Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Scham
ahd. scama, mhd. scham(e), altgermanisch (engl. shame); verwandt mit "Schande"; ⇓ "S075"Empfindung beim Verstoß gegen den Anstand‹, daz wir von schame rot / vor dir… sten(13. Jahrhundert; L059 DWb), ein kindtliche Scham (L200 Josua Maaler) ›Verlegenheit‹, ich müszte gleich vor scham / versinken(Rückert; L059 DWb), veraltet übertragen ›Schamröte‹: Und ihre Wangen färbt die zücht'ge Scham (A222 Friedrich Schiller, Jungfrau 3,4); seit dem Mittelhochdeutschen auch ⇓ "S064" euphemistisch ›die äußeren Geschlechtsteile‹; im Sinne von ›unangebrachte Rücksicht‹: falsche Scham (L033 Joachim Heinrich Campe), ohne Schamfrei, ungehemmt‹.
schamhaft ahd. scamahaft, mhd. schamehaft; die schamhaften fräuleins(Musäus; L059 DWb), ⇓ "S075" auch ›schüchtern‹, schamhaft erröthend (Zachariä; L059 DWb), das erste schamhafte Bekenntnis (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Sara Sampson 2,3); Gegensatz
schamlos ahd. scamalos, mhd. scham(e)los; schamlose lüge (Minnesinger; L059 DWb), ⇓ "S075" besonders im Sinne von ›unsittlich‹: schamloser wollüstling, schamlose dirne (L059 DWb);
schämen ahd. scamen, scamon, mhd. schamen, schemen, schämen, reflexiv; auf die Körperblöße bezogen Vnd sie waren beide nacket / … / vnd schemeten sich nicht (A180 Martin Luther, 1.Mose 2,25), präpositional sich vor einem schämen (L308 Kaspar Stieler); allgemeiner, wenn ein Gefühl von Demütigung und Reue empfunden wird sich vor sich selbst schämen (L003 Johann Christoph Adelung 1777), häufig in der direkten Rede: sprach… , ich solt mich schemen(Fastnachtspiel; L059 DWb), in der rhetorischen Frage schämet ihr euch denn nicht für dem könige? (Gryphius; L059 DWb), scheltend vor allem zu unartigen Kindern: pfuy, schame dich! (L169 Matthias Kramer); abgeblaßter im Sinne von ›scheuen, gehemmt sein‹, ich schame michs zusagen (L308 Kaspar Stieler), negiert häufig in der Aufforderung: Scheme dich nicht deinen Freund zuschützen (A180 Martin Luther, Sirach 22,31), mit dem Genitiv ›jmd. / etwas ist jmdm. peinlich‹: Ich schame mich deiner (L308 Kaspar Stieler); dazu ↑ "beschämen";
verschämt zu mhd. verschemen, verschamenin Scham versinken‹, bis ins Frühneuhochdeutsche ›schamlos‹; seit dem 18. Jahrhundert adjektivisch in heutiger Bedeutung ›schamhaft‹: der verschämte pastor Lange(Lessing; L059 DWb), dazu ↑ "unverschämt";
schämig ahd. scamig, mhd. schamec, schemec; seit dem 18. Jahrhundert allgemeinsprachlich veraltet (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), vor allem ⇓ "S212" süddeutsch erhalten, häufig präfigiert geschämig (vgl. L279 Johann Andreas Schmeller); ›verschämt‹: eine frau von natur schämiger ist dann ain mann (1510; L059 DWb), auch im Sinne von ›verlegen, zögernd‹: ein schämiger bettler (Voß; L059 DWb).
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