Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
scheren
1 ⇓ "S087" ahd. sceran, mhd. scher(e)n, altgermanisches starkes Verb (engl. shear), Präteritum schor, Partizip geschoren, im Präsens aber jetzt gewöhnlich schwach er schert, schiert noch bei Goethe, (Brief vom 17.7.77 u.ö.); zunächst1 ›schneiden‹ (↑ "Scharte", urverwandt griech. keírein ›abschneiden‹); frühzeitig speziell das Haar, den Bart, jmdn. scheren, die Schafe, Tuch scheren, eine Hecke, Wiese scheren: Aber sie eilten / Durch die geschorene Wies' und wellige Schwade des Heus (A316 Johann Heinrich Voß, Luise 1,596); übertragen
⊚ alles über einen Kamm scheren (↑ "Kamm"); im Sinne von ›ausbeuten‹, ›plagen‹: und wer nicht schiert, der wird geschoren (J.Ch.Günther; L059 DWb), so müßt ihr sie [die Leute] scheren und sie beschützen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Fürstenregel 4), besonders üblich jmdn. ungeschoren lassen (ahd. ungiscoran): Lieber, laß mich "ungeschoren" (L169 Matthias Kramer); mit sächlichem Subjekt: im grunde schiert mich's doch (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 23.1.70), so hat mich noch nichts geschoren. Hieraus entwickelt zu noch jetzt allgemein üblich
2 ›kümmern, angehen‹ (17. Jahrhundert), häufig reflexiv negiert: was schiert's mich (Goethe), schier dich gar nichts um den feinen Cercle (Jean Paul), jetzt schwach: Was scheert mich Weib, was scheert mich Kind (A118 Heinrich Heine, Die Grenadiere), auch im Präteritum und Partizip; dazu Scherer ›Barbier‹, Tuchscherer; ⇑ "Schur", "Scharte".
Schererei (1664; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) zu schwach 1scheren, umgangssprachlich ›Unannehmlichkeit‹, häufig im Plural: die letzte scheererei nach tausend scheerereien (Jean Paul; L059 DWb);
Scherenschnitt um 1900 ›Schattenriß‹;
Schermaus eine Wühlmausart, ⇓ "S163" oberdeutsch ›Maulwurf‹, mittelhochdeutsch dafür noch einfaches schere(ahd. scero) schwaches Mask. ; zur ursprünglichen Bedeutung von 1scheren, also eigentlich ›der Zerschneider‹ (des Bodens);
Schere ahd. scari (⇓ "S174" Plural), mhd. schære, altgermanisch (engl. shears), ↑ "Schar"; Scheren schleifen, stumpfe Schere (L308 Kaspar Stieler), Ich war ein Schneidergeselle / Mit Nadel und mit Scher' (A118 Heinrich Heine, Traumbilder VIII); seit dem 18. Jahrhundert symbolisch nach der griechischen Mythologie o Parzen, laßt die Scheere tönen (Hölderlin, Griechenland); nach der äußeren Gestalt übertragen Krebsschere, Hummerschere; für eine bestimmte Turnübung (F.Jahn 1847); heute auch besonders im politisch-sozialen Bereich des öffentlichen Lebens von zwei aufeinander bezogenen auseinanderstrebenden Entwicklungen: Die Schere von Preis- und Lohnanstieg.
2 ⇓ "S087" reflexiv, umgangssprachlich ›sich davonmachen‹, zuerst im 15. Jahrhundert bei Oswald von Wolkenstein: sich hat geschart Der sterne glast von himmels gart, Präteritum und Partizip schwach (scherte, geschert), dagegen der Imperativ früher öfters stark schier dich hinaus! (L308 Kaspar Stieler), bei L003 Johann Christoph Adelung (1780) schwach: Scher dich weg, häufig mit weiterem Zusatz: sagte ihm… dasz er sich zum henker scheren mögte(Möser; L059 DWb), solle er sich zum teufel scheren(Hebbel; L059 DWb); noch mundartlich und seemannssprachlich in ↑ "ausscheren".
⊚ alles über einen Kamm scheren (↑ "Kamm"); im Sinne von ›ausbeuten‹, ›plagen‹: und wer nicht schiert, der wird geschoren (J.Ch.Günther; L059 DWb), so müßt ihr sie [die Leute] scheren und sie beschützen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Fürstenregel 4), besonders üblich jmdn. ungeschoren lassen (ahd. ungiscoran): Lieber, laß mich "ungeschoren" (L169 Matthias Kramer); mit sächlichem Subjekt: im grunde schiert mich's doch (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 23.1.70), so hat mich noch nichts geschoren. Hieraus entwickelt zu noch jetzt allgemein üblich
2 ›kümmern, angehen‹ (17. Jahrhundert), häufig reflexiv negiert: was schiert's mich (Goethe), schier dich gar nichts um den feinen Cercle (Jean Paul), jetzt schwach: Was scheert mich Weib, was scheert mich Kind (A118 Heinrich Heine, Die Grenadiere), auch im Präteritum und Partizip; dazu Scherer ›Barbier‹, Tuchscherer; ⇑ "Schur", "Scharte".
Schererei (1664; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) zu schwach 1scheren, umgangssprachlich ›Unannehmlichkeit‹, häufig im Plural: die letzte scheererei nach tausend scheerereien (Jean Paul; L059 DWb);
Scherenschnitt um 1900 ›Schattenriß‹;
Schermaus eine Wühlmausart, ⇓ "S163" oberdeutsch ›Maulwurf‹, mittelhochdeutsch dafür noch einfaches schere(ahd. scero) schwaches Mask. ; zur ursprünglichen Bedeutung von 1scheren, also eigentlich ›der Zerschneider‹ (des Bodens);
Schere ahd. scari (⇓ "S174" Plural), mhd. schære, altgermanisch (engl. shears), ↑ "Schar"; Scheren schleifen, stumpfe Schere (L308 Kaspar Stieler), Ich war ein Schneidergeselle / Mit Nadel und mit Scher' (A118 Heinrich Heine, Traumbilder VIII); seit dem 18. Jahrhundert symbolisch nach der griechischen Mythologie o Parzen, laßt die Scheere tönen (Hölderlin, Griechenland); nach der äußeren Gestalt übertragen Krebsschere, Hummerschere; für eine bestimmte Turnübung (F.Jahn 1847); heute auch besonders im politisch-sozialen Bereich des öffentlichen Lebens von zwei aufeinander bezogenen auseinanderstrebenden Entwicklungen: Die Schere von Preis- und Lohnanstieg.
2 ⇓ "S087" reflexiv, umgangssprachlich ›sich davonmachen‹, zuerst im 15. Jahrhundert bei Oswald von Wolkenstein: sich hat geschart Der sterne glast von himmels gart, Präteritum und Partizip schwach (scherte, geschert), dagegen der Imperativ früher öfters stark schier dich hinaus! (L308 Kaspar Stieler), bei L003 Johann Christoph Adelung (1780) schwach: Scher dich weg, häufig mit weiterem Zusatz: sagte ihm… dasz er sich zum henker scheren mögte(Möser; L059 DWb), solle er sich zum teufel scheren(Hebbel; L059 DWb); noch mundartlich und seemannssprachlich in ↑ "ausscheren".