Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
rühren
ahd. (h)ruoren, mhd. rüeren, altgermanisches schwaches Verb (altnord. hrœra, altengl. hreran);1 auf eine mögliche germanische Ausgangsbedeutung ›mischen, bewegen‹ (↑ "Ruhr") läßt sich aus den Spezialisierungen rückschließen,
1.1 auf die Bewegung von Gliedern bezogen: die Arme, Beine, Zunge, kein Glied rühren;
1.2 auf die Bewegung von Musikinstrumenten: die Trommel, Leier, Saiten rühren;
1.3 auf drehende Bewegung einer flüssigen oder breiartigen Masse durch Löffel, Quirl o.dgl.; man sagt nicht bloß den Brei rühren, sondern auch in dem Brei rühren;
1.4 noch unbeschränkt ist der Gebrauch von sich rühren, hierzu das militärische Kommando Rührt euch! (19. Jahrhundert; L059 DWb), in besonderem Sinn ist ›emsig tätig sein‹;
1.5 vereinzelte Nachwirkungen der allgemeinen Bedeutung reichen bis in die neuere Zeit, wenn man nicht vielmehr darin wieder Verallgemeinerung einer der angeführten Spezialisierungen oder Einwirkungen des Reflexivums sehen will: Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,4684);
1.6 intransitiv mit an und Dativ bezeichnet es den Versuch, etwas in Bewegung zu setzen, meist in übertragener Bedeutung: an jenen ersten großen Situationen gar nicht zu rühren, sondern sie möglichst zu schonen (Goethe). Diese Konstruktion berührt sich im Sinn nahe mit der unter (2) genannten (an mit Akkusativ);
2 schon althochdeutsch ist die Bedeutung ›berühren‹ (↑ "berühren"), die aus (1) abgeschwächt sein könnte. Einfaches rühren in diesem Sinn ist frühneuhochdeutsch allgemein üblich, in der neueren Zeit nur noch literarisch: mit der Stirn den Boden rühren (Rückert); sobald ihn der Ostwind rühren wird, wird er verdorren (Luther), die Hand Gottes hat mich gerührt(Luther). Früher eher umgangssprachlich, jetzt eher gehoben: der Schlag hat ihn gerührt, wie vom Donner gerührt. Hierher wohl auch übertragen: eine Sache nicht weiter zu rühren, die sie weder gern verdammen noch billigen wollten (Lessing), Leise, Brackenburg! du fühlst nicht, was du rührst (Goethe). Jünger (zuerst mitteldeutsch) ist intransitives rühren an (vgl. "anrühren"): an den Bau des Todes rührte keine Hand (Schiller); wenn freche Willkür an das Heil'ge rührt (Schiller) (s. oben [1.6]); auch im Sinne von ›anstoßen an, reichen bis, an‹: wenn gleich sein Haupt an die Wolken rühret (Luther);
3 eine eigentümliche intransitive Verwendung in daher/ woher rührt es. Nicht so üblich ist rühren von mit einem Substantiv: daß Gras wächst nach dem Regen, von Liebe solches rührt (S.Dach), daß sie nicht stärker und freier sind, rührt zum großen Teil von der engen Atmosphäre(Freytag). Am frühesten (spätmhd.) erscheint die Verbindung von jmdm. zu Lehen rühren ›in Lehensabhängigkeit von jmdm. stehen‹;
4 für ›innerlich erregen‹ steht rühren schon mittelhochdeutsch: wande in groz angest ruorte (Wolfram von Eschenbach, Willehalm 214,8). Diese Verwendung ist wohl von (2), nicht von (1) ausgegangen. Eine Zwischenstufe bildet rühren von sinnlichen Eindrücken gebraucht: unser Gesicht wie unser Gehör wird auf das widrigste gerührt(Schiller). Gewöhnlich auf die Erregung einer sanften Wehmut oder eines sympathischen Mitgefühls bezogen: die Tränen, zu denen sie den Hof (die abgebrühten Gangster) rührte (A259 Klaus Theweleit, Könige I,607), so auch die Partizipien gerührt und
rührend (rührendes Lustspiel ⇓ "S071" Lessing für comédie larmoyante mit ⇓ "S024" Lehnbedeutung nach franz. touchant wie bei Gellert);
Rührei (1773; L059 DWb);
rührig ›regsam, eifrig‹ (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741);
Rührung ⇓ "S075" (in der heutigen Bedeutung wohl Lessing; vgl. L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt);
rührselig ⇓ "S075" (L059 DWb1893 »adj. neuerer bildung«), als Verdeutschung von "sentimental", gebildet nach ↑ "redselig", ein rührseliges stück (L059 DWb), heute häufig spöttisch ›übertrieben gefühlvoll‹.
1.1 auf die Bewegung von Gliedern bezogen: die Arme, Beine, Zunge, kein Glied rühren;
1.2 auf die Bewegung von Musikinstrumenten: die Trommel, Leier, Saiten rühren;
1.3 auf drehende Bewegung einer flüssigen oder breiartigen Masse durch Löffel, Quirl o.dgl.; man sagt nicht bloß den Brei rühren, sondern auch in dem Brei rühren;
1.4 noch unbeschränkt ist der Gebrauch von sich rühren, hierzu das militärische Kommando Rührt euch! (19. Jahrhundert; L059 DWb), in besonderem Sinn ist ›emsig tätig sein‹;
1.5 vereinzelte Nachwirkungen der allgemeinen Bedeutung reichen bis in die neuere Zeit, wenn man nicht vielmehr darin wieder Verallgemeinerung einer der angeführten Spezialisierungen oder Einwirkungen des Reflexivums sehen will: Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,4684);
1.6 intransitiv mit an und Dativ bezeichnet es den Versuch, etwas in Bewegung zu setzen, meist in übertragener Bedeutung: an jenen ersten großen Situationen gar nicht zu rühren, sondern sie möglichst zu schonen (Goethe). Diese Konstruktion berührt sich im Sinn nahe mit der unter (2) genannten (an mit Akkusativ);
2 schon althochdeutsch ist die Bedeutung ›berühren‹ (↑ "berühren"), die aus (1) abgeschwächt sein könnte. Einfaches rühren in diesem Sinn ist frühneuhochdeutsch allgemein üblich, in der neueren Zeit nur noch literarisch: mit der Stirn den Boden rühren (Rückert); sobald ihn der Ostwind rühren wird, wird er verdorren (Luther), die Hand Gottes hat mich gerührt(Luther). Früher eher umgangssprachlich, jetzt eher gehoben: der Schlag hat ihn gerührt, wie vom Donner gerührt. Hierher wohl auch übertragen: eine Sache nicht weiter zu rühren, die sie weder gern verdammen noch billigen wollten (Lessing), Leise, Brackenburg! du fühlst nicht, was du rührst (Goethe). Jünger (zuerst mitteldeutsch) ist intransitives rühren an (vgl. "anrühren"): an den Bau des Todes rührte keine Hand (Schiller); wenn freche Willkür an das Heil'ge rührt (Schiller) (s. oben [1.6]); auch im Sinne von ›anstoßen an, reichen bis, an‹: wenn gleich sein Haupt an die Wolken rühret (Luther);
3 eine eigentümliche intransitive Verwendung in daher/ woher rührt es. Nicht so üblich ist rühren von mit einem Substantiv: daß Gras wächst nach dem Regen, von Liebe solches rührt (S.Dach), daß sie nicht stärker und freier sind, rührt zum großen Teil von der engen Atmosphäre(Freytag). Am frühesten (spätmhd.) erscheint die Verbindung von jmdm. zu Lehen rühren ›in Lehensabhängigkeit von jmdm. stehen‹;
4 für ›innerlich erregen‹ steht rühren schon mittelhochdeutsch: wande in groz angest ruorte (Wolfram von Eschenbach, Willehalm 214,8). Diese Verwendung ist wohl von (2), nicht von (1) ausgegangen. Eine Zwischenstufe bildet rühren von sinnlichen Eindrücken gebraucht: unser Gesicht wie unser Gehör wird auf das widrigste gerührt(Schiller). Gewöhnlich auf die Erregung einer sanften Wehmut oder eines sympathischen Mitgefühls bezogen: die Tränen, zu denen sie den Hof (die abgebrühten Gangster) rührte (A259 Klaus Theweleit, Könige I,607), so auch die Partizipien gerührt und
rührend (rührendes Lustspiel ⇓ "S071" Lessing für comédie larmoyante mit ⇓ "S024" Lehnbedeutung nach franz. touchant wie bei Gellert);
Rührei (1773; L059 DWb);
rührig ›regsam, eifrig‹ (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741);
Rührung ⇓ "S075" (in der heutigen Bedeutung wohl Lessing; vgl. L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt);
rührselig ⇓ "S075" (L059 DWb1893 »adj. neuerer bildung«), als Verdeutschung von "sentimental", gebildet nach ↑ "redselig", ein rührseliges stück (L059 DWb), heute häufig spöttisch ›übertrieben gefühlvoll‹.