Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
schleifen
1"S087" starkes Verb, ahd. slifan, mhd. slifen, westgermanisch (engl. slip);1 veraltet ›gleiten, schlüpfen‹, noch mundartlich ›auf dem Eis gleiten‹ (norddt. "schlittern", L171 Paul Kretschmer 425) und für eine bestimmte Art des Tanzes: da ringelt's und schleift es (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hochzeitlied 51); weiterentwickelt zu
2einen harten Gegenstand an einem anderen reiben zum Zweck des Glättens‹, speziell ›schärfen‹, Messer, Scheren, Schwerter schleifen, auch ›formen‹, Edelsteine, Gläser, Brillen schleifen; übertragen im Partizip Prät. : die lateinische red gar geschliffen(Mitte des 16. Jahrhunderts; L059 DWbs. v. geschliffen) ›wohl formuliert‹, auf das Benehmen bezogen geschliffen, "ungeschliffen" (aus Handwerks- und Initiationsbrauch): sei höflich und geschliffen im Äußern (A163 Adolf Freiherr von Knigge,3Umgang 326); umgangssprachlich ⇓ "S202" soldatensprachlich
jmdn. schleifenhart anpacken‹. Zu 1schleifen(1)
Schleife2 ahd. sleifaWeg‹ (Hohe Schleife), dann auch wie heute noch landschaftlich ›Eis-, Rutschbahn‹ bzw. ›schlittenartiges Fuhrwerk‹ (mhd. sleife) und
Schleifer kein Schleifer, kein Walzer getobt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Gewohnt, getan). Dazu ⇑ 1"Schliff", "schlüpfen" und ↑ "schleppen".
2"S087" schwaches Verb, Faktitivum zu 1schleifen , ahd. / mhd. sleifen (sleipfen, noch jetzt mundartlich schleipfen);
1etwas auf dem Boden Gleitendes hinter sich herziehen‹: von Pferden geschleift werden, jmdn. bei den Haaren, Ketten, den Fuß im Gehen schleifen, hierher auch mit sächlichem Subjekt der Rock schleifet auf der Erde (L308 Kaspar Stieler); in nicht genauer Anwendung, wo jetzt "schleppen" (↑ "Schleppe") vorgezogen wird: da sie sie nicht fanden, schleiften sie den Jason und etliche Brüder vor die Obersten (Luther), einen vor Gericht schleifen (L308 Kaspar Stieler), ich hab' aus dem Kloster mehr denn tausend Taler Werts geschleift (Schiller), sich auf der breiten Fläche des Dilettantismus zwischen Kunst und Natur hinschleifen (Goethe), ein verdrießliches Dasein hinschleifen (Goethe), »in neuerer sprache.. in burschikos-humoristischer anwendung« er schleift ihn zu allen sehenswürdigkeiten (L059 DWb); speziell
2 eine Festung schleifendem Erdboden gleichmachen‹, früher auch ein Haus, eine Stadt schleifen, sie haben unsere Wohnungen geschleift(Luther), wenn ich meine sieben Schlösser schleifen lasse(Schiller); übertragen Sie haben den Himmel zweier Liebenden geschleift (Schiller).
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: schleifen