochen waren, schnell wieder hingelegt (A215 Rainer Maria Rilke, Aufzeichnungen 716f.); dann quantitativ gedeutet
1.2 schnell arbeiten »in kurzer Zeit viel arbeiten« (L033 Joachim Heinrich Campe); räumlich
1.3kurz‹: Der Weg an jenen Sträuchen hinunter / Ist ein schnellerer Weg (A161 Friedrich Gottlieb Klopstock, Messias 14,62f.), formelhaft auf dem schnellsten Weg (L320 Trübner), dagegen (nicht adverbial) eine schnelle Straße, schnelle Skier die eine hohe Fahrgeschwindigkeit ermöglichen (vgl. L097 GWb);
2 auf nichtkörperliche Bewegungen und Vorgänge übertragen,
2.1 wie "eilends", "eilig" auf die Zeit selbst: die Zeit läuft schnell dahin (L169 Matthias Kramer), Schnell ist unser Früling hingeflogen (A131 Friedrich Hölderlin, An Lyda), so auch wie "schleunigst" ›sofortsich schnell zu etwas entschliessen(L033 Joachim Heinrich Campe), schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Tod 2,2), schnell mit etwas bei der Hand sein zum Ausdruck von Leichtfertigkeit, so auch mit Verben der Äußerung, in der direkten Rede häufig imperativisch verkürzt: ›soll ich es sagen?‹ zischte er… ›Ja, ja, schnell‹ (A215 Rainer Maria Rilke, Aufzeichnungen 816); auf geistige Fähigkeiten bezogen
2.2 wie "fix", "rasch", "geschwind", "flink": der Geist dieses Jünglings / Der Schnelle, müßt' er es nicht zersprengen / … das Gefäß? (A131 Friedrich Hölderlin, Buonaparte), bereits mittelhochdeutsch wie "hastig", "eilig" auch tadelnd auf den sprachlichen Ausdruck bezogen: snell antwürt (Konrad von Megenberg; L059 DWb), sey nicht schnell mit deinem Munde (A180 Martin Luther, Prediger 5,1); dazu vorschnell, Schnellschreiber (L033 Joachim Heinrich Campe); wohl erst neuer
2.3 wie "bald" im Sinne von ›leicht‹, negiert als Verweigerung Was denkst du, so schnell geht es nicht (R.Huch; zitiert nach L231 Els Oksaar194), so auch
⊚⊚ schnelles Geld, sich eine schnelle Mark verdienen(vgl. L097 GWb) ›ohne viel Arbeit und Zeitaufwand‹. – Zum Wortfeld ⇑ "bald", "behende", "eilends", "eilig", "fix"(2), "flink", "flott"(2), "flugs", "geschwind", "hastig", "hurtig", "rasant", "rasch", "schleunig", "stürmisch". E.Oksaar, Semantische Studien im Sinnbereich der Schnelligkeit, 1958. Als Bestimmungswort in zahlreichen Zusammensetzungen – besonders im gewerblich-technischen Bereich – Ausdruck zunehmender Schnellebigkeit (L097 GWb): Schnellwaage (spätmhd.), Schnellfalle, Schnellkraft (beide L004 Johann Christoph Adelung), vor allem seit dem 19. Jahrhundert: Schnellbote, Schnellauf, Schnellpost, Schnellschiff, Schnellzug (»1) ein schnellender Zug«, »2) forcirter Marsch«; alle L033 Joachim Heinrich Campe), Schnellbeize, Schnellbremse, Schnellfabrication, Schnellfeuer, Schnellkitt, Schnellpresse, Schnellschrift (alle L059 DWb), Schnellbahn, Schnellhefter, Schnellkocher, Schnellreinigung, Schnellstraße, Schnellverfahren, Schnellverkehr (alle L337 WdG).
Schnelle ahd. snelli, mhd. snelle;
1 (zu schnell); als ⇓ "S158" Eigenschaftsbezeichnung seit dem 18. Jahrhundert vor allem literarisch an Schnelle buhlt es mit eines Adlers Flug (Schiller), mit bedächt'ger Schnelle (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,241);
2 (zu schnellen, s. unten) seit dem 19. Jahrhundert allgemein nur noch in Stromschnelle (L033 Joachim Heinrich Campe);
Schnelligkeit mhd. snelleceit; allgemein für Schnelle(1): Schnelligkeit im Reden (L308 Kaspar Stieler), Schnelligkeit des Schalles (L004 Johann Christoph Adelung);
schnellen mhd. snellen;
1 ursprünglich transitiv: einen Pfeil (mit dem Bogen) schnellen, abschnellen; veraltet einen Fuchs schnellenprellen‹, ebenso übertragen ›betrügen‹: von Frankreichs Witzigen den Witzigsten zu schnellen (Lessing), um zehn Taler geschnellt werden L003 Johann Christoph Adelung 1780; zuweilen ohne Objekt ›mit dem Bogen schießen‹: so oft wir Danaer schnellten (Voß); auch sonst ohne Objekt, aber mit Anschluß an die transitive Verwendung: wer mit den Fingern schnellt(J.Ch.Günther), er schnellt auf seine Dose (Goethe);
2 jünger absoluter Gebrauch der Ball schnellt in die Höhe, zurück, er schnellte vom Stuhl auf, das aufschnellende Gitter (Goethe), ein Dritter läßt's auf der Wage schnellen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Das Neueste von Plundersweilern, 1,16,98).
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