Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schlicht
mhd. sliht, zuerst im ⇓ "S150" Niederdeutschen erscheinende, später in der Schriftsprache als Nebenform von ↑ "schlecht" dieses z. T. verdrängend (durch den Einfluß von Schlichte, schlichten, s. unten);1 seit dem 17. Jahrhundert (L284 Justus Georg Schottelius 1663) in der Literatursprache, als Gegensatz zu "krumm", "uneben" jetzt veraltet, nur in schlichtes Haar noch üblich; gewöhnlich ›einfach, ohne Kunst oder Prunk‹: Ein schlichter Anzug. Ein schlichter Mann (L033 Joachim Heinrich Campe); anspruchslos, in schlichter alltagshaube(Gotter; L059 DWb); ein schlichtes mahl (L059 DWb); abwertend auch, um Mangel zu bezeichnen (↑ "bloß"): einen officier mit schlichtem abschied entlassen (L059 DWb); übertragen: der schlichte Menschenverstand »der natürliche, durch Schulgelehrsamkeit noch nicht verdorbene Verstand« (L004 Johann Christoph Adelung); reine, schlichte form (G.A.Bürger; L059 DWb); schlichter glauben (Gotter; L059 DWb); Was der schlichte junge Mann mitgenommen hatte aus dieser Stunde tiefen Abenteuers war eben nur das Schattenpfand gewesen (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 491); negativ gedeutet ›naiv‹: ein schlichtes Gemüt; vereinzelt auch schlichthin, schlichtweg statt "schlechthin", "schlechtweg". Was einfach, ohne Kunst oder besondere Ausschmückung der Fall ist, mag später als etwas Unverrückbares gedeutet worden sein, das ohne näher angebbaren Grund besteht, daher (wohl erst im 20. Jahrhundert) der Gebrauch
2 als ⇓ "S002" Abtönungspartikel ›Sprecher kennzeichnet das Gesagte als eine unumstößliche, unhintergehbare Tatsache‹ (↑ "einfach"): Möbius: Und was glauben Sie von mir?Newton: Ich halte Sie schlicht für den größten Physiker aller Zeiten (A045 Friedrich Dürrenmatt, Physiker 333); wortspielerisch Abtönung und den Aspekt naiver Einfachheit vereinend: gar nicht mal edle, sondern schlicht schlichte Einfalt (A069 Robert Gernhardt, Glück 129); veraltet
Schlichte Fem. , ahd. slihti ›Schlichtheit‹; bei den Webern ›die zum Glattmachen der Kettenfäden verwendete Masse‹.
schlichten ahd. / mhd. slihten, zu "schlecht" wie "richten" zu "recht"; ursprüngliche Bedeutung und heute noch fachsprachlich
1 ›glatt machen‹: Als wenn ein Zimmerman… etwa einen Bawm abhawet, vnd beschlehet vnd schlichtet den selbigen wol (A180 Martin Luther, Weisheit Salomos 13,11); schlichtete dann mit dem Beil [die Stämme] (Voß; L059 DWb); und schlichtete sanft ihr die locken / mit weitzahnigem kamm(ebenda); süddt. Holz, Steine schlichten ähnlich wie ↑ "schichten": mild're die kälte, schlichte / holz auf holz zur flamme reichlich (Platen; L059 DWb), Zusammensetzung aufschlichten (von Jean Paul gebraucht); in der Sprache der Weber die Fäden schlichten ›mit Schlichte bestreichen‹; gewöhnlich übertragen
2 ›versöhnen, einen Streit beilegen‹: Wenn jemand wider einen Menschen sundigt / so kans der… Richter schlichten (A180 Martin Luther, 1.Samuel 2,24a), Streit schlichten (L308 Kaspar Stieler 1691): Es hieß ja / alles ware vertragen und geschlichtet (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 8,6 LH); Den edlen Wettstreit laßt mich freundlich schlichten (A222 Friedrich Schiller, Tell 2,2).
2 als ⇓ "S002" Abtönungspartikel ›Sprecher kennzeichnet das Gesagte als eine unumstößliche, unhintergehbare Tatsache‹ (↑ "einfach"): Möbius: Und was glauben Sie von mir?Newton: Ich halte Sie schlicht für den größten Physiker aller Zeiten (A045 Friedrich Dürrenmatt, Physiker 333); wortspielerisch Abtönung und den Aspekt naiver Einfachheit vereinend: gar nicht mal edle, sondern schlicht schlichte Einfalt (A069 Robert Gernhardt, Glück 129); veraltet
Schlichte Fem. , ahd. slihti ›Schlichtheit‹; bei den Webern ›die zum Glattmachen der Kettenfäden verwendete Masse‹.
schlichten ahd. / mhd. slihten, zu "schlecht" wie "richten" zu "recht"; ursprüngliche Bedeutung und heute noch fachsprachlich
1 ›glatt machen‹: Als wenn ein Zimmerman… etwa einen Bawm abhawet, vnd beschlehet vnd schlichtet den selbigen wol (A180 Martin Luther, Weisheit Salomos 13,11); schlichtete dann mit dem Beil [die Stämme] (Voß; L059 DWb); und schlichtete sanft ihr die locken / mit weitzahnigem kamm(ebenda); süddt. Holz, Steine schlichten ähnlich wie ↑ "schichten": mild're die kälte, schlichte / holz auf holz zur flamme reichlich (Platen; L059 DWb), Zusammensetzung aufschlichten (von Jean Paul gebraucht); in der Sprache der Weber die Fäden schlichten ›mit Schlichte bestreichen‹; gewöhnlich übertragen
2 ›versöhnen, einen Streit beilegen‹: Wenn jemand wider einen Menschen sundigt / so kans der… Richter schlichten (A180 Martin Luther, 1.Samuel 2,24a), Streit schlichten (L308 Kaspar Stieler 1691): Es hieß ja / alles ware vertragen und geschlichtet (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 8,6 LH); Den edlen Wettstreit laßt mich freundlich schlichten (A222 Friedrich Schiller, Tell 2,2).