Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Rolle
um 1400 < ⇓ "S070" franz. rôle (aus lat. rotula, rotulus, vgl. 1"Rodel"[1]). Im Anschluß an das Mittellateinische zunächst1Urkunde auf einem gerollten Pergamentblatt‹, daher noch heute
1.1amtliches Verzeichnis‹: Stammrolle, Bürgerrolle, Steuerrolle usw.; danach
1.2"S040"die auf ein gerolltes Blatt ausgeschriebene Partie eines Schauspielers‹, übertragen ›alles, was ein Schauspieler in einem Stück zu leisten hat‹ (17. Jahrhundert; L164 Friedrich Kluge), häufig verallgemeinert für das, was jmd. im Leben leistet: eine große, klägliche, keine Rolle spielen, aus der Rolle fallen, auch mit nichtpersönlichem Subjekt: das spielt keine Rolle, es ist wirklich nicht nötig, darüber zu sprechen (R.A289 Ror Wolf, Männer 90); seit R.Linton, The Study of Man, 1936 Zentralbegriff der Soziologie
1.3Position des Einzelnen in der Gesellschaft‹, soziale Rolle, Rollenerwartung; daneben
2etwas Zusammengerolltes‹ (frühnhd.): Rolle Garn, Tabak, Geld usw., als Frisurbezeichnung (1700; L059 DWb), Außenrolle, Innenrolle, 1936 Olympiarolle; der klassisch lateinischen Verwendung näher steht
3Walze, Kugel u.ä., mittels deren etwas bewegt wird‹ (vgl. Rollwagen), dann auch ›größere Vorrichtungen, an denen sich Walzen drehen‹; landschaftlich ›Gerät zum Glätten der Wäsche‹, dafür ↑ 1"Mangel"; wohl erst neuer
4"S205" »Turnübung ("Purzelbaum")« (L201 Lutz Mackensen), Rolle rückwärts; ↑ "purzeln".
rollen (um 1300);
1 intransitiv eine Kugel, ein Stein, eine Träne rollt; der Wagen rollt auf den Rädern; dazu einrollen als der Zug… im Hauptbahnhof Danzig… einrollte (A083 Günter Grass, Blechtrommel 28); auch von einem Geräusch, das klingt, wie durch Rollen erzeugt: der Donner rollt;
2 transitiv,
2.1zu einer Rolle wickeln‹;
2.2in rollende Bewegung setzen‹: wo die schlängelnde Savern' durch grüne Auen rollt den Silberstrom (Schiller); besonders üblich die Augen rollen; technisch Güter rollendurch den Rollwagen befördern‹ (dazu seit dem 2. Weltkrieg Rollbahn);
2.3(Wäsche) mit der Rolle glätten‹ (landschaftlich); von Tieren
3brünstig sein‹ (17./ 18. Jahrhundert), dazu
rolligbrünstig‹ (L144 Johann Karl Gottfried Jacobsson 1794);
Roller
1männlicher Kanarienvogel‹ (nach der Art des Gesanges), Harzer Roller (19. Jahrhundert; L059 DWb);
2"S149" um 1925 als Kinderspielzeug, auch Tretroller, um 1950 Motorroller;
Rollgerste"S212" süddeutsch für norddt. ↑ "Graupe";
Rollmopsgerollter, marinierter Hering‹, um 1880 Berlin, gebucht L265 Daniel Sanders Erg. 1885.
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