Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schlingen
1"S087" starkes Verb, ahd. slingan, mhd. slingen, altgermanisch (altnord. slyngva, engl. sling), Präteritum im 18. Jahrhundert zuweilen schlung;1 intransitiv im Mittelhochdeutschen ›sich in Windungen bewegen, kriechen‹; ↑ "Schlange";
2 transitiv frühneuhochdeutsch und noch südostdeutsch ›schleudern‹; jetzt
3(ineinander, umeinander)-winden/ -legeneinen Strick um den Baum, die Arme um jmdn. schlingen u.dgl., auch Arm in Arm, ein Band durch das Haar, die Hände zusammenschlingen; (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,176,13): er schlang seine Arme um sie her; literarisch wenn er die Arme auseinander schlingt nach dir(Schiller), mit einer Angabe des Resultats neben dem Akkusativ: das Haar in Flechten schlingen (Schiller); das Resultat im Akkusativ: eine Schlinge, einen Knoten schlingen; veraltet den Reihen, Tanz schlingen; an Stelle eines Intransitivums reflexiv: sich um etwas, durch etwas schlingen, auch schlingen sich des Festes Tänze (Goethe), wir schlangen uns in Menuetts umeinander herum (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,31,10). Zusammensetzungen umschlingen, ↑ "verschlingen", sich durchschlingen, hindurchschlingen, dazu Schlingpflanze, Schlinggewächs; "Geschlinge"; Schlingung; ⇑ "schlingern", "Schlange", "schlenkern".
Schlinge
1 ahd. slinga, mhd. slingeSchleuder‹ bis 17. Jahrhundert und noch südostdeutsch; seit dem 16. Jahrhundert
2 synonym zu 1"Schleife", speziell ›Fangvorrichtung für Vögel und Wild‹, daher übertragen
⊚⊚ jmdm. eine Schlinge legen (L308 Kaspar Stieler), den Kopf/ sich aus der Schlinge ziehen(Luther; L059 DWb) usw., auch ›Schlaufe des Galgens‹ (L264 Daniel Sanders), wohl in Anlehnung an beide Bedeutungen
⊚⊚ jmdm. die Schlinge um den Hals legen, den Kopf/ Hals in die Schlinge legen, die Schlinge zuziehen; im Sinne von ›Binde‹: schling / … / darinn man ein armen an dem halß transagt (L105 Georg Henisch s. v. Binde);
Schlingel (16. Jahrhundert), früher auch Schlüngel, wohl zu 1schlingen(1) ›schlendern‹, J. L.L078 Johann Leonhard Frisch deutet »von einem Mußigganger.., der die Arm ineinander schlingt, oder.. hangen laßt und schlenkert, nichts arbeitet«; ursprünglich »ein im höchsten Grade träger und ungesitteter Mensch« (L004 Johann Christoph Adelung), dann auch wie heute nur noch als ⇓ "S118" Kosewort du kleiner schlingel! böser schlingel!, »auch zu mädchen« (L059 DWb); dazu bildet H.v.A160 Heinrich von Kleist schlingeln(Schlingel) schelten‹: und schlingelte mich herunter (Zerbrochener Krug 3).
2"S087" starkes Verb, ahd. slintan, mhd. slinden (Wandel von -nd- in -ng- mitteldeutsch, durch Luther in die Schriftsprache eingeführt), got. (fra-)slindan, verwandt mit ↑ "schlendern"; synonym mit "schlucken", daher bis ins Frühneuhochdeutsche auch von Flüssigkeiten: bis ich meinen Speichel schlinge (Luther), heute vorzugsweise auf feste Speisen bezogen zum Ausdruck von Hast und Gier, ohne Objekt er schlingt gierig, mit Objekt: ein Heißhungriger schlingt die Speisen ungekauet hinunter (L003 Johann Christoph Adelung 1780), dazu ↑ "verschlingen", herunterschlingen, hineinschlingen (seltener einschlingen). ↑ "Schlund".
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