Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Rohr
ahd. / mhd. ror, gemeingermanisch (got. raus, altnord. reyr), verwandt ↑ "Reuse". Das Wort wird (wie ↑ "Ried") teils kollektiv gebraucht (wer im Rohr sitzt, hat gut Pfeifen schneiden), teils für den einzelnen Rohrstengel als Gewächs oder abgeschnitten und für den menschlichen Gebrauch hergerichtet: spanisches Rohr (als Spazierstock usw.), Rohrstock. Neuhochdeutsch auf rohrförmige hohle Geräte übertragen, zunächst solche, zu denen ursprünglich wirklich Rohr verwendet wurde: Blasrohr, Pfeifenrohr, von Ton oder Metall, Rohr an einer Schußwaffe, Hörrohr, Sehrohr, ↑ "Sprachrohr" usw., Ofenrohr (besonders süddeutsch);Rohrdommel eine Reiherart, ahd. roredumbil, mhd. rortumel, daneben aber auch andere Formen (z. B. mit ahd. / mhd. horo-Schlamm‹), so daß sich die ursprüngliche Gestalt des Vogelnamens nicht sicher bestimmen läßt. Das Grundwort ahmt wohl den Paarungsruf nach (L314 Hugo Suolahti, Vogelnamen 385);
Rohrspatz (1462: rorspetzel [Diminutiv]; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); umgangssprachlich
schimpfen wie ein Rohrspatz 18. Jahrhundert, schimpfen wie ein Rohrsperling (L004 Johann Christoph Adelung);
Röhre ahd. ror(r)ia, mhd. rœre, war mit Rohr ursprünglich wohl synonym, jetzt nur übertragen für etwas Rohrförmiges, Zusammensetzungen Luftröhre, Speiseröhre, Harnröhre, Ofenröhre u. a.; Ofenröhre erhalten als Bezeichnung eines Hohlraums, der nicht mehr die Gestalt einer Röhre hat, ebenso Bratröhre, Bildröhre (beim Fernseher). Durch Bildröhre hat
in die Röhre guckenleer ausgehen, Pech haben‹ die ⇓ "S147" neue Bedeutung ›fernsehen‹ erlangt (nach 1950; L180 Heinz Küpper, Alltagssprache);
Röhricht (roreicht 15. Jahrhundert; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), auch noch Röhrich, Röhrig (mhd. rœrach, ahd. rorahi) ›mit Rohr bewachsenes Land‹, gebildet wie "Dickicht" (↑ "dick"): Aus grauem Nebel rinnt / der Schnee / ins brüchige Röhricht / des Tümpels (A136 Peter Huchel, Achtwegewinkel).
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