Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Schauer
1"S087" mhd. schur, gemeingermanisch (altnord. skur, got. skura, engl. shower), urverwandt lat. caurus, altslaw. severu ›Nord(west)wind‹;1Niederschlag von kurzer Dauer‹: ohnmächtige Schauer körnigen Eises (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,909), dazu Regenschauer, Hagelschauer, Gewitterschauer; mittelhochdeutsch und noch oberdeutsch ›Hagelwetter‹: mir hat der schur erslagen / den besten bu [›Feldanbau‹] den ich han (Iwein; L059 DWb); seit dem 17. Jahrhundert übertragen
2 Empfindung des Bebens,
2.1 körperlich ›Zittern, Frösteln‹: es lief ihm ein kalter Schauer nach dem andern den Rücken herab(Musäus), seit dem 17. Jahrhundert in Anlehnung an ↑ "Schauder" vor allem norddeutsch auch ›(Krankheits-)Anfall‹; besonders seit dem 18. Jahrhundert vor allem
2.2ehrfürchtige Scheu‹, auch als angenehme Empfindung: ein heiliger schauer über die grösze und erhabenheit der menschlichen bestimmung (I.Kant; L059 DWb); in Zusammensetzungen ›schaudererregend‹: Schauergeschichte (Jean Paul; L033 Joachim Heinrich Campe), Schauermärchen, Schauerroman. ↑ "Angst".
schauern 15. Jahrhundert schawern;
1gewittern, hageln, blitzen, regnen‹, so noch umgangssprachlich; seit 1504 (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) übertragen wie heute zumeist
2beben, frösteln, zittern‹: sie froren und schauerten (Goethe), wie das eiskalt durch meine Adern schauert (Schiller); als Folge seelischer Empfindung die Hände dir zu reichen, schauert's den Reinen (Goethe), Der alte Mann schauerte am ganzen Leib, so durchfrostete ihn das Entsetzen (S.Zweig; L337 WdG); literarisch übertragen Schwermut schauert durch die Haine(Matthisson);
schaurig (1711; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt)
1 auf das Wetter bezogen (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch, L003 Johann Christoph Adelung 1777); ⇓ "S075" übertragen auf die seelische Empfindung
2gräßlich, furchtbar‹, in der klassischen Ballade: da wehen die Lüftchen so schaurig (G.A.A032 Gottfried August Bürger, Des Pfarrers Tochter), O schaurig ist's, übers Moor zu gehn (A042 Annette von Droste-Hülshoff, Der Knabe im Moor); heute auch umgangssprachlich abgeblaßt ⇓ "S229"sehr, groß‹: schauriger Lärm, ironisch im Sinne von ›kitschig‹ in der Verbindung schaurig schön.
2"S087" Mask. / Neutr. ahd. scur zu ↑ "Scheuer"; landschaftlich ›Schutz gegen Unwetter‹, dann auch ›Schutzdach, Schuppen, Scheune‹: er bauet sein Haus, wie ein Hüter einen Schauer machet (Luther).
3"S087" < ⇓ "S151" niederländ. sjouwer, zu fries. sjouwe ›Lasten schleppen, hart arbeiten‹ ⇓ "S196" seemannssprachlich kurz für Schauerleute, SchauermannGehilfe, Handlanger im Hafen‹: Schiffgesellen, die mann die Schauer heiset (1662; L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache).
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