Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Schmerz
ahd. smerzo(meist smerza Fem. ), mhd. smerze (Schmerze noch bei P.Gerhardt); ursprünglich schwaches Maskulinum, so noch bei Luther, vereinzelt noch bei Goethe, vom 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts auch der Schmerzen (↑ "Backe"), der Genitiv Schmerzens noch später häufig (Wieland, A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 3428, Schiller), jetzt im Singular stark, im Plural schwach, in der häufigen Verbindung mit Schmerzen könnte noch der alte schwache Dativ Singular stecken, aber ebensowohl der Plural, der Genitiv Schmerzens noch in Zusammensetzungen wie Schmerzensgeld (s. unten), Schmerzenskind, Schmerzensmutter, Schmerzenssohn, Schmerzensschrei; ⇓ "S075" im Singular mit kollektivierendem Charakter, während der Plural eher auf das einzelne Ereignis gerichtet ist; ›physische Qual, Pein‹: den smerzen / von dem schuzzen in dem herzen (Lamprecht von Regensburg; L059 DWb), Du solt mit schmertzen Kinder geberen (A180 Martin Luther, 1.Mose 3,16), Die Zeit lindert alle Schmerzen (L308 Kaspar Stieler); ›psychisches Leid‹, seit dem Mittelhochdeutschen häufig im Oxymoron zur Bezeichnung von Liebesleid süßer Schmerz, ähnlich wenn der Schmerz mit seiner Schwester / Der Wonne sich versöhnt (A131 Friedrich Hölderlin, Emilie vor ihrem Brauttag); abgeblaßt in der Floskel: Ich höre es mit Schmerzen (L004 Johann Christoph Adelung), etwas/ jmdn. mit Schmerzen [›sehnsüchtig‹] erwarten (L059 DWb).Schmerzensgeld bei L308 Kaspar Stieler Schmerzengeld; »so man einem, den man heilen lasset, für die ausgestandene Schmerzen geben muß« (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch);
schmerzen schwaches Verb, ahd. smerzan (stark), westgermanisch (engl. smart), urverwandt griech. smerdaléos eigentlich ›aufreibend‹, lat. mordere›beißen‹; ›Veranlassung zum Schmerz geben, wehtun‹: die dorne… smarz in vil harte (mhd. ; L059 DWb), übertragen der Vorwurf, Verlust schmerzt mich, Dein Unglück schmerzet mich (L308 Kaspar Stieler); häufig unpersönlich Es schmerzt mich, deinen Glauben… zu stürzen (A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 5,1), es schmerzt mich, daß ich verkannt werde; veraltet auch mit Dativ, statt Akkusativ: ihr schmerzt der Kopf, jedem redlichen Gemüte muß es schmerzen (G.A.Bürger);
schmerzhaft L284 Justus Georg Schottelius 1641, 15. Jahrhundert schmertzenhafft; meistens bezogen auf etwas, das über längere Zeit dauernd Anlaß zu Schmerzen gibt: schmerzhafte Wunde, Krankheit, Operation, veraltet ›mit Schmerzen behaftet‹: die schmerzhafte Muttergottes (von L003 Johann Christoph Adelung 1780 als oberdeutsch bezeichnet);
schmerzlich mhd. smerzlich; »mehr von den Schmerzen des Gemüthes« (L004 Johann Christoph Adelung), bis ins 19. Jahrhundert (L059 DWb) auch Adverb: schmerzlich beweinen (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), attributiv in festeren Verbindungen: schmerzliches [›sehnsüchtiges‹] Verlangen (L004 Johann Christoph Adelung), eine schmerzliche [›traurige‹] Pflicht erfüllen (L264 Daniel Sanders), z. B. beim Überbringen einer Todesnachricht.
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