Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Rüge
mhd. rüege, altgermanisch (got. wrohs, altnord. rog); germanische Ausgangsbedeutung wohl1Anzeige eines Vergehens vor Gericht‹, so noch bei Möser; zur Rüge bringen, schreiben; wieder belebt von A.W.Schlegel: anlangend eure häm'schen falschen Rügen, beweist sie, und ich stehe dem Gesetz; weiterhin auch
2gerichtliche Bestrafung‹; hieraus ist wohl die heutige Bedeutung
3Tadel, Verweis‹ (Goethe; L059 DWb) hervorgegangen: Man würde dir eine Rüge aussprechen, das wäre alles (Ch.A117 Christoph Hein, Tangospieler 40); entsprechend
rügen ahd. ruogen, altgermanisch (got. wrohjan, altnord. røgja, altengl. wrœgan); anfangs
1beim Priester anzeigen‹, noch bei A180 Martin Luther: Joseph aber jr Man war from / vnd wolt sie nicht rügen (Matthäus 1,19); auf
2 gerichtliche Untersuchung bezieht es sich A180 Martin Luther, 4.Mose 5,15: Denn es ist ein Eiueropfer und Rügeopffer / das missethat rüget; L003 Johann Christoph Adelung (1777) und L033 Joachim Heinrich Campe stellen noch vereinzelten Gebrauch fest und noch L264 Daniel Sanders bucht ihn kommentarlos; die heutige Bedeutung
3Unwillen, Mißfallen äußern‹ wird teils aus ›bei Gericht anzeigen‹, teils aus ›strafen‹ hervorgegangen sein; im Sinne von ↑ "schimpfen", ohne dessen emotionalen Gehalt, wie "tadeln", mhd. ich rüege ir (L059 DWb), neuhochdeutsch dann voll entfaltet Nicht rüge die Gaben der goldenen Aphrodite (Voß; L264 Daniel Sanders), Ich will es nicht rügen (L003 Johann Christoph Adelung 1777); auf Personen bezogen im Gegensatz zu "kritisieren" stets auf ein hierarchisches Verhältnis der Beteiligten gerichtet, daher auch ›zurechtweisen‹ und so prägnanter als tadeln: ehliche weiber unschüldiglich zu rügen (Luther; L059 DWb), unarten wird ein Vater seinen Kindern nicht bloß tadeln, sondern rügen (L338 Friedrich Karl Ludwig Weigand 3,762).
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