Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schmieren
ahd. / mhd. smirwen, zu ↑ "Schmer";1 ursprünglich bezieht es sich auf das Aufstreichen von Fett. Als Objekt kann das Aufgestrichene stehen, wenn eine lokale Angabe folgt: Butter auf Brot, Salbe auf eine Wunde, Lehm in Fugen schmieren; ohne Lokalangabe in direkter Rede: Schmier die Butter nicht so dick; das Bestrichene als Objekt ›beschmieren, einschmieren‹: Brot mit Butter schmieren, im Sinne von ›ölen, fetten‹: sie [die Tür] ist geschmirt das sie nicht kirt(16. Jahrhundert; L059 DWb), die Stiefel (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), ein Schloß schmieren (L004 Johann Christoph Adelung), bzw. das Resultat: ein Butterbrot, veraltet ein Pflaster schmieren. Kurz hintereinander heißt es bei Luther und schmierete den Kot auf des Blinden Augen und schmierete meine Augen (↑ "streichen"); sprichwörtlich wer gut schmiert [um des Reimes willen oft in niederdeutscher Form schmert], der gut fährt, im Anschluß daran
es geht wie geschmiert, bei L284 Justus Georg Schottelius: wen[wenn] man schmiert / so gehts (1119); übertragen und schmieren unsre Sohlenmachen uns davon‹ (Schiller), ähnlich umgangssprachlich: sich die Kehle schmiereneinen Trunk nehmen‹: Hanns… schmiert sich dann und wann die kehle (J.Ch.Günther; L059 DWb), jmdn. schmieren (14. Jahrhundert; L320 Trübner) ›bestechen‹, frühneuhochdeutsch häufig, heute umgangssprachlich; jmdm. das Maul schmierenjmdm. schmeicheln‹ (Luther); in ironischem Sinn ›geschmeidig machen‹, auch umgangssprachlich jmdm. eine schmierenohrfeigen‹, bei L308 Kaspar Stieler einem den Buckel schmieren; weiterentwickelt zu
2[ursprünglich fettige] Schmutzflecken machen‹, so heute nur in der Zusammensetzung sich vollschmieren; übertragen besonders von schlechtem Malen und Schreiben, »sudelhafft schreiben« (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), mit gegenständlichem Subjekt »erst in neuerer sprache« (L059 DWb): die Farbe, die Tinte schmiert; dann auch auf den Inhalt des Geschriebenen bezogen, für sich stehend oder mit Akkusativ des Resultats: einen Roman, ein Trauerspiel schmieren; hierzu Schmierer, Schmiererei, die Schimpfwörter ⇓ "S191" Schmierfink, Schmierlappen sowie die Präfigierungen ⇑ "abschmieren", "anschmieren".
Schmiergeld (⇓ "S150" niederdt.; L169 Matthias Kramer 1719) ›Bestechungsgeld‹, zumeist im Plural Schmiergelder verteilen;
schmierig (1562; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); ursprünglich und bis ins 18. Jahrhundert
1Fett enthaltend, mit Fett versehen‹ (L059 DWb); seit dem 17. Jahrhundert zu schmieren(2)
2.1 »schmutzig, unrein« (L004 Johann Christoph Adelung): Schmierichte Sau (L308 Kaspar Stieler); seit dem 19. Jahrhundert wie "schmutzig" auf das Moralische übertragen
2.2schäbig, lüstern‹, auch ›anbiedernd, schmeichlerisch‹;
Schmier Neutr. ›Fett zum Schmieren‹ (L003 Johann Christoph Adelung 1780 Wagenschmier), wohl Umbildung von "Schmer" unter Anlehnung an schmieren. Im Fränkischen Schmier übertragen ›belegte/ bestrichene Brotschnitte‹ (↑ "Schnitt"; vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 4–20), in diesem Sinn dort auch Schmiere (s. unten);
Schmiere2"S087" Fem. (L033 Joachim Heinrich Campe) ›Fett zum Schmieren‹ (landschaftlich auch metonymisch für ›Brotschnitte‹, s. oben Schmier), ⇓ "S025" verallgemeinert ›Schmutz‹ (ebenda); übertragen ›elende Sache‹, ›mißliche Lage‹: um sich aus der Schmiere zu ziehen (Rosegger); speziell ›elende wandernde Schauspielertruppe‹ (um 1850), dazu Schmierenkomödiant (L052 Duden Bedeutungswörterbuch 1973);
Schmieralien Plural (17. Jahrhundert), ⇓ "S088" scherzhaft mit lateinischer Endung aus schmieren (↑ "Lappalie");
1 frühneuhochdeutsch und noch ⇓ "S213" südostdeutsch ›Geschenke zur Bestechung‹; veraltet
2 Ende des 18. Jahrhunderts wie Geschmiereschlechte Schreiberei‹, auch ›Malerei‹, selten im Singular: eine elende byzantinische Schmieralie(ein Bild) (L111 Johann Christian August Heyse).
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